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Die Plantage: Roman (German Edition)

Die Plantage: Roman (German Edition)

Titel: Die Plantage: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Tarley
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Sie es als Erster erfahren: Sobald ich einen fähigen Verwalter gefunden habe, der meine Arbeit fortführt, werde ich Legacy verlassen.«
    »Sie wollen von hier fortgehen?«
    »So ist es. Ich muss persönliche Angelegenheiten regeln. Ich erwäge auch, meine militärische Karriere weiterzuverfolgen.«
    Tyler war einen Moment sprachlos. Nie hätte er damit gerechnet, dass Marshall ihm das Feld kampflos überließ. Auf einmal fühlte er große Erleichterung, ja, er empfand sogar Sympathie für den anderen. »Marshall, es täte mir leid, falls es je zwischen uns zu Missverständnissen …«
    »Es waren keine Missverständnisse, Tyler, machen wir uns nichts vor: Sie und ich hatten dieselben Absichten. Hätte ich bei Mrs. Lorimer erreicht, was ich wollte, dürften Sie nicht einmal wagen, an sie zu denken!« Sofort bereute er seine schroffen Worte. »Verzeihen Sie, Tyler. Vergessen Sie, was ich zuletzt sagte.«
    Tyler nickte und öffnete das Tor. »Kommen Sie, es ist spät.«

18.
    »Er soll warten!«
    Lydia scheuchte den Diener hinaus mit dem Bescheid, Mr. Marshall möge im Empfangszimmer Platz nehmen. Dann klatschte sie in die Hände, das Zeichen für die Zofe.
    Was fiel dem Mann ein, sie unangekündigt zu besuchen, noch dazu zu einer Tageszeit, zu der sie nicht einmal ihre beste Freundin empfing? Normalerweise verwandte Lydia Bell vielZeit und Konzentration darauf, ihrem Ruf als Verkörperung von Jugend und Schönheit gerecht zu werden. Nun war die Zeit knapp, und sie hasste es zu improvisieren. Die Zofe musste ihr rasch Wangen, Schultern und Dekolleté pudern und ausgewählte Partien des Gesichts mit Rouge betonen. Sie verzichtete auf Schönheitspflästerchen, ließ sich auch das Haar nicht hoch aufstecken. Ausnahmsweise durften die blonden Locken ganz natürlich um ihre Schultern fallen. Sie wählte ein lindgrünes Tageskleid aus Crepeline mit dunkelgrünem Kordelbesatz. Die enge Taille war gar nicht bequem, aber für einen kurzen Empfang würde es gehen. Im Salon stellte sie sich gegen das vom Fenster einfallende Licht und ließ bitten.
    William wartete verärgert im Antichambre. Nur Antonia zuliebe war er hierhergekommen. Doch ihre überspannte Schwester behandelte ihn wie einen der Müßiggänger aus dem Kreise ihrer Verehrer. Als hätte er nichts Besseres zu tun!
    In aller Frühe war er zum Hafen gegangen und hatte bei der Agentur der Norrington Steele eine Schiffspassage nach England gekauft. In seiner Brieftasche befand sich der Passagierschein für die Überfahrt von Charles Town über New York nach London. Die Independence sollte am vierten April in See stechen, schon in zwei Wochen.
    Er sah hinunter auf den Hof, wo Joshua die Pferde vor den Wagen spannte. In England hielt man ihn wahrscheinlich für tot, gefallen in South Carolina. Ob ihn jemand vermisste? Sein Bruder Thomas vielleicht, sonst wartete niemand auf ihn. Und seine geliebte Percy? Unter Tränen hatte sie geschworen, auf ihn zu warten. Im Winterlager ’78 in New York hatte er erfahren, dass sie ihn wegen seines besten Freundes verlassen hatte. Außer sich vor Wut und Enttäuschung war er in den Krieg gezogen.
    Er fragte sich, wie die anderen Offiziere seines Regiments, Linton, Everett, Rawdon, seine Rückkehr aufnehmen würden.Was sollte er ihnen erzählen? Was sollte er vor allem Lord Cornwallis berichten? Sein General würde eine Erklärung verlangen, warum er sich nicht beizeiten zurückgemeldet hatte. Doch das Schwerste stand ihm hier bevor, wenn er Antonia sagen würde, dass er sie verließ. Er machte sich keine Vorwürfe mehr, das hatte er hinter sich. Die Abreise war beschlossen, aber die Gründe, warum er fortgehen musste, konnte er ihr nicht nennen.
    »Mr. Marshall?«
    Er folgte dem Diener in einen intimen Salon, wo Lydia ihn in huldvoller Pose erwartete.
    »Welche Überraschung! Ich wüsste nicht, dass ich je zu so früher Stunde Besuch empfangen durfte!«
    »Anscheinend komme ich ungelegen, Madam«, meinte er nach einer knappen Verneigung.
    Sie lächelte katzenhaft. »Dafür habe ich Sie warten lassen. Nun sind wir quitt!« Sie ließ sich auf einem chintzbezogenen Sofa nieder und winkte ihn heran, in dem Sessel neben ihr Platz zu nehmen.
    »Miss Bell, ich wollte die Stadt nicht verlassen, ohne Ihnen meine Aufwartung gemacht zu haben«, sagte er galant. »Gestatten Sie mir die Bemerkung, dass Sie seit dem Ball noch schöner geworden sind, falls das überhaupt möglich ist!«
    »Wenn Sie schon Komplimente machen, sollten Sie weniger

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