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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Heilkunst respektiert. Auf ihren Wanderungen durch die High Hills rief man sie einmal zu einem Haus, wo ein Mädchen in schwerem Fieber lag. Es war das Mündel des Kongressabgeordneten Julien Longuinius. Vier Federn pflegte die kleine Adela gesund. Durch den eigenen Verlust von Heimat und Familie fühlte sie sich der Waisen verbunden und besuchte sie von Zeit zu Zeit auf Serenity Heights. Wenn sie sich ihre Geschichten erzählten, fühlten beide sich weniger einsam.
    Adela war vierzehn, als sie mit Robert Bell, einem Witwer mit zwei kleinen Töchtern, verheiratet wurde. Selbst noch ein halbes Kind, sollte sie den Mädchen die Mutter ersetzen. Als Waise hatte sie gelernt, dankbar zu sein, und fand sich in das gesetzte Leben an der Seite eines Mannes, der ihr Vater hätte sein können. Doch wann immer sie konnte, floh sie ins Kinderzimmer zu den Mädchen. Nach kaum einem Jahr wurde nach Vier Federn geschickt, sie sollte Adela bei der Niederkunft beistehen. Das Kind kam nach vierzehn Stunden zur Welt, ein Mädchen, Adela nannte es nach ihrer deutschen Großmutter Antonia. Wenige Tage später starb Adela im Kindbett. VierFedern bezog die Kate am Snakewater Creek, um aus der Entfernung über die kleine Antonia zu wachen, wie sie es Adela versprochen hatte. Die Zeit ihrer Wanderungen war vorüber.
    Als Vier Federn zurückkehrte, musste Antonia sich gedulden, bis die Indianerin die nassen Fellstiefel ausgezogen, Tee gekocht und sich mit ihrer Tasse im Schaukelstuhl niedergelassen hatte.
    »Warum hast du mir nicht gesagt, wer er ist?«, fragte Antonia endlich.
    »Was hätte es geändert? Erinnere dich, wie du ihn halbtot in den Ställen gefunden hast. Hättest du ihn sterben lassen, wenn ich dir gesagt hätte, wer er ist?«
    »Aber er hat meinen Mann getötet!«, rief Antonia unter Tränen. »Er hat diesen furchtbaren Krieg bis in mein Haus gebracht. Von allen, die in unserem Land kämpften, war er mein schlimmster Feind!«
    »Das ist wahr.« Vier Federn ließ den Stuhl ausschwingen. Es war an der Zeit, Antonia zu erklären, dass nur geschehen war, was geschehen musste: Dass William Spencer zu ihr gekommen war, weil Henry nicht zurückkommen konnte.
    »An dem Tag, als Henry starb, war er hier in meiner Kate. Ich sah den Tod in seinen Augen.«
    Antonia blickte überrascht auf. »Wieso kam er zu dir?«
    »Er wollte, dass ich dich warne. Henry war mit der Miliz auf der Flucht vor Spencer und seinen Dragoons. Er sagte, auch du und die Angehörigen seiner Leute wären in großer Gefahr. Ich sollte dafür sorgen, dass ihr euch vor den Reitertruppen in Sicherheit bringt. Als er weiterwollte, hatten die Dragoons die Lichtung schon erreicht. Sie griffen an und töteten Henrys Leute. Bevor alle sterben mussten, ergab er sich, und die Soldaten nahmen seine Männer gefangen. William Spencer, der englische Kommandeur, traf Henry vor meiner Kate. Er wusste, dass Henry zuvor auf englischer Seite gekämpft hatte. Ich hörte, wie er ihm drohte, ihn als Überläufer vors Kriegsgericht zu bringen.«
    Antonia nickte schwach. »William hat mir alles erzählt.«
    »Henry wusste, sein Leben war verwirkt. Doch nach dem Prozess wäre sein Doppelspiel in aller Munde gewesen. Ich denke, er wollte verhindern, dass die Schande seines Verrats ans Licht kam, und sah nur einen Ausweg: Er musste sterben, bevor man ihn verurteilte. Darum griff er nach der Pistole. Es war klar, dass Spencer ihn im selben Moment erschießen würde.«
    Antonia sah aus dem Fenster. Dort auf der Lichtung, nur wenige Schritte entfernt, war Henry von William getötet worden.
    »Ich erinnere mich an das helle Licht an jenem Wintertag«, sagte Vier Federn nachdenklich. »Die Sonne schien durch den Nebel wie durch trübes Eis. Es war ein Tag voller Kälte und Kraft, ein guter Tag. Als William Spencer und Henry Lorimer hier zusammentrafen, taten sie, was sie tun mussten. Beide glaubten, das Richtige zu tun. Einer kam zu dir zurück.«
    Es hatte aufgehört, zu regnen. Ein paar Sonnenstrahlen fielen durchs Fenster und malten blasse Lichtflecken auf die Tischplatte. Antonia fuhr mit der Handfläche über das warme, glatte Holz. Hatte sie Williams Leben am Ende gerettet, damit er Henrys Platz einnähme?
    Sie kam spät zurück. Ein aufkommender Wind brachte neue Regenböen, vor denen sie eilig ins Haus flüchtete. In der Eingangshalle legte sie die nasse Jacke ab, schüttelte das Wasser von ihrem Dreispitz und wollte auf ihr Zimmer gehen. Vorm Treppenaufgang verlangsamte sie ihre Schritte,

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