Die Plantage: Roman (German Edition)
und ich werden noch etwas unternehmen in dieser wundervollen Nacht«, sagte er und legte seinem Freund einen Arm um die Schulter. »Was hielten Sie davon, sich uns anzuschließen, Mr. Lorimer?«
»Kommt darauf an«, sagte Henry vage.
»Ausgezeichnet!« Reed lächelte. »Gentlemen, wir werden Mrs. Harper besuchen.« Mrs. Harper betrieb das teuerste Bordell der Stadt.
»Tut mir leid, Mr. Reed«, sagte Henry, »ich bin inzwischen ein armer Mann.«
»Ihre Offenheit ist rührend, Lorimer«, bemerkte Roscoe. »Aber es ist Algernons Abend, Sie können es ihm nicht abschlagen.«
»Mr. Roscoe hat recht«, meinte Reed, »Sie sind mein Gast.«
Mrs. Harpers Champagner war gut, und es wurden mehr Flaschen geöffnet, als sie trinken konnten, Reed kam es nicht darauf an. Die Huren von Mrs. Harper hatten professionelle Klasse, sie waren sehr hübsch, verschwiegen und nicht dumm. Sie bedienten die Männer mit exquisiter Liebestechnik, mit Unterwürfigkeit oder Wollust. Für gutes Geld täuschten sie Verlangen und Hingabe vor und ließen keine Wünsche offen.
Reed und Roscoe kamen oft zu Mrs. Harper, immer zusammen. Sie nahmen Henry mit auf ein Zimmer ganz aus rotem Samt, mit einem großen Bett in der Mitte. Die Huren kamen und begannen, sie auszuziehen. Henry hatte nichts dagegen, die Frauen waren geschickt, und die Gegenwart der beiden Männer störte ihn nicht. Reed und Roscoe schienen die Mädchenkaum zu beachten. Sie waren sich selbst genug, lagen beieinander und umarmten sich. Als Henry bemerkte, wie sie sich anfassten und küssten, wollte er sich abwenden, aber es erregte ihn auch, ihnen zuzusehen. Erst als Roscoe sich auch ihm zuwandte, flüchtete er. Die beiden Freunde vermissten ihn nicht. Sie teilten sich die Huren und das Bett und blieben die ganze Nacht zusammen.
Henry war in den Salon zurückgekehrt, er trank noch mehr Champagner. Was Roscoe und Reed taten, war ihre Sache. Ihm hatte die kleine Mulattin am Nachmittag vollauf genügt. Wenn er sein Glas ausgetrunken hätte, würde er nach Hause fahren. Doch Mrs. Harper ließ ihn nicht gehen. Sie führte ihn in ein schwarzes Zimmer. Eine Frau mit Katzenaugen kam herein, mit seidenfeinem Haar, und legte sich zu ihm. Sie trug schwarze Spitze, sie trug sie bis zuletzt. Er griff nach ihr, zog sie unter sich und drang in sie ein. Aber sie lachte nur über seine stumpfe Gier, schob ihn von sich herunter, drehte ihn auf den Rücken und hielt ihn so. Sie ließ sich Zeit, strich ihm durchs Haar und küsste ihn. Wie nie zuvor fühlte er seinen Körper unter ihren Händen, in ihrem Mund. Als er den Gipfel der Lust erreichte, ließ sie sich zurücksinken und ihn in sich kommen.
Nie hatte er besseren Sex. Später in der Nacht fiel ihm die Begegnung mit Hocksley wieder ein. Er erinnerte sich an keine Einzelheiten, nur an ein undeutliches Gefühl von Scham und Selbstmitleid. Doch das war nun vorbei. Er lag in einem seidenen Bett, mit einer wunderschönen Frau, und all sein Begehren war befriedigt. Er wollte sich nicht mehr verachten.
»Sie sehen ziemlich mitgenommen aus, wenn ich das sagen darf.« Joshua hatte den Landauer auf der Zufahrt von Prospero Hill angehalten und stand kopfschüttelnd am Wagenschlag. »Was haben Sie nur gemacht?«
»Was schon? Getrunken.« Henry strich nachlässig sein Haar zurück. »Und ich war mit ein paar Freunden in diesem Hausin der Water Street … Komm schon, Josh, mach nicht so ein ernstes Gesicht! Du bist auch ein Mann.«
»Aber Sie sind ein Gentleman! Was Sie auch immer tun, Sie dürfen nicht die Haltung verlieren – verzeihen Sie, Sir.«
»Schon gut.«
Henry blickte über die weite Ebene des Lowcountry. Zwischen den Reisfeldern glitzerten die Gezeitenflüsse des Plains und Cooper River unter der Sommerglut. Warum bin ich nur hierhergekommen?, fragte er sich, müde in den Fond seines eleganten Wagens gelehnt. Doch die Frage war müßig, zumindest hätte er sie sich früher stellen und den Süden verlassen sollen, nachdem ihn das College nicht mehr unterrichten ließ. Vielleicht wäre ja Antonia damals mit ihm gekommen. Doch jetzt war es zu spät. Er konnte nur versuchen, ihre Plantage zu retten, indem er tat, was Hocksley von ihm verlangte. Er hatte keine andere Wahl.
»Alle werden mich verachten«, sagte er leise.
»Ich werde Sie niemals verachten!«, widersprach Joshua, der Henrys düstere Worte seiner angeschlagenen Verfassung zuschrieb.
»Du vielleicht nicht, Josh.« Henry lächelte traurig. »Jetzt lass uns weiterfahren. Ich
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