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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Zeit«, murrte er und rieb seine wundgescheuerten Knöchel. Dann bemerkte er das halbnackte Mädchen, das verdrossen neben Thompsonkauerte. »He, rica , ich hab euch von da drinnen gehört.« Er hockte sich zu ihr, zog sie an sich und sagte: »Ich könnte weitermachen, wo er aufgehört hat.«
    » Dío , Miguel!«, fuhr Santáneo dazwischen. »Musst du alles ficken, was zwei Beine hat? Los, lass uns zusehen, dass wir hier wegkommen!«
    »Er hat recht, rica , ich muss gehen«, sagte Roscoe und küsste sie flüchtig. »Und danke, wegen Thompson!« Dann folgte er Santáneo nach oben.
    Niemand bemerkte sie, als sie heraufkamen. Ein Matrose hing mittschiffs über der Reling und gab von sich, was er in der letzten Schenke zu viel getrunken hatte. Ein anderer lehnte müde am Steuerrad und sah über die mondbeschienene Lagune aufs offene Meer. Santáneo und Roscoe liefen lautlos zum Hauptdeck, wo backbord eine Geschützpforte als Ausstieg diente. Unten dümpelte ein Ruderboot am Halteseil.
    »Mein Kleidersack?«
    »Ist schon im Boot, unter der Ruderbank verstaut.«
    »Danke, Santo.«
    »War das Mindeste, was ich für dich tun konnte. Jetzt lass uns abhauen!«
    Santáneo griff nach der Strickleiter. Doch Roscoe blieb, wo er war. In seinem schleppenden Tonfall sagte er: »Na ja, nach allem war es das Mindeste.«
    Santáneo drehte sich zu ihm herum. »Stimmt irgendwas nicht?«
    Roscoe sah ihn unverwandt an. »Santo, Santo, warum hast du mir nicht geholfen? Du hast mich einfach wieder da rausgeschickt.«
    Santáneo ließ die Strickleiter los. Er trat auf Roscoe zu, gab ihm einen freundschaftlichen Klaps. »Was ist, wieso fängst du jetzt davon an?«
    »Du hast gesagt, du wärst mein Freund. Aber du hast keinen Finger gerührt! Es war dir egal, was die mit mir vorhatten.«
    »Hör mal, Miguel, das war eine Scheißsituation! Denk an die Summe, die auf dich gesetzt war. Wir konnten nicht zurück, Joao und ich.«
    »Aber sie hätten mich getötet, Santo!«
    »Ach, Miguel.«
    »Was?«
    »Kleiner, es tut mir leid, wirklich!«
    »Ja, Santo, mir auch.«
    Er war immer noch sehr schnell, Santáneo sah den Schlag nicht kommen. Als Roscoes Handkante sein Brustbein traf, blieb dem athletischen Mann die Luft weg, und er ging in die Knie. Ohne Hast legte Roscoe ihm einen Arm um den Hals und schloss die Armbeuge, dann fasste er ihn mit der freien Hand fest ums Kinn und riss ihm den Kopf ruckartig nach rechts. Mit einem deutlichen Knacken brach Santáneos Genick. Roscoe ließ ihn fallen und schritt über den Toten hinweg, ergriff die Strickleiter und schwang sich über die Reling.

XI. Charles Town! Charles Town!

42.
    Die aufgefaltete »Royal Gazette« vor sich auf dem Schreibtisch, blickte Algernon Reed durch die offenen Fenstertüren in Richtung der Rasenterrassen und des Ashley River. Ein junger Schwarzer, der an einem Stehpult mit dem Abfassen von Geschäftsbriefen beschäftigt war, sah von einem begonnenen Schreiben auf und beobachtete seinen Herrn, der schon eine ganze Weile reglos aus dem Fenster blickte.
    »Mr. Reed?«, sagte er nach einer weiteren Minute. »Sir?«
    Er bekam keine Antwort.
    Leise legte er die Schreibfeder weg, ging, immer mit Blick auf Reed, leise aus dem Zimmer und schloss behutsam die Tür. Dann rannte er aus dem Haus und die Auffahrt entlang zu den Stallungen. Atemlos lief er durchs Haupttor und blickte suchend an den Boxenreihen entlang.
    »Wo ist Mr. Quinn?«, rief er den Stallburschen zu, die die vorderen Abteile ausmisteten.
    Weiter hinten trat Gabriel Quinn aus einer Box auf die Stallgasse. »Was gibt’s, Marcus?«
    »Mr. Quinn, Sie müssen kommen, schnell!«
    Quinn lief zu ihm nach vorn. »Ist was passiert?«
    »Ich weiß nicht, aber er spricht nicht!«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Im Arbeitszimmer.«
    »Danke, mein Junge.« Quinn war schon durchs Tor hinaus und sprintete den Rasenhang hinauf zum Herrenhaus.Bei seinem ersten Besuch auf Hollow Park war ihm sofort klar gewesen, dass Reeds Angebot, ihn als Bereiter einzustellen, jeder Notwendigkeit entbehrte. Stallungen und Fuhrpark waren in bewährten und guten Händen, es wurde Quinn freigestellt, sich im Marstall eine Betätigung zu wählen, die ihm zusagte. Tatsächlich schien Reed von ihm nicht mehr zu erwarten, als dass er ihn außer Haus, auf seinen Ausritten oder bei Fahrten in die Stadt begleitete.
    Reed war sich der fortschreitenden Veränderung seines Wesens bewusst und auch, dass er in zunehmendem Maße auf den Beistand eines Vertrauten angewiesen war,

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