Die Plantage: Roman (German Edition)
mäßigte er sich. »Nachdem Lorimer sich ergeben hatte, erkannte ich in ihm unseren Loyalisten-Major. Ich nahm seinen Säbel entgegen und gab ihm zu verstehen, dass ich ihn als Verräter und Spion vor ein britisches Militärgericht brächte oder ihn den Continentals übergäbe, mit einer Erklärung über seinen Dienst in der königlichen Armee. In beiden Fällen hätte er am Galgen geendet. Die Vorstellung, als Verräter schmachvoll gehenkt zu werden, muss für ihn unerträglich gewesen sein. Vielleicht hoffte er, noch entkommen zu können, jedenfalls zog er seine Pistole. Nur war er nicht schnell genug, ich habe ihn erschossen.« Er ließ Antonia nicht aus den Augen, während er weitersprach: »Bei unserer ersten Begegnung in Silk Hope hatte er mir von Legacy erzählt, also kam ich mit meinen Männern hierher. Man hatte dich bereits gewarnt und in Sicherheit gebracht. Sonst wären wir uns früher begegnet.«
Die Wahrheit verletzte sie und tat weh. Sie wollte nicht, dass William jener Colonel Spencer war, den sie den Schlächter nannten, der Henry getötet und ihre Plantage hatte verwüsten lassen. Heute auf dem Ball war er ihr so nahe gewesen! Sie suchte seinen Blick, doch das Feuer war heruntergebrannt, sie konnte seine Züge kaum noch erkennen. Alles war dunkel, überschattet von einem Tabu, das gebrochen wurde, als sie sich in den einzigen Mann verliebte, den sie nie lieben durfte. Dafür gab sie ihm die Schuld.
»Warum hast du mich getäuscht, William?«
»Das habe ich nicht getan.«
»Du bist nicht William Marshall!«
»Ich bin William Marshall Spencer, du hast die InitialenW.M.S. in meiner Uniform gesehen, hast du dir nie Gedanken darüber gemacht? Mag sein, dass ich geschwiegen habe, wenn ich besser geredet hätte. Aber die Wahrheit lag offen vor deinen Augen. Du wolltest sie nicht sehen!«
»Und wenn es so wäre? War es nicht gut so, wie es war? Sieh doch, was die Wahrheit aus uns macht! Du hast mich so lange im Ungewissen gehalten, warum hast du es nicht dabei belassen?« Sie weinte und bedeckte mit den Händen ihr Gesicht, sein Anblick schmerzte sie zu sehr. Auf bloßen Füßen lief sie hinaus.
Der Winter war mit feuchter Kälte hereingebrochen. Schwere Regenfälle überzogen in dichter Folge das Land. Die Uferwege versanken im Morast, Dunstschwaden benetzten Kleider und Stiefel auf dem langen Ritt zu den Reisfeldern. William hätte nie gedacht, dass es in South Carolina so kalt sein konnte. Das Haus wurde trotz der vielen Kaminfeuer nicht mehr warm. Doch eine andere Kälte machte ihm mehr zu schaffen. Seit der Nacht nach dem Ball hielt Antonia sich von ihm fern. Ihr Schweigen trieb ihn trotz Wind und Wetter aus dem Haus. Tagsüber beaufsichtigte er die Arbeiten an der Schleuse, und wenn er am Abend todmüde und vom Regen durchnässt zurückkehrte, zog er sich in die Verwalterwohnung zurück und saß nächtelang über den Büchern und der Korrespondenz.
Die Instandsetzung der Felder kam nur langsam voran. Das schlechte Wetter machte den Aushub und die Befestigung der Reisbänke zu einer mühevollen Plackerei, vor allem fehlte es an Arbeitskräften. William nahm immer häufiger die schwere körperliche Arbeit in den Bewässerungsgräben auf sich, Seite an Seite mit den Arbeitern. Er belastete sich über die Schmerzgrenze hinaus. Es war ihm nur recht, denn es lenkte ihn ab und betäubte die Sehnsucht nach Antonia. Aber es machte die langwierige Heilung seines Beins zunichte.
Joshua bemerkte die Verschlechterung, und da er sich langeum Williams Genesung gekümmert hatte, war es ihm nicht gleichgültig. Zwar wurde zwischen ihnen die Zeit seines Krankenlagers nie angesprochen, doch sie hatte ihr Verhältnis geprägt, und Joshua hatte daher die undankbare Aufgabe, William bisweilen ins Gewissen zu reden.
Als sie eines Abends lange im Büro gearbeitet hatten und zum Abschluss zusammen ein Glas Brandy tranken, sagte er: »Sir, es wäre jammerschade, wenn Sie sich in den Gräben Ihre Gesundheit ruinieren. Ich meine, nachdem wir uns so viel Mühe gegeben haben, sollten Sie wirklich vorsichtiger sein.«
»Jeder muss mitarbeiten, sonst können wir es nie schaffen.«
William nahm sich noch einen Brandy, worauf Joshua bemerkte: »Der wird Ihnen auch nicht helfen, wenn Sie irgendwann nicht mehr laufen können.«
»Mr. Robert! Ich habe Sie nicht um Ihre Meinung gebeten!«
»Sir, ich sehe doch, dass Sie ohne Ihren Stock praktisch nicht mehr gehen können. Also halten Sie sich zurück. So oder so können wir
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