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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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ehemaligen Sklaven, den Familiennamen der Bells anzunehmen. Daher wählten sie den Vornamen Robert Bells und hießen nun Charlene und Joshua Robert.
    Charlene machte sich wortreich am Herd zu schaffen, während Antonia mit angezogenen Knien auf der Bank saß und dem Klang ihrer vertrauten Stimme lauschte. Charlenes raumgreifende Anwesenheit erfüllte das Haus mit der familiären Wärme, die Antonia in den vergangenen Wochen so vermisst hatte. Joshua trat von der Gartenterrasse ein, wusch sich am Spültisch Hände und Gesicht und setzte sich zu den Frauen an den Tisch. Kurz darauf schlurfte Néné in die Küche.
    »Was macht der Junge hier?«, fragte Antonia erstaunt.
    »Mum hat ihn mitgebracht«, sagte Joshua. »Er hat mir im Stall geholfen.«
    Néné, den Kopf auf den Armen, war neben ihm auf der Bank eingeschlafen.
    »Auf der Willows-Farm kann er nicht bleiben«, erklärte Charlene. »Die anderen Sklaven wollen ihn nicht um sich haben, nachdem sein Vater, Monsieur Raoul, ihn verstoßen hat. Selbst Rovena hat Néné aus ihrer Hütte hinausgeworfen.«
    »Und jetzt soll er bei uns bleiben?«
    »Na ja, Miss Antonia, irgendwo muss er ja bleiben«, meinte Joshua. »Er könnte mir doch zur Hand gehen …«
    »Joshua, er gehört Mr. Shaughnessey!«
    Charlene verteilte heiße Milch auf vier Tassen. »Lassen Sie ihn hier bei uns bleiben, Missy«, bat sie. »Er wird Ihnen gar nicht auffallen.«
    Skeptisch betrachtete Antonia Néné, den Verstoßenen. »Was hat Mr. Marshall dazu gesagt, Joshua?«
    Die Frage war ihm sichtlich unangenehm. »Er sagte, Sie können Néné nicht kaufen …«
    »Seht ihr!«
    »… weil er Ihnen dafür kein Geld gibt.«
    »Was soll das heißen: Er gibt mir kein Geld!?«
    »Das fragen Sie ihn besser selber.«
    Vor geraumer Zeit hatte William auf der Inventarliste der Plantage den Phaeton entdeckt. Sofort war der extravagante Wagen aus der Remise geholt und von Staub und Spinnweben befreit worden. Nun fuhr William täglich aus und hatte Antonia schon mehrmals gebeten, ihn zu begleiten. Heute hatte sie endlich zugestimmt.
    Er führte das Fuchsgespann, zwei ausdauernde und temperamentvolle Cleveland Bays, mit ruhiger Hand, ließ sie gemächlich die Auffahrtsallee und dann die River Road in Richtung Borroughton entlangtraben.
    »Hat Joshua mit Ihnen über Néné gesprochen?«, fragte Antonia.
    »Sie meinen den Jungen aus Saint-Domingue? Er ist zu nichts zu gebrauchen, schläft mit offenen Augen!«
    »Vielleicht muss man ihm ein wenig Zeit geben.«
    »Bitte, Mrs. Lorimer! Sie sind nicht in der Situation, an anderen gute Werke zu tun.«
    »Wieso? Was spricht dagegen, dass ich Néné bei uns aufnehme?«
    »Er gehört Mr. Shaughnessey. Sie haben nicht das Geld, ihn zu kaufen.«
    »Ich bekomme Geld von der Bank …«
    »Nicht dafür. Mit dem Geld aus dem Kredit wird die Schleuse repariert und Saatgut gekauft, und wenn die Landarbeiter zurück sind, müssen auch die entlohnt werden.«
    »Sie wollen mir also verbieten, Néné zu kaufen?«
    »Zum Teufel, ja! Hüaaah!«
    Mit einem Zügelschlag ließ er die Pferde angaloppieren. Sie stürzten los, gewannen rasch an Tempo. Die langen Kurven zum Plains River nahm der Wagen in so abenteuerlicher Schräglage, dass Antonia sich erschrocken festhielt, rechts fasste sie die Seitenlehne des Sitzes, mit der Linken packte sie Williams Arm.
    »Sind Sie verrückt geworden? Fahren Sie langsamer!«, rief sie ihm über das Rasseln der Räder zu. Aber er ließ den Pferden mehr Zügel und trieb sie auf der langen abschüssigen Geraden mutwillig weiter an. Der Wagen raste dahin, die hohen Hinterräder drehten sich mit einem scharfen, sirrenden Geräusch. Dazu schlugen die Pferdehufe einen atemberaubenden Takt.
    Sie näherten sich mit hoher Geschwindigkeit der Stelle, wo die Straße aus Borroughton einmündete. Eben kam von dort ein schwer beladenes Fuhrwerk und schwenkte langsam in die River Road ein. Der Fuhrknecht hatte zu einer weiten Kurve ausgeholt und bemerkte den heranrasenden Phaeton erst, als sein Fuhrwerk die Straße bereits über die gesamte Breite blockierte. Antonia erbleichte, sie waren zu nah, zu schnell. Der Fuhrknecht rettete sich mit einem Sprung vom Kutschbock.
    William fasste die Zügel ganz straff. »Festhalten, Lady!«
    Zwei Wagenlängen vor dem Hindernis riss er die Pferde mit gewaltsamem Zügeleinsatz nach links. Kreischend frästen die Räder durch den Straßenschotter, doch das Gespann galoppierte sicher weiter und zog den Phaeton auf engstem Raum in der

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