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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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schadhafte Hauptschleuse am Fluss komplett zu ersetzen. Für das neue Hebewerk musste zusätzlich ein tiefes Bassin im Stichkanal zwischen dem Plains River und den Feldern ausgeschachtet werden. Auch die ableitenden Kanäle mussten der modernen Anlage angepasst werden.
    William war sich darüber im Klaren, dass die Erneuerung der Schleuse ohne weitere Arbeitskräfte bis zur Aussaat nicht bewerkstelligt werden konnte. Wenn er seinen Zeitplan einhalten wollte, musste er sich etwas einfallen lassen.
    Schon machte sich die tägliche Schwerstarbeit bei den Leuten bemerkbar, sie waren erschöpft und reizbar. Auch die Spannungen zwischen den weißen Farmarbeitern und den Schwarzen wuchsen. Die Farmarbeiter, ganz im Geiste der weißen Sklavenhaltegesellschaft, lebten nämlich in der Vorstellung, dass ein Schwarzer, ob Sklave oder Freigelassener, immer in der schlechteren Position sein müsste. Infolgedessen blieben auf Legacy, wo Schwarze und Weiße zu denselben Bedingungen arbeiteten, Schwierigkeiten nicht aus.
    Um dem zu begegnen, versuchte Antonia, bei ihren Leuten mehr Gemeinsinn zu wecken. Sie hielt sie dazu an, sich die täglichen Aufgaben wie Brotbacken oder die Pflege der Obst- und Gemüsegärten zu teilen. Aber offenbar konnte es keiner dem anderen rechtmachen und die beiderseitige Ablehnung blieb.
    Nur Joshua ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Haben Sie Geduld«, sagte er, wenn Antonia entmutigt war. »Der Erfolg der Plantage wird die Gemüter besänftigen.«
    Zur Saison im Herbst 1781 gab es in Charles Town die gewohnte Folge von Festen, Konzerten, Bällen. Das gesellschaftliche Leben wurde durch die Präsenz der britischen Besatzer sogar belebt, auch wenn gute Patrioten den Einladungen zu Tory-Parties nur zähneknirschend Folge leisteten. Wie zum Hohn auf General Greene und den Belagerungsring seiner amerikanischen Truppen gab der Stadtkommandant Colonel Nisbet Balfour einen Galaempfang im Exchange. Balfour und seine Offiziere tanzten im fahnengeschmückten Ballsaal mit den Frauen der treuen loyalistischen Anhänger, während in Sichtweite der erleuchteten Fenster zahllose Amerikaner auf britischen Gefangenenschiffen elend dahinvegetierten.
    Auch Lydia gab ihr traditionelles Fest zum Auftakt der Saison. Antonia hatte für die Gesellschaften ihrer Schwester nie viel übrig gehabt und wollte sich entschuldigen. Aber William riet ihr, sich nicht zurückzuziehen. Um die Interessen Legacys zu wahren, musste sie Präsenz zeigen, besonders nach dem Eklat im Planters Club. Sie gab ihm recht, gerade jetzt durfte sie nicht den Anschein erwecken, klein beizugeben. So gesehen war ihre Anwesenheit auf Lydias Ball ein absolutes Muss.
    Als sie an Williams Arm die Freitreppe zum Ballsaal hinaufstieg, erstrahlte Lyndon House im Lichterglanz unzähliger Kerzen. Ihr Korsagenkleid aus blutrotem Samt erregte Aufsehen: Die meisten Damen hatten dezentere Farben gewählt, einige mutigere unter ihnen trugen patriotisches Blau. Nur Antonia kam in den Farben des Feindes zum Ball. Livrierte geleiteten die Gäste in das sogenannte Musikzimmer, einen Saal von unerwarteten Dimensionen mit einer Bühne für ein kleines Orchester. Halbsäulen unterteilten die Wände in harmonischerFolge. Darüber, in einer Höhe von vierzig Fuß, öffnete ein riesiges Oberlicht aus buntem Glas den Raum in luftige Grenzenlosigkeit.
    Lydia verließ den Kreis ihrer Bewunderer und begrüßte ihre Schwester. Unter den Gästen befanden sich die tonangebenden Mitglieder der Pflanzerlobby. Diese Leute wussten genau, wer der schwarz gewandete Mann an Antonias Seite war, der sich auf einen markanten Gehstock stützte; man erinnerte sich nur zu gut an Williams Auftritt im Planters Club. So, dass alle Umstehenden es hören konnten, sagte Lydia: »Antonia, Liebes, du weißt hoffentlich, dass sich ganz Charles Town über deinen Begleiter die furchtbarsten Geschichten erzählt!«
    »Sie sehen, Mr. Marshall, Ihr Ruf eilt Ihnen voraus«, meinte Antonia leichthin und machte William mit ihrer Schwester bekannt. Er begrüßte Lydia mit einer tiefen Verbeugung, küsste ihre Hand, gab sich ausnehmend charmant. Seine übertriebenen Komplimente ließen Antonia aufhorchen.
    »Du flirtest mit meiner Schwester!«, flüsterte sie ihm zu, als sie anschließend den Saal durchquerten. »Das gehört sich nicht!«
    Er lachte. »Höre ich da Eifersucht, Liebling?«
    Ehe sie etwas Passendes erwidern konnte, kamen Gilbert Ashley und sein junger Partner Tyler auf sie zu. Tyler machte William

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