Die Plantage: Roman (German Edition)
nach South Carolina. Täglich regnete es, meist mehrere Stunden lang, dass die Luft dicht und feucht war vom Dunst.
Die Außenarbeiten waren rechtzeitig fertig geworden, Wind und Regen konnten der Bibliothek nicht mehr schaden. Die klaffende Lücke im Nordflügel war geschlossen, die Fassade mit den kannelierten Halbsäulen in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt. Auch der Innenausbau war weitgehend beendet. Antonia hatte Shaughnessey zu sich gebeten, um ihm zu zeigen, wie gut alles gelungen war. In einem eleganten Kleid und sorgfältig frisiert wie für eine Nachmittagsgesellschaft empfing sie ihn im Speisezimmer zum Tee. Als sie ihm für seine tatkräftige Hilfe und die noble Bürgschaft dankte, wurde er verlegen und meinte, dergleichen sei unter Nachbarn selbstverständlich, umso mehr unter Freunden.
Nach dem Tee führte sie ihn in die Bibliothek. Jordan und seine Leute hatten hier Erstaunliches geleistet. Die Flügeltüren waren abgespänt und weiß lackiert, die Schnitzereien der Türrahmen neu vergoldet. Zerbrochene Fenster waren verglast, Vertäfelungen frisch verfugt, die Wandschränke und die Gestelle für die Büchertruhen repariert. Den verbrannten Holzboden hatte man entfernt und im Flechtmuster des alten Ahorn- und Eichenparketts ersetzt. Über allem wölbte sich, weiß und rein wie die Schale eines Eis, die neue Decke.
Es roch nach Holzschnitt und Lack. Shaughnessey schritt durch den Saal und überprüfte mit kritischem Auge die Arbeit seiner Leute, während Antonia die Kerzen in den Wandleuchtern entzündete.
»Als ich nach Vaters Tod Prospero Hill verließ, Frank, da glaubte ich, meine Heimat verloren zu haben. Heute weiß ich, dieses alte Haus mit der Bibliothek ist mein wahres Zuhause.«
»Ich verstehe Sie gut, Antonia. Auch ich habe eine Vorliebe für die alten Pflanzerhäuser. Und Ihr Haus ist etwas Besonderes, eine klassische Palladio-Villa. Sie wissen, es gibt hier in der Gegend noch zwei weitere Häuser dieses Baustils, Barton Blure und Hollow Park. Leider ist Barton Blure inzwischen eine Ruine, es versinkt im Sumpf von Denis Island.«
»Und Hollow Park gehört Mr. Reed«, sagte Antonia nachdenklich.
»Anfangs waren die Häuser im Besitz eines Mannes«, erzählte Shaughnessey. »Er war ein Pirat oder Freibeuter, wer kennt schon den Unterschied. Jedenfalls besaß er so viel spanisches Gold, dass er sich drei Palladio-Villen bauen ließ. Angeblich bilden sie ein perfektes gleichseitiges Dreieck.«
Antonia ging zu einer Fenstertür und sah in die fallende Dunkelheit hinaus. »Wussten Sie, dass ich Legacy diesen Namen gab? Im Grundbuch steht noch der alte Name, Highwood …«
Sie beobachtete den Reiter, der durch die Allee auf das Haus zukam. Er übergab sein Tier dem Stallburschen, betrat das Haus und klopfte an die offene Tür. Eine leichte Verbeugung, der anerkennende Blick galt ihrem Kleid. Dann bemerkte er Shaughnessey, der am Boden kniend die Verfugung des Parketts inspizierte.
»Sir, kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
»Oh, nein nein!« Shaughnessey stand behände auf. »Ich habe mir nur angesehen, wie meine Jungs ihre Arbeit gemacht haben.«
»Ah, Sie sind Mr. Shaughnessey! Es freut mich, Sir, dass wiruns endlich kennenlernen. Erlauben Sie, dass ich mich vorstelle: William Marshall. Ich bin Mrs. Lorimers Verwalter.«
»Sehr erfreut, Mr. Marshall. Ich habe schon von Ihrem Engagement für Legacy gehört.«
Antonia trat hinzu und hängte sich bei Shaughnessey ein. »Frank sagt, Charlene kommt nach Legacy zurück, ist das nicht großartig!«
»Ich bereue jetzt schon, dass ich sie gehen lasse«, meinte Shaughnessey. »Charlene ist die beste Köchin im Lowcountry.«
Sie gingen zusammen hinaus, auf die von Laternen erleuchtete Veranda. Während sie auf Shaughnesseys Wagen warteten, kam William auf seine Pläne zu sprechen.
»Mrs. Lorimer hat sicher erwähnt, dass wir zur Saison wieder anbauen werden. Wir haben jedoch nicht annähernd genug Arbeitskräfte für die Instandsetzung. Es wäre an der Zeit, dass die Freigelassenen, die auf Ihrer Plantage untergekommen sind, nach Legacy zurückkehren.«
Shaughnessey bedachte sich einen Moment. »Nun gut, sobald die Arbeit auf den Feldern beginnt, werde ich sie zu Ihnen schicken.«
»Sie verstehen nicht, Mr. Shaughnessey: Ich brauche die Leute jetzt, unverzüglich. Damit wir zur Aussaat fertig sind.«
»Tja, wir sind mit dem Fermentieren des Tabaks noch eine Zeit lang beschäftigt. Aber ich werde sehen, wen ich
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