Die Plantage: Roman (German Edition)
aus dem Gelass. Während er noch für den bequemen Sitz seiner Hosen sorgte, trat William ihm in den Weg. »Sieh an, Mr. Crossbow!« Er klopfte ihm unsanft mit dem Stockknauf ans Brustbein.
»Sie schon wieder!«, knurrte Crossbow und stieß fluchend den Stock zur Seite. »Was wollen Sie? Wir haben nichts miteinander zu schaffen!«
»Wohl wahr! Aber Sie werden einen Botendienst für mich erledigen, Crossbow, also hören Sie genau zu.«
Crossbow wollte ihm wütend erwidern, doch der erhobene Stock in Williams Hand erlaubte keine Diskussion.
»Falls Sie Mr. Hocksley begegnen sollten«, fuhr er fort, »und es käme zufällig die Rede darauf, dass ich wieder in der Stadt bin, dann richten Sie ihm Folgendes aus: Ich weiß, wer die Tote in das Stauwehr Ihrer Plantage geworfen hat. Sobald ich dem Richter darlege, wer den Mord in Wirklichkeit begangen hat, wird die Anklage gegen die Schwarzen und ihre Voodoo-Priesterin hinfällig. Mr. Hocksley wird sich dann bei Monsieur Raoul für die Unannehmlichkeiten, die er den Leuten seines Clans bereitete, entschuldigen müssen. Ich hoffe für Sie, Crossbow, dass Sie klug genug waren, sich aus der Sache herauszuhalten. Diese Mougadous sollen äußerst nachtragend sein.«
Crossbow versuchte einen Einwand, aber William war noch nicht fertig. »Übrigens wird der Verwalter von Legacy, Mr. Robert, heute aus der Haft entlassen. Der Vorwurf des Landfriedensbruchs wird wohl fallengelassen, nachdem man Mr. Robert schwerlich unterstellen kann, er habe die Sklaven gegen Mrs. Lorimers Familienangehörige aufwiegeln wollen. Aber wer weiß, vielleicht möchte Mr. Hocksley mit Mr. Robert um einen toten Baum streiten?«
Crossbow hatte ihm zähneknirschend bis zum Schluss zuhören müssen. Wie zur Erinnerung klopfte ihm William, aber diesmal sachte, mit dem Stockknauf ans Revers, dann ging er zurück in den Schankraum. Als er an der Bar ein Glas Ale bestellte, bemerkte er wieder durch den Spiegel, dass Crossbow eilig dem Ausgang zustrebte. William grinste bei der Vorstellung, dass seine Mitteilung Hocksley ein paar schlaflose Nächte bereiten würde.
Tyler hätte das Treffen im Warwick am liebsten abgesagt. Seit zwei Tagen befand er sich in einer Zwangslage, die er kaum aushalten konnte. Es beschämte ihn, dass er sich Marshall gegenüber unaufrichtig verhielt, und er brachte doch nicht den Mut auf, sein Verlöbnis mit Antonia zu offenbaren. Auch vor Antonia war er befangen. Je länger er ihr verschwieg, dass Marshall in der Stadt war, desto schlechter fühlte er sich, weil er sie hinterging. Wäre Marshall doch nur ein paar Monate später zurückgekommen! Dann wäre er mit Antonia verheiratet gewesen, Marshall hätte sich damit abfinden müssen. Nun aber, angesichts Marshalls kalter Souveränität, mochte er nicht daran denken, wie Antonia es aufnehmen würde, wenn Marshall sie für sich beanspruchte.
William hatte für sie einen Tisch im Restaurant bekommen. »Tyler, alter Junge, Sie sehen abgespannt aus. Was ist? Essen Sie nichts? Das Roastbeef ist ganz passabel.«
»Nein, danke, nur Kaffee für mich. Ich muss mich gleich wieder auf den Weg machen. Heute um drei Uhr wird Mr. Robert entlassen. Ich wollte ihn am Gefängnis abholen, um mit ihm über Longuinius’ Vermächtnis zu sprechen. Es wird einige Veränderungen für Legacy mit sich bringen, Robert sollte über alles informiert sein.«
»Aber meine Rückkehr wird vorläufig nicht erwähnt, Tyler.«
»Keine Sorge, von mir wird es niemand erfahren.«
»Gut. Sie wissen, dass sich Mr. Robert binnen vierundzwanzig Stunden nach der Entlassung auf der Plantage einfinden muss?«
»Das lässt sich einrichten. Sobald ich ihm die neue Situation erklärt habe, bringt ihn unser Wagen unverzüglich nach Legacy.« Tyler machte eine kleine Pause, um dann beiläufig zu fragen: »Wann werden Sie rausfahren?«
»Zur Plantage? So bald ich kann. Aber zuvor muss ich etwas regeln, das keinen Aufschub duldet.«
»Verstehe«, sagte Tyler, um Zeit zu gewinnen. Antonia würde nachmittags gemeinsam mit Joshua nach Legacy zurückfahren, davor wollte er sie noch einmal sehen. Er musste sie seiner Liebe versichern, bevor sie Marshall wiedersah. Mehr konnte er nicht tun, das Weitere hing von ihr ab. Seine Befürchtungen nahmen ihn völlig gefangen, sodass ihn Williams nächste Frage ziemlich aus dem Konzept brachte.
»Erzählen Sie mir, Tyler, wie geht es Mrs. Lorimer? Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
»Gesehen? Ja, wann war das … Nun, ich denke, es
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