Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
Vom Netzwerk:
Substanz. Unten angekommen, gewährte ihnen der Torwächter nach dem obligaten Handschlag Einlass in ein Inferno. Die Luft war heiß und gesättigt von menschlichen Ausdünstungen, vom Geruch nach Petroleum und faulem Bilgenwasser. Zwischen zwei niedrigen Frachtbereichen vorn und achtern lag mittschiffs das Quartier der Indenturos . Die Decksbalken waren hier an die siebeneinhalb Fuß hoch, der Raum dröhnte vom Gestampf und Gejohle einer kompakten Menschenmenge. Kerzenstümpfe baumelten an Drähten vonden Balken und warfen ihr unstetes Licht ins Halbdunkel. Nur ein Kreis in der Mitte des langgestreckten Schiffsrumpfs war von zwei Petroleumlampen leidlich beleuchtet. Dorthin, zum Zentrum des Geschehens, drängten die Männer.
    Greene machte sich gleich auf die Suche nach dem Wundarzt. William, der beim Eingang auf ihn warten wollte, erfasste die Situation, die sich darbot, mit einem Blick: Das hier war ein Fight Club! Während seiner Stationierung in New York hatte er schon Kampfarenen dieser Art kennengelernt; an Bord eines britischen Handelsschiffs hätte er dergleichen nicht erwartet.
    Die Indenturos waren unschwer an ihrer bäuerlichen Tracht zu erkennen. In ihren Gesichtern glaubte William denselben Ausdruck von Entwurzelung zu entdecken, der ihm bei den zahllosen Habenichtsen aufgefallen war, die nach der Landflucht in England ein Hungerleben auf Londons Straßen fristeten.
    Die Matrosen der Crusader waren in der Überzahl und fühlten sich als geheuerte Seeleute per se den armen Indenturos überlegen. William unterschied einzelne Gruppen, die den Namen ihres Favoriten hymnisch skandierten oder Zoten über den Rivalen rissen. Manche Männer verhandelten Wetten, andere reichten Rumkrüge herum. Plötzlich wurden die Anfeuerungslieder lauter, Kampfrufe schallten durchs Deck.
    William ließ sich von der Stimmung mitreißen und bahnte sich einen Weg durch die Menge, um das Geschehen aus nächster Nähe zu verfolgen. Der Kampf hatte gerade begonnen, in dem freigehaltenen Kreis schlugen sich zwei Männer. Für die Matrosen war ein drahtiger, magerer Mann im Ring; er trug eine Binde über dem linken Auge und kämpfte mit stoffumwickelten Fäusten. Der Kämpfer der Indenturos, ein großer, bäurischer Mann, wirkte wenig angriffslustig und wich den Schlägen des Einäugigen schwerfällig aus. Die Indenturos verlangten lautstark, er solle mehr Engagement zeigen, während die Schiffsbesatzung über den trägen Landmann Witze riss.
    Der Einäugige geriet zunehmend in Rage über den lahmenGegner, der ihm einen wenig ehrenvollen Kampf bescherte. Er beschimpfte den Spanier und versuchte, ihn durch unfaire Ausfälle zu reizen; darüber wurde er unvorsichtig. Als er nach einem wirkungslosen Haken zu langsam zurücktrat, holte der Bauer etwas weiter aus und schlug dem Matrosen mit harter Faust gegen die Schläfe. Der Einäugige ging sofort zu Boden und wurde ausgezählt. Der Kampf war so plötzlich zu Ende, dass kaum Begeisterung aufkam. Das Stampfen verebbte, Wetten wurden ausgezahlt. Dem Sieger klopfte man auf die Schulter, den Matrosen holte ein Guss Salzwasser und ein Tritt seines Buchmachers in die Gegenwart zurück.
    In der Kampfpause gingen die Männer um William auf Abstand. Sie taten so, als nähmen sie keine Notiz von ihm, aber das stimmte nicht. Das Leben unter Soldaten hatte ihn gelehrt, dass Mannschaften von sozialen Unterschieden verunsichert wurden. Als Ranghöherer hatte er Begegnungen mit den Gemeinen auf das erforderliche Maß beschränkt, um sie nicht in Verlegenheit zu bringen. Aus demselben Grund erwog er jetzt, zu gehen. Greene würde schon eine Möglichkeit finden, ihm den Wundarzt zu präsentieren. Doch kaum hatte er sich entschlossen, da strebte die Menge wieder zur Mitte. Der Ring war nicht mehr leer.
    Durch eine Bretterwand vom Frachtraum abgetrennt, gab es achtern einen Verschlag. Der Raum diente als Kerker für Missetäter, die wegen der Schwere ihrer Verfehlung nicht nur in der üblichen Weise ausgepeitscht, sondern danach zur weiteren Disziplinierung eingesperrt wurden. In dem Verschlag blakte ein Talglicht in einer Wandhalterung. Der Boden war sauber und trocken, trotzdem hielt sich ein unguter Geruch nach Schimmel, Urin und etwas anderem, man wollte nicht wirklich wissen, nach was. Es war ein entmutigender Geruch, die Essenz menschlicher Angst.
    Der Caudillo der Indenturos beanspruchte den Verschlag alsKabine, um seinen besten Kämpfer vom Lärm und der Menge fernzuhalten und die Spannung der

Weitere Kostenlose Bücher