Die Plantage: Roman (German Edition)
Ehrenhändeln nichts halte. Doch da Sie es darauf anlegen, bitte, ich stehe Ihnen zur Verfügung.«
»Hach, machen Sie sich nicht lächerlich! Was sollte mir daran liegen, Sie zu erschießen oder Ihre Brust mit meinem Säbel zudurchbohren? Verlangt es Sie danach, als tragischer Held für Antonia zu sterben?«
»Was hätte sie davon?«, sagte Tyler beherrscht. Trotz Williams verletzender Worte versuchte er es im Guten. »Wenn Sie sich nicht mit mir schlagen wollen, Marshall, so verspotten Sie mich auch nicht. Lassen Sie uns vernünftig miteinander reden. Sie hatten mich über die Verhältnisse auf Legacy im Unklaren gelassen, also woher sollte ich wissen, dass Sie in Wirklichkeit so viel für Antonia empfinden? Ich hatte die besten Absichten, als ich ihr meinen Antrag machte. Und wenn Sie mir sagen, Sie seien mit den besten Absichten zurückgekehrt, so muss ich das glauben. Nur hilft es uns beiden nicht weiter. Antonia allein muss entscheiden, wem ihr Herz gehört.«
»Ihr Herz?« William schien von dieser Wendung seltsam berührt. »Was für eine Vorstellung, Mr. Tyler, haben Sie von Antonias Herz? Sie denken an ein hübsches, rotes Ding, das weich und leise pocht, nicht wahr?«
Tyler wusste nicht, worauf er hinauswollte.
William fuhr fort: »Nein, Antonias Herz ist ganz anders, es ist mutig und stark genug für zwei Menschen. Eines Tages hat sie es genommen und in zwei Hälften geteilt, und sie hat mir eine Hälfte ihres Herzens gegeben, damit ich leben konnte. Ja, es ist wahr, ich lebte nur weiter, weil sie es wollte. Bis heute hält sie mich mit ihrem starken Herzen am Leben.« Er zögerte, dann sagte er: »Ich würde mich hinlegen und sterben, würde ich Antonia verlieren.«
Eine Droschke näherte sich. William gab dem Kutscher ein Handzeichen, der Wagen hielt am Gehsteig an.
»Warten Sie, Marshall!«
Tyler trat rasch auf ihn zu; zu rasch, denn William fuhr unverzüglich herum. Impulsiv packten beide gleichzeitig zu, so fest, dass jeder schmerzhaft den Griff des andern spürte, während sie einander Auge in Auge auf Abstand hielten.
»Bitte, Marshall, lassen wir es nicht so enden!«, stieß Tyler hervor.
Darauf ließ William ihn los. Er berührte kurz die Hutkrempe mit dem Knauf des Stocks, stieg in die wartende Droschke und hieß den Kutscher abzufahren.
Ihre Hände lagen ruhig auf der Decke, zwei in Verbandmull gewickelte, weiße Bälle, wie reife Baumwollkapseln. Die Aufregung war nicht gut für das Baby. Erschreckt hatte es mit seinen kleinen Füßen von innen gegen ihren Bauch gestoßen, damit sie aufhörte, sich selber wehzutun. Jetzt hatte es sich beruhigt, das Kind schlief. Antonia aber lag wach im Bett und starrte hinauf zum Betthimmel. Sie konnte nicht schlafen. Sie konnte keine Ruhe finden.
Es war Abend geworden, hinter geschlossenen Vorhängen lag das Zimmer im gelben Licht der Petroleumlampe. Gepäckstücke standen umher, Koffer, Hutschachteln, Reisetaschen. Sie wollte längst auf dem Weg nach Hause sein. Als sie aufstand, wurde ihr schwindelig, sie musste sich am Bettpfosten festhalten und kurz die Augen schließen, dann war die Schwäche vorüber. Sie streifte die Verbände von den Händen und ging in den Salon. Auf dem Schreibtisch lag die Mappe für die Bank, obenauf der Brief vom Gericht, den sie unterzeichnen sollte. Jemand hatte das Tintenglas und den Federhalter zurückgestellt, die vergossene Tinte aufgewischt. Sie setzte sich, nahm aus der Schreibtischlade einen Bogen Briefpapier und tauchte die Feder ein. Die Nachricht war schnell geschrieben. Sie läutete nach dem Mädchen. »Schick Nathan mit dem Brief los. Er soll sich beeilen.« Dann wartete sie.
Bald hörte sie seine Schritte auf dem Gang, dazu Charlenes Stimme.
»Das ist keine gute Idee, Sir! Bitte Mr. Tyler …«
Er klopfte, öffnete die Tür. Antonia stand auf, ging ihm aber nicht entgegen; auch er blieb einen Augenblick in der Tür stehen.Er war in feiner Abendgarderobe, der Rock von grauem Atlas, die Weste aus purpurrotem Samt. Wie immer sah er blendend aus, doch nicht sehr glücklich. Sie las in seinen Zügen, was er für sie empfand, sah die vertrauten Gesten, das Neigen des Kopfes, die Hand, die durchs Haar fuhr, und ihr Herz krampfte sich zusammen. Was hatte sie erwartet? Dass er ihr plötzlich nichts mehr bedeutete? Er kam auf sie zu und nahm sie in die Arme, alles mit dieser Gewissheit, das Richtige zu tun. Er hielt sie so, dass sie seinen Herzschlag spürte. Irgendwann sprach er leise in ihr Haar: »Als er
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