Die Plantage: Roman (German Edition)
Ihre Rechnung nicht aufgeht? Frauen sind so schwach! Wenn ich es will, wird Mrs. Lorimer mich heiraten. Dann übernehme ich den Besitz. Und wenn Sie auf Legacy bleiben wollen, Mr. Robert, müssen Sie mir zu Diensten sein und Tag für Tag meine Befehle befolgen.« Joshuas Wut war unheilvoll spürbar. Trotzdem ging William noch weiter. »Ich gebe zu, es ist nicht fair. Aber das Leben ist nun mal nicht fair. Wer wüsste das besser als Sie?«
Als Antwort packte ihn Joshua bei den Rockaufschlägen und zog ihn halb aus der Kutsche.
»He, Mann, sachte!«, stieß William hervor.
Joshua atmete tief durch, dann stieß er ihn zurück in den Sitz und wandte sich ab. William spürte, wie sein Herz Adrenalin pumpte. Zur Beruhigung strich er seinen Rock glatt. Dabei behielt er Joshua im Auge, der zum Wagen zurückkam und ihn aufgebracht anfuhr: »Herrgott, Spencer, warum tun Sie das?«
»Ich wollte wissen, ob Sie der Mann sind, für den ich Sie halte.«
»Wozu? Was wollen Sie von mir?«
Ein eindrucksvoller Mann, dieser schwarze Sohn von Robert Bell, dachte William. Nach allem, was er über Antonias Vater gehört hatte, schien Joshua dessen Format geerbt zu haben. Er war aufrichtig, unbestechlich, stolz.
»Hören Sie zu, Mr. Robert. Ich werde nach England zurückkehren. Ich weiß, Sie würden für Antonia durchs Feuer gehen. Deshalb möchte ich, dass Sie an meiner Stelle der Verwalter von Legacy werden.«
Joshua sah ihn ausdruckslos an. »Wieso jetzt? Wieso sind Sie nicht vor Monaten gegangen, als es für alle das Beste gewesen wäre? Jetzt ist es anders, nachdem Sie für alles die Verantwortung übernommen haben. Wie soll es weitergehen, wenn Sie fort sind?«
»Sie, Mr. Robert, werden dafür sorgen, dass es weitergeht. Sie setzen die Plantage instand, und im Frühjahr können Sie wieder produzieren. Sie brauchen mich nicht mehr.«
»Was meint Mrs. Lorimer dazu?«
»Sie wird mir sicher zustimmen, dass Sie die Plantage am besten verwalten können.«
»Sie haben ihr nicht gesagt, dass Sie weggehen, richtig?«
»Ich hatte noch keine Gelegenheit.«
»Was sind Sie für ein gefühlloser Mensch, Mr. Spencer!« Joshua sah kopfschüttelnd auf ihn herab. »Ich kann nicht glauben, dass Sie ihr das antun wollen. Sie leben mit ihr zusammen wie Mann und Frau, und dann stehen Sie auf und gehen, weil es Ihnen zu viel wird.«
»Ich denke nicht, dass Sie das beurteilen können.«
Doch es stimmte, William hatte von Anfang an gewusst, dass er Antonia verlassen würde. Er hatte der Versuchung nicht widerstehen können, hatte ihre Zuneigung und ihre Liebe benutzt, um sein Selbstgefühl zu nähren und den Körper zu befriedigen. Jetzt aber hielt er es nicht mehr aus. Er wollte nicht darüber nachdenken. Es war verstörend genug, dass jede tiefere Empfindung für Antonia einen Nachhall von Schmerz und Demütigung in ihm hervorrief. Er musste sie verlassen, sonst würde er immer wieder zurückgeworfen auf jenes Unaussprechliche, das ihm geschehen war und nie mehr ungeschehen sein würde; das ihn körperlich und seelisch für immer gezeichnet hatte. Auch jetzt überfiel ihn die Erinnerung daran wie ein physischer Schmerz, er krümmte sich, keuchte. Es geht vorüber, dachte er.
Es ging vorüber. Er fuhr sich übers Gesicht, räusperte sich. »Mr. Robert?«
Joshua stand vorn beim Gespann, er blickte einem Segler auf dem Cooper River nach.
»Sie haben mir noch nicht geantwortet, Mr. Robert.«
Joshua wandte sich um. »Sir?«
»Übernehmen Sie den Job?«
»Ich, ein freigelassener Sklave, als Verwalter! Wie stellen Sie sich das vor?«
»Lassen Sie das meine Sorge sein.«
Joshua stieg auf den Kutschbock, nahm die Zügel und ließ die Pferde anziehen.
»Ich mache Sie zum Verwalter von Legacy«, sagte William, »und wenn es das Letzte ist, was ich hier tue.«
Die Sykomoren standen unbeweglich vor dem farblosen Himmel. Langsam stieg die Sonne hinter den Wirtschaftsgebäuden auf. Ihre blasse Scheibe schien sich auf dem Dachfirst auszuruhen, bevor sie den Aufstieg in den Himmel begann.
Es war noch früh. Aus dem Ankleidezimmer nebenan kamen leise Geräusche, Néné ordnete die Garderobe seines Herrn. Antonia wollte nicht aufstehen, am liebsten wäre sie den ganzen Tag in dem großen Mahagonibett geblieben. Ihre Haut fühlte sich kühl an, auch die Mattheit schien ein deutliches Zeichen, dass sie krank würde. Schließlich überwand sie ihre Lethargie, schlurfte in Williams Morgenmantel durch die kalte Halle und erklomm die Treppe, die wie ein
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