Die Plantage: Roman (German Edition)
seiner Soldaten gesorgt sei.
»Danke, Ma’m, wir haben alles, was wir brauchen. Von Bequemlichkeit kann allerdings nicht die Rede sein. Ein Feldlager um diese Jahreszeit ist mit einigen Entbehrungen verbunden.«
»Das kann ich mir vorstellen. Doch Mr. Marshall hat es angeordnet. Er beurteilt die Frage der Unterbringung aus soldatischer Sicht natürlich anders als ich.«
»Die Auffassung des Colonels, was man Soldaten zumuten kann, kennen wir bereits zur Genüge!«
Eine so schroffe Erwiderung hatte sie nicht erwartet. »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte sie betroffen. »Soweit ich weiß, erfolgt die Einteilung Ihrer Leute nur nach Rücksprache, Sergeant.«
»Das ist korrekt. Ich habe die Arbeitspläne abgesegnet, und meine Männer haben ihr Pensum stets erfüllt. Doch ich bezweifle, dass der Colonel eine rechte Vorstellung davon hat, was es heißt, täglich zehn Stunden in kaltem Wasser Gräben auszuheben und Dämme aufzuschütten. Ihre Niggersklaven sollten diese Arbeit machen, die sind es gewohnt.«
»Die Schwarzen hier sind keine Sklaven, Mr. Gallagher, wann geht das endlich in Ihren irischen Dickschädel!«, rief sie ungehalten. »Meine Leute leisten die gleiche Arbeit wie Ihre Soldaten, nur mit dem Unterschied, dass die Soldaten Sold bekommen, während die Schwarzen auf Legacy umsonst arbeiten.Und wissen Sie, warum sie das tun? Um nicht den einzigen Ort zu verlieren, wo sie als freie Menschen leben können.«
Gallagher wollte etwas sagen, aber sie war noch nicht fertig.
»Bis Major-General Carlyle uns Unterstützung schickte, hat Mr. Marshall an den Bewässerungsgräben mitgearbeitet. Das ist der Grund, warum sein Bein ein halbes Jahr nach der Verwundung noch nicht geheilt ist.« Sie nickte kühl. »Aber Sie kennen ja seine Auffassung, was man Soldaten zumuten kann.«
Sie ließ ihn stehen, ging ins Haus und schloss hörbar hinter sich die Tür. Allein in der Halle, atmete sie tief durch. Der Wortwechsel hatte sie ihre letzte Kraft gekostet, sie wollte sich nur noch hinlegen und schlafen. Langsam stieg sie die Treppe hinauf.
»Warte, Antonia, ich muss mit dir reden«, hörte sie William vom Fuß der Treppe rufen. Sie drehte sich um und musste sich aufs Geländer stützen. Die Augen fielen ihr fast zu. Noch nie war sie so müde gewesen.
»Was ist denn, kommst du jetzt?«, fragte er ungeduldig.
Eine Hand am Geländer, ging sie wieder hinunter. Er küsste flüchtig ihre Wange und führte sie in sein Arbeitszimmer.
»Setz dich!«
Sie sank in einen Ledersessel, er machte es sich in dem anderen Sessel bequem.
»Dein Mr. Tyler hat mir geschrieben«, sagte er aufgeräumt. »Der Bursche ist schlauer, als ich dachte!«
»Er ist nicht mein Mr. Tyler«, wandte sie ein.
Aber er sprach schon weiter. »Er schlägt vor, unsere erste Ernte pro forma über das Börsenkontor von Ashley & Bolton zu verkaufen. Das heißt, wir würden unsere Ware nicht im offiziellen Handel, sondern privat an die Bank verkaufen, die dann ihrerseits damit an die Börse ginge. Auf dem Papier sieht es etwas komplizierter aus, im Prinzip gelangt die Ware durch verschiedene Hände an die Börse. Damit das Ganze plausibelwird, müssen zwischen dem Vertragsschluss und dem Warenverkauf an der Börse mindestens sechzig Tage verstreichen. Tyler hat in der Börsenzulassung von Ashley & Bolton eine Klausel gefunden, wonach eine Bank Sonderfristen bei Kommissionsverkäufen geltend machen kann, wenn der Anteil der Fremdware mindestens fünfundvierzig Prozent beträgt … Na ja, genau genommen ist es eine Umgehung, aber das ist Tylers Sache. Für uns ist nur entscheidend, dass über die Charles Towner Börse ein bestimmtes Geschäftsvolumen für Legacy abgewickelt wird. Danach würde die Plantage wieder an allen Handelsplätzen zugelassen. Wie findest du das?«
Ohne ihre Antwort abzuwarten, holte er vom Schreibtisch eine Mappe und fuhr fort: »Natürlich kassiert Tyler eine Provision, doch das soll uns nicht wehtun. Hauptsache, wir sind wieder im Geschäft.« Er entnahm der Mappe ein Dokument. »Lies es dir durch. Bis auf die Quote der Gewinnbeteiligung ist der Auftrag komplett, du musst nur noch unterzeichnen.«
Sie begann zu lesen, war aber kaum imstande, den Wortlaut der einzelnen Paragraphen aufzunehmen. Betäubende Müdigkeit hatte sie erfasst, und das am hellen Nachmittag! Was war nur mit ihr los? Sie reichte William die Papiere zurück. »Du bist für diese Dinge zuständig, Will, du hast alle Vollmachten. Warum muss ich mich darum
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