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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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tatsächlich in Stratton begegnet. Wer war dann jener Reiter in ihrer Begleitung gewesen? Quinn stellte sich vor, wie der Mann mit ihr zur Schleuse von Lennox Flow ritt: Bis Tagesanbruch, wenn die Arbeit auf den Plantagen wieder begann, waren es nur wenige Stunden. Aber wenn er die Abkürzung durch die Sümpfe nahm, blieb ihm noch genug Zeit … Wusste Reed eigentlich, was er ihm da erzählt hatte? So, wie er ihm die Abkürzung beschrieben hatte, schien sieihm bestens vertraut, er musste sie oft geritten sein. Auch in der Mordnacht?
    Nein, so etwas durfte er nicht einmal denken! Selbst wenn Javis nicht phantasiert und er Reed mit dem Mädchen tatsächlich gesehen hatte, bedeutete das lediglich, dass Reed mit ihr die Nacht verbracht hatte; es wäre nicht das erste Mal gewesen. Prudence hatte ihm von Reeds Besuchen im Mad Stallion erzählt: »Dein Captain Reed, das ist ein piekfeiner Kerl, trägt nur Samt und Seide. Und Manieren hat der! Trotzdem merkst du gleich, was mit ihm los ist. Müsste er sonst dafür bezahlen? Er kommt erst spät, wenn wir geschlossen haben. Den andern Mädchen ist er nicht geheuer, also geh ich meistens mit ihm rauf. Ob er pervers ist? Na, ich muss ihn fesseln, sogar mit ’ner Schlinge um den Hals, darauf besteht er. Ansonsten stellt er keine Ansprüche, ich soll’s ihm einfach besorgen. Nur die Fesseln darf ich niemals lösen. Und daran halt ich mich. Du glaubst ja nicht, was er mir alles verspricht, nur damit ich ihn losbinde! Wenn er fertig ist, verschwinde ich. Sein schwarzer Diener wartet dann schon vor der Zimmertür. Na ja, vom Geld her lohnt sich’s.«
    Als Reed seine Bekanntschaft mit Prudence abgestritten hatte, war Quinn erschrocken, fast fühlte er sich schuldig, die Wahrheit zu kennen. Dabei war es nur verständlich, dass Reed leugnete, die Ermordete gekannt zu haben. Schließlich wusste man im Mad Stallion um seine Vorliebe für Würgfesseln, und die Tote war auf dieselbe Art gefesselt gewesen, als man sie fand … Aber davon wollte Quinn lieber nichts wissen. Er wollte auch keinen verhängnisvollen Fragen nachgehen, wohin sollte das führen? Er verehrte Reed und vertraute ihm wie keinem anderen. Alles, was er wusste, hatte er von ihm gelernt, in allem versuchte er, seinem Beispiel nachzueifern. Wie käme er dazu, so einen Mann zu verdächtigen? Wegen intimer Extravaganzen? Das ging ihn doch gar nichts an.
    Er schnalzte ein-, zweimal mit der Zunge, um die Pferde anzutreiben und auch, um sich selbst aus dem Grübeln zureißen. Doch die unguten Gedanken ließen sich nicht so leicht abschütteln. Und unvermutet kam ihm beim Anblick der dunstigen Marschen ein makaberer alter Kehrvers in den Sinn, begleitet vom Klapp-Klapp des Hufschlags:

    Der Erlkönig reitet durchs düstere Moor,
    Sein Stern leitet dich ins Verderben.
    Was immer er dir des Nachts verspricht,
    Eh der Tag anbricht, wirst du sterben .
    Arme Prudence, dachte Quinn, sie hätte es wissen müssen, sie kannte ihn doch! Aber sie schlug die Warnung in den Wind und ritt mit dem Erlkönig. Hatte sie die Zeichen nicht erkannt? Sein Stern leitet dich ins Verderben – Lone Star, der Stern auf der Stirn von Reeds wahnsinnigem Pferd!
    Trotz der brütenden Hitze in den feuchtheißen Marschen überlief ihn ein Schauer. Was immer er dir des Nachts verspricht … Prudences Worte über Reed fielen ihm wieder ein: »Du glaubst ja nicht, was er mir alles verspricht …« Oh Prudence, er hatte dir nicht zu viel versprochen.
    Eh der Tag anbricht, wirst du sterben.
    Der Lastwagen holperte durch die Coming Street. Quinn bog nach dem Universitätscampus in die Jules Row und fuhr an Reihen neuer, zweckmäßiger Wohnhäuser vorbei, die für die Angestellten des Colleges gebaut worden waren. Am Ende der Straße hielt er vor einem älteren Backsteingebäude, stieg vom Kutschbock und ging auf das Haus zu. Zwei junge Männer lungerten auf einer Bank im Vorgarten, es waren Studenten, die hier Logis genommen hatten. Die bieden musterten abschätzig Quinns ländliche Kleidung.
    »Dienstboteneingang auf der Rückseite«, sagte der eine.
    Quinn tippte zum Gruß an seine Hutkrempe. »Ich muss den Doktor sprechen.«
    »Was du nicht sagst!«, spottete der andere, sein Freund lachte dazu.
    Jetzt kam Ingham selbst an die Haustür. »Quinn, da sind Sie ja endlich!«, rief er. »Ich habe Sie schon erwartet. Kommen Sie herein.«
    »Noch einen schönen Tag, die Herren«, sagte Quinn zu den verblüfften Studenten und folgte Ingham ins Haus.
    Die

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