Die Plantage: Roman (German Edition)
geht ihr gut. Bei ihrem letzten Besuch in der Bank sah sie sehr gut aus, ich meine … sie sah wie immer sehr gut aus.«
»Wirklich?« William konnte sich gut vorstellen, wie Antonia aussah, sie musste jetzt hochschwanger sein. Wenn Tyler sie in den letzten sechs Wochen gesehen hatte, wusste er, dass sie ein Kind bekam; natürlich verlor er als Gentleman darüber kein Wort. Ob er vermutete, dass es Williams Kind war? Na, irgendetwas würde er sich wohl denken. Jedenfalls schien er unzugänglich, was Antonia anging, aber warum? William runzelte die Stirn. War es an der Zeit, sich ein paar Gedanken zu machen, über Tyler und Antonia?
»Ich muss jetzt los«, unterbrach Tyler Williams Überlegung. »Sehe ich Sie heute Abend?«
»Ich denke schon. Am Nachmittag will ich für ein paar Stunden trainieren, es könnte also später werden.«
Tyler ließ eine Münze auf dem Tisch für den Kaffee. »Dann bis heute Abend im Club«, sagte er und war draußen.
Der Fechtclub der Universität von Charles Town lag an der nördlichen Peripherie des Campus. In der Fechthalle, einem kirchenartigen Bau im gotischen Stil, befanden sich mehrere Übungsplanches und eine Tournierplanche. William hatte sich mit dem Fechtmeister auf täglich ein paar Stunden anspruchsvollen Trainings verständigt. Der Fechtmeister war selber Kriegsveteran, ein nüchterner Mann Anfang vierzig, der ihn auf jeden Schrittfehler hinwies, nachdem William verlangt hatte, seiner Beeinträchtigung keine Beachtung zu schenken.
Seit seine Gesundheit es wieder erlaubte, hatte er sich konsequent in Form gehalten. Zwischenzeitig hatte er in Farell einen kühnen Übungsgegner gefunden. Nun ging es um die Vorbereitung auf ein konkretes Ziel, damit wurde das Training zu einer harten Probe seiner Leistungsfähigkeit, aber auch seiner Geduld. Auch wenn die Wahl der Waffen für das Treffen noch offen war, gab es doch keine bessere Vorbereitung als die Übung mit dem Schwert.
An diesem Nachmittag verdichtete sich Williams Energie in kaum abwehrbaren Attacken, bis sein Lehrer die Waffe umgewendet in die Linke nahm, zum Zeichen seiner friedlichen Absicht, die Planche verließ und auf ein Wort herüberkam.
»Ich muss Sie nicht darauf hinweisen, Sir, dass Duelle mit tödlichem Ausgang Konsequenzen haben. Sie sollten sich gut überlegen, ob das, was Sie vorhaben, das Risiko wert ist.«
William hatte ebenfalls den Säbel mit der Berge nach oben in die Linke gewechselt. Sein Atem ging rasch, aber er wirkte nicht angestrengt. Natürlich war seine Schnelligkeit nach der Beinverletzung eingeschränkt, einem durchschnittlichen Fechter wäre er dennoch überlegen, selbst ein guter Kämpfer könnte ihn nur mit Mühe besiegen. »Es wird kein Duellim klassischen Sinne sein, falls Sie das meinen. Das Treffen wird nicht angekündigt, und es wird keine Sekundanten geben.«
»Eine Abrechnung Mann gegen Mann? Sir, bedenken Sie, als Soldat bleibt es für Sie eine Frage der Ehre. Sie dürfen einen Mann, der Ihnen gegenüber keine Chance hat, nicht töten.«
Mit dem Vorhalt des Meisters, seinen Entschluss genau zu prüfen, hatte William gerechnet. Nun hätte er zugeben müssen, dass er nicht daran dachte, Reed irgendeine Chance zu lassen, denn er betrachtete ihn nicht als ehrenhaften Gegner. Er versicherte daher guten Gewissens, die Ermahnung des Meisters zu beherzigen, bedankte sich für seine Geduld und verabschiedete sich in militärischer Form.
Der erste Schwall kalten Wassers war ein Schock. »Weiter, Sir?«, fragte der Schwarze, der ihn beim Bade bediente.
William nickte mit geschlossenen Augen. Im Badehaus des Fechtclubs, einem Pavillon mit Steinbänken und römischen Mosaiken, ergab er sich nach der Anspannung des Zweikampfs der läuternden Wirkung des Wassers. Diesmal war es ein heißer Guss. Er hob die Arme, genoss die wohltuende Wärme über den verheilten Rippenbögen. »Weiter.« Wieder eiskaltes Wasser, es biss in Kopfhaut und Schultern. In den hohlen Händen fing er es auf, tauchte sein Gesicht hinein, trank Kühle in den vom Training erhitzten Körper. »Weiter.« Heißes, dann kaltes Wasser. In stetig wechselndem Erschauern entspannte er sich und ließ langsam von seiner Angriffshaltung ab.
Er kannte sein schwieriges Temperament; was einmal jugendliches Draufgängertum war, hatte sich mit den Jahren in puren Durchsetzungswillen gewandelt, der ihn an seinen Zielen fast zwanghaft festhalten ließ. Umso mehr erstaunte ihn, dass es Ingham gelungen war, Zweifel zu säen auf
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