Die Plantage: Roman (German Edition)
heute zu mir kam, habe ich geglaubt, er bringt mich um.«
Sie löste sich aus der Umarmung und ließ sich auf den Stuhl sinken. »Ihr habt miteinander geredet?«
»Er hat geredet. Ich habe versucht, meine Ehre zu retten.«
»Du hast gesagt, er kommt nicht mehr zurück!«
»Ich habe es geglaubt. Ich musste ihn so verstehen!«
»Andy, ich habe dir vertraut. Was hast du nur getan?«
»Ich? Was ich getan habe, fragst du? Ich habe dir in aller Form den Hof gemacht, denn ich war sehr verliebt. Aber weil ich sah, dass du noch an ihn dachtest, hielt ich mich zurück. Ich hätte mich fast lächerlich gemacht vor lauter Ritterlichkeit, während andere …«
»Andere?«
»Irgendwann musste ich dir doch zeigen, dass ich es ernst meine. Und du hast mich nicht abgewiesen, im Gegenteil.«
»Du warst sehr zielstrebig.«
»Ich war verliebt! Und du warst schwanger.«
»Wie meinst du das, Andy?«
»Genau wie ich es sage: Du bekamst ein Kind von einem Mann, der dich verlassen hatte. Und ich war ein feiner Junge und habe gesagt, es mache mir nichts aus.«
»Unterstellst du mir, ich hätte deshalb deinen Antrag angenommen? Glaubst du das, Andy Tyler?«
»Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.« Noch nie hatteer so gesprochen, noch nie so traurig geklungen. »Antonia, warum hast du Ja gesagt, als ich dich fragte, ob du mich heiraten willst?«
»Du hast mir einen Antrag gemacht, und ich habe ihn angenommen.«
»Warum hast du Ja gesagt?«
»Was soll das, Andy? Ich wollte deine Frau werden, darum habe ich Ja gesagt.«
»Liebst du mich?«
»Wie kannst du so etwas fragen!«, rief sie und musste sich abwenden.
Er setzte sich zu ihr, fasste sie bei den Schultern, drehte sie zu sich her. Er war sich seiner Gefühle für sie so sicher! »Ich frage dich, weil ich dich liebe und geglaubt habe, du liebst mich auch. Hast du nicht eben gesagt, du hättest mir vertraut? Ich habe dir auch vertraut, Tonia. Sag mir jetzt, liebst du mich?«
Sie sah ihn mit Tränen in den Augen an. Sie wollte ihn lieben, aber sie durfte es nicht mehr. William war wieder da, er war zurückgekommen, alleine darum musste sie William lieben.
Tyler hatte ihre Hände ergriffen und wartete.
Nein, sag es ihm nicht!, dachte sie und biss sich auf die Lippen. Sag es ihm nicht, um Gottes willen, sag es nicht!
»Ich liebe William, ich habe ihn immer geliebt.«
Er erstarrte. Dann schlug er die Augen nieder, blickte auf ihre Hände, die in seinen Händen lagen. Er bemerkte ihre aufgeschlagenen Knöchel und fragte: »Sieht sie so aus, deine Liebe zu William?«
Hastig entzog sie ihm ihre Hände und verbarg sie hinter ihrem Rücken.
»Verzeih, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen«, sagte er, stand auf und nahm seinen Hut. Er wäre gern wütend hinausgestürmt, doch es gelang ihm nicht, er konnte ihr nicht einmal Vorwürfe machen, dafür war seine Achtung vor ihr zu groß. Aber er musste ihr zumindest die Wahrheit sagen.
»Marshall hat dich nicht glücklich gemacht. Er wird es nie können, so wie er auch selbst nie glücklich sein wird. Er tut sich und der Welt Gewalt an. Wahrscheinlich hat es dich beeindruckt, wie er alles, was um dich her in Scherben lag, wieder geordnet hat. Doch warte nur ab, wenn alles seinem Willen gehorcht, wird er schließlich auch dich seinem Willen unterordnen.«
»Wieso machst du alles schlecht, was er für mich und für Legacy getan hat?«, entgegnete sie. »Hat er nicht ein Vermögen ausgegeben, damit Joshua aus dem Kerker freikommt?«
»Aber siehst du denn nicht, warum er das macht: Er kommt und nimmt euer Leben in die Hand, einfach weil er es kann! Wehe dem, der sich ihm widersetzt.«
Antonia erschrak, Tyler hatte ein sehr klares Bild von William, und das Schlimmste war, er hatte mit allem, was er sagte, recht. »Du solltest jetzt besser gehen, Andy.«
»Versteh doch, es tut auch mir weh! Auch ich habe geglaubt, er wäre mein Freund.«
»Geh, Andy!«
»Tonia …«
»Geh! Geh!«
Von Lyndon House zu dem Hotel in der Queen Street war es nur ein kurzer Fußweg. Er ließ sich nicht anmelden, sondern ging gleich hinauf und klopfte an die Zimmertür. William wollte ihn zuerst abweisen. Dann bemerkte er die Entschlossenheit in den Zügen des Jüngeren und bat ihn herein.
»Nein danke, Marshall«, lehnte Tyler ab. »Ich will Sie nicht lange stören.« Wie er auf dem Gang vor dem Hotelzimmer stand, war ihm anzusehen, dass er mit sich kämpfte, und seine Rede fiel ihm nicht leicht: »Es war mein Fehler, verstehen Sie? Ich
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