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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Läuten öffnete eine füllige Frau mittleren Alters in Schürze und weißer Haube,die ihre teigverklebten Hände in sicherem Abstand von sich hielt. »Tut mir leid, Sir, der Doktor ist auf Hausbesuch«, sagte sie. »Sie müssen später wiederkommen.«
    »Würden Sie mir verraten, wann später sein wird, Mrs. Ingham?«
    »Oh, Sir! Nicht doch! Ich bin die Haushälterin, Mrs. Randell.« Sie errötete geschmeichelt. »Leider kann ich nicht sagen, wie lange die Visiten dauern. Der Doktor nimmt sich viel Zeit für seine Patienten.«
    »Das scheint mir eine gute Empfehlung, Mrs. Randell. Nun möchte ich nicht aufdringlich erscheinen, aber könnten Sie sich vorstellen, dass ich im Hause auf Dr. Ingham warten dürfte?«
    Zu seiner Überraschung nahm Mrs. Randell ihn kurzerhand mit in ihre Küche und versorgte ihn mit Tee und frischen Butterkeksen, ehe sie weiter am Herd hantierte. Nach einer halben Stunde kehrte Ingham zurück. Er hatte Stimmen aus dem Gartengeschoss vernommen und kam nachsehen, wer zu Besuch war.
    »Mr. Marshall wollte auf Sie warten, Doktor, und da ich gerade gebacken hatte …«
    »Danke, Mrs. Randell. Sir, bitte kommen Sie in meine Ordination.«
    Der Arzt notierte auf einem neuen Blatt seiner Kartei das Datum und den Namen seines Besuchers. »Also, Mr. Marshall, wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Meine Kriegsverletzungen machen mir zu schaffen. Die Wunden sind seit letztem Winter verheilt, trotzdem habe ich weiterhin Beschwerden.«
    »Anhaltende Schmerzen können die Folge einer Fehlbehandlung sein«, sagte Ingham. »In den Lazaretten kommt die Wundversorgung leider oft zu kurz. Ich möchte mir Ihre Verletzungen ansehen, dann kann ich Ihnen mehr sagen.«
    Während er den Anlass der Untersuchung notierte, legteWilliam Rock, Weste und Hemd ab. Dann stand Ingham auf, ging um ihn herum und betrachtete schweigend die teils rötlichen, teils verblassten Narben, die sich als gleichmäßiges feines Muster über Brustkorb und Flanken hinzogen. Er ließ William die Arme anheben und fand an seinen Seiten dieselben Wundmale.
    Er hatte die Art von Verletzungen sofort wiedererkannt, die von flach unter der Haut geführten Messerschnitten herrührten und in der Häufung zu Verbluten führten. Drei Menschen waren auf solche Weise getötet worden, ihre Leichen wiesen die gleichen symmetrischen Schnittverletzungen auf wie dieser Mann; es war mehr als nur wahrscheinlich, dass er wie die drei Toten demselben Täter zum Opfer gefallen war. Ingham durfte ihn also auf keinen Fall gehen lassen, bevor er nicht von ihm erfahren hatte, wer ihn so zugerichtet hatte. »Ich habe viele Kriegsverletzungen gesehen, Mr. Marshall, aber das hier? Sie hätten verbluten müssen.«
    »Ich fand Zuflucht bei Leuten, die mir halfen.«
    »Offensichtlich wurden Sie gut gepflegt; glatte Wundränder, die Schnitte sind ohne Stiche verheilt. Wären Sie im Feldlazarett gelandet, sähe das heute anders aus.«
    »Wäre ich in einem Ihrer Lazarette gelandet, hätte man sich kaum die Mühe gemacht.«
    Ingham sah überrascht auf, dieser Marshall war britischer Soldat! »Wir haben Gefangene korrekt behandelt«, wies er den Vorwurf zurück. Nach kurzem Bedenken setzte er hinzu: »Demnach ist Marshall nicht Ihr richtiger Name?«
    »Nein, aber belassen wir es dabei.«
    Ingham fasste ihn nun genauer ins Auge. Das Übel trug mancherorts einen prominenten Namen, und den Mann hier hatte vielleicht ein nicht ganz unverdientes Strafgericht ereilt. Doch revanchistische Regungen waren Ingham fremd. Mochte des Engländers wahre Identität in Frieden ruhen oder auch nicht, Marshall war als Patient zu ihm gekommen, darum beschränkteer sich aufs Medizinische. »Wie ich schon sagte, Sir, Ihre Verletzungen sind besser verheilt, als Sie es üblicherweise hätten erwarten können. Eine leichte Besserung könnte noch eintreten, aber stellen Sie sich darauf ein, mit Beeinträchtigungen leben zu müssen.« Mit einem Blick auf Williams hagere Gestalt meinte er: »Sie sollten sich ausruhen, bis Sie von Grund auf erholt sind. Sie machen mir nicht den Eindruck, als hätten Sie seit Kriegsende ein beschauliches Leben geführt.«
    Er bat ihn, sich ans Fenster ins helle Licht zu stellen, prüfte genau den Verlauf des auffälligen Narbengeflechts und verglich es im Geiste mit den Beschreibungen seiner Obduktionsberichte. Schließlich sagte er: »Ich möchte mit Ihnen über etwas sprechen, Mr. Marshall, das über Ihre persönliche Situation hinaus sehr wichtig ist.«
    »Für wen außer für

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