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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Ihnen das nicht verwehren. Und lassen Sie sich nicht auf eine Erörterung Ihrer nicht vorhandenen militärischen Erfahrung ein. Dasspielt in Ihrem Fall keine Rolle. Sie sollen Ihre loyalistischen Einheiten schließlich nur zur richtigen Zeit an den richtigen Ort führen, den Rest erledigen andere. Niemand wird von Ihnen Heldenmut verlangen; auch die Briten verlieren nicht gerne ihre Offiziere.«
    Hocksley machte eine kurze Pause. »Kommen wir nun zu Ihrer eigentlichen Mission: Sie werden unsere entlaufenen Sklaven aufgreifen, die in den britischen Forts und Feldlagern als Hilfskräfte und Dienstpersonal arbeiten. Als Offizier der Britischen Armee haben Sie Zutritt zu jedem Lager, es sollte für Sie also nicht schwer sein, die Sklaven in gezielten Razzien gefangen zu nehmen und an vereinbarten Treffpunkten meinen Aufsehern zu übergeben. Alles Weitere geht Sie nichts mehr an. Ach ja, jede Razzia wird nach Kopfzahl entlohnt.« Er fasste Henry scharf ins Auge. »Die Sache verlangt eine gewisse Skrupellosigkeit.«
    »Wenn ich Skrupel hätte, wäre ich nicht hier.«
    »Klingt einleuchtend. Vielleicht habe ich Sie unterschätzt, Lorimer.«
    Henry trank aus und stellte das leere Glas auf den Serviertisch. »Wann geht es los?«
    »In drei Tagen. Die Männer, die Sie als Ihr Gefolge begleiten werden, kommen zum Treffpunkt an die Mündung von Plains und Cooper River. Punkt acht Uhr. Ich werde auch dort sein. Bringen Sie Ihren Kleidersack gleich mit.«
    Henry salutierte ironisch und wandte sich zum Gehen.
    »Und seien Sie um Gottes willen nüchtern!«, rief Hocksley ihm nach.
    Auf der Rückfahrt war Henry schweigsam. Als sich der Wagen der Einfahrt von The Willows näherte, entschloss er sich spontan, Frank Shaughnessey einen Besuch abzustatten. Shaughnessey war ein Freund der Bells, er kannte Antonia seit ihrer Kindheit, und nachdem sie Henry geheiratet hatte, entwickelte sicheine Freundschaft zwischen den beiden Männern. In diesen Tagen wirkte The Willows verlassen, denn Shaughnessey hatte seine Familie kurz vor der Besetzung Charles Towns nach Barbados in Sicherheit gebracht. Die Shaughnesseys stammten von den ersten Kolonisten dieser westindischen Zuckerinsel und besaßen dort noch eine alte Pflanzung, die von einem Cousin verwaltet wurde. Shaughnessey hatte auch seine Sklaven nach Barbados geschafft und nur zwei Hausdiener behalten.
    »Sie bleiben doch zum Essen?«, fragte er.
    »Danke, Frank, ich habe keinen Appetit. Aber einen Brandy würde ich nehmen.«
    Nachdem Shaughnessey jedem ein Glas eingeschenkt hatte, kam er auf die Kriegsberichte zu sprechen: Die Lage in den umkämpften Gebieten zwischen North und South Carolina sei prekär, General Washington rufe die örtlichen Milizen auf, verstärkt Truppenunterstützung zu leisten.
    »Letzten Sonntag kam Major Marion ins Versammlungshaus nach St. James’ Parrish, um persönlich Leute für die Landwehr anzuwerben. Viele unserer Nachbarn haben sich ihm angeschlossen – Herrgott, wenn ich nur zehn Jahre jünger wäre! Was ist mit Ihnen, mein Freund, werden Sie sich melden?«
    Henry zuckte nur die Schultern und schenkte sich ein zweites Glas ein.
    Shaughnessey sah ihm mit gerunzelten Brauen zu. »Sagen Sie einmal, Henry, irgendetwas stimmt doch nicht mit Ihnen. Ich kenne Sie jetzt lange genug, aber in solcher Verfassung habe ich Sie noch nie gesehen.«
    Henry seufzte. Er hatte gehofft, bei seinem Freund die Unterredung mit Hocksley für eine Weile vergessen zu können. Aber Shaughnesseys Rechtschaffenheit führte ihm seine fatale Lage und seinen schmählichen Abstieg zum Befehlsempfänger umso deutlicher vor Augen. Erst jetzt wurde ihm in aller Klarheit bewusst, dass sein Schicksal durch das Abkommen mit Hocksley besiegelt war. Er befand sich im Würgegriff einerbösartigen Macht, die ab heute sein Leben bestimmen würde, ein Leben als Menschenhändler und Verräter. Der Gedanke schmerzte ihn, Shaughnesseys Achtung zu verlieren, wenn an den Tag käme, was aus ihm geworden war. Noch schlimmer wäre es, wenn Antonias nachbarschaftliches Verhältnis durch sein Verhalten Schaden nähme.
    Die Shaughnesseys bezeigten seit jeher mitfühlendes Interesse an den Lorimers. Während Frank ihnen in geschäftlichen Fragen weiterhalf, hielt Erynn Shaughnessey wiederholt intime Aussprachen mit Antonia, in »familiären Dingen«, wie sie es nannte, zumal die Ehe der Lorimers kinderlos blieb.
    Henry hatte nie darüber nachgedacht, ob seine Frau darunter litt, keine Kinder zu haben. In der

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