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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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es war unvermeidlich, dass sich die amerikanischen Provinzen früher oder später von England lossagten.«
    »Nur von England? Sie haben sich von der Monarchie losgesagt, ja von jeder herkömmlichen Staatsordnung! Amerika erprobt gerade das Modell eines souveränen Staates ohne Souverän und ohne zentrale Herrschaft. Der Gedanke ist nicht neu, die Umsetzung erscheint mir allerdings gewagt.«
    »Amerika war immer ein Wagnis, Colonel. Von Anfang an kamen Leute hierher, die der Monarchie den Rücken kehrten. Sie wussten nicht, was an die Stelle des Königtums treten sollte, doch sie hatten Visionen und die Vorbilder der Antike. Jeder, der den weiten Weg über das Meer unternahm, wollte hier etwas Neues begründen. Ich möchte behaupten, jene Siedler hatten sich von den politischen und gesellschaftlichen Vorstellungen Englands bereits in dem Moment gelöst, als sie Segel setzten in die Neue Welt. Sie waren eigentlich keine englischen Kolonisten, sondern Einwanderer in einem freien Land.«
    »Frei? Das mag für die nördlichen Provinzen gelten, für die Menschen, die in den Manufakturen, Spinnereien und Webereien, in den Metallhütten und Werften Neuenglands arbeiten. Diese Menschen bekommen Lohn und sind frei, und deshalb entsteht im Norden eine Wirtschaftsmacht. Hier im Süden dagegen finden Sie immer noch die alten Strukturen, Großgrundbesitz in der Hand weniger Reicher, daneben ein Heer von Unfreien, bitterarme rechtlose Sklaven, die fast zwei Drittel der Bevölkerung ausmachen. Was ist hier mit der Freiheit geschehen? Wie wollen sich der Norden und der Süden bei diesem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gefälle auf einer politischen Ebene treffen? Wie können sie gleichberechtigte Verbündete sein?«
    »Ich bestreite nicht, dass es eine große Aufgabe ist. Wir müssen die Einigkeit, die in der Verfassung vorausgesetzt wird,erst begründen. Doch ich bin zuversichtlich, was Amerikas Zukunft betrifft. Immerhin konnten wir uns auf diesem Kontinent behaupten.«
    »Weil die imperiale Macht Englands Ihr Überleben gewährleistet hat, vergessen Sie das nicht.«
    »Ah, da spricht der Sachwalter imperialer Macht! Es stimmt, England hat unsere Ansprüche gegen die Spanier und Franzosen durchgesetzt. Doch territoriale Kämpfe gehören der Vergangenheit an. In einem freien Amerika wird es keinen unnachgiebigen Herrschaftsanspruch mehr geben.«
    »Glauben Sie? Ich denke, falls die Amerikaner sich einigen und unter gemeinsamer Fahne auf der internationalen Bühne etablieren, werden sie eines Tages den Verlockungen des Imperialismus nicht widerstehen.« William lächelte. »Sie müssen verzeihen, Sir, aber als Soldat sehe ich die Dinge pragmatisch.«
    Der nächste Morgen war sonnig und mild. Nach dem Frühstück spazierten die beiden Männer durch den weitläufigen Park von Serenity Heights. Longuinius erläuterte voller Begeisterung, wie der Architekt durch perspektivische Verkürzungen und verlängerte Fluchten kunstvolle optische Täuschungen erzielt hatte. Bei einem streng geometrisch angelegten Garten blieben sie stehen.
    »Es ist eine Miniatur des ›Tiber-Parterre‹ nach Originalentwürfen Le Nôtres, der dieses Kunstwerk für den Landsitz Ludwigs XIV. in Fontainebleau gestaltete.« Der Garten war ein Beispiel purer Abstraktion: Ein Karree, bestehend aus vier quadratischen Rasenflächen, deren innere Ecken so eingeschnitten waren, dass sie ein weiteres Quadrat, diesmal in Form eines Wasserbeckens, umschlossen. »Die Quintessenz des französischen Gartens!«, rief Longuinius enthusiastisch. »Die Leistungen der Philosophie, Wissenschaft und Kunst, die aus der Geisteshaltung des europäischen Barock hervorgegangen sind, suchen ihresgleichen. Ah, ich hätte gerne Le Nôtre gekannt!«
    »Ich bin nicht unglücklich, in einer Zeit zu leben, die lediglich die Früchte einer bedeutenden Epoche erntet«, meinte William trocken.
    »Geben Sie sich doch nicht so schlicht, Colonel«, erwiderte Longuinius munter. »Ich wette, wir finden auch für Sie einen Seelenverwandten aus einer bewegten Zeit. Lassen Sie mich nachdenken … Ich hab’s: Rom. Sie schlendern in Begleitung des jungen Cesare Borgia über die Piazza Navona …«
    »Ich an der Seite dieses Abenteurers?« William tat empört. »Die Borgias waren Giftmischer und Mörder, Il Valentino wurde der brutalste Kriegsfürst der Renaissance.«
    »Er war ein Kind seiner Zeit.«
    »Auch wieder wahr.«
    »Aber vielleicht wäre Ihnen ein puritanischer Weltverbesserer vom Schlage

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