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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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ihn zu fragen, von wem diese Briefe kämen. Er hatte nur gelacht und gesagt, sie kämen von einer ziemlich blaustrümpfigen Chemieprofessorin an der Universität von South Saskatchewan. Sie sei eine typisch yankeehafte Dame mit breiten Schultern wie ein Mann und einer Stimme wie ein Moschusochse in der Brunst. Anne hatte gelächelt und es hingenommen. Sie wollte nicht auf Briefe eifersüchtig sein, und Kramer führte eine weitläufige Korrespondenz mit der ganzen Welt.
    Schließlich kamen die Briefe aus verschiedenen europäischen Hauptstädten – und an diesem Morgen, mit der zweiten Post, nachdem Kramer gegangen war, war dieser Brief gekommen, den sie in der Hand hielt. Er war in Cambridge abgestempelt.
    Dann hatte sie ihn – mit einem Schuldgefühl wie Judas – in die Küche getragen, sorgsam über Dampf den Umschlag geöffnet und ihn dann auf den Tisch gelegt, um ihn zu lesen.
    Aber sie saß da und starrte den Brief nur an, stand immer wieder auf, ging im Zimmer auf und ab, ihr Schuldgefühl war zu stark. Schließlich hatte sie den Brief mit ins Schlafzimmer genommen und ihn unters Kopfkissen gelegt. Wenn Kramer nicht bis zwölf Uhr zu Hause war, hatte sie sich vorgenommen, dann würde sie ihn lesen. Um zwölf Uhr hatte sie die Frist bis ein Uhr verlängert, und dann war das Ultimatum noch einmal aufgeschoben worden. Nun war es zwei, und der Brief war noch immer ungelesen.
    Aus dem Wohnzimmer drang ein leises Geräusch herauf; sie richtete sich im Bett auf und verrenkte sich dabei ein wenig die Schulter. Sie lauschte gespannt in den dunklen Raum hinein, aber das Geräusch kehrte nicht wieder.
    Die Kramers hatten einen großen, dicken Kater namens Archimedes, der sich immer noch für ein schlankes, junges Kätzchen hielt und sich einen Weg durch Zwischenräume bahnte, die seiner mittelalterlichen Figur längst nicht mehr ausreichend Platz boten.
    Wahrscheinlich war es Archimedes.
    Sie lehnte sich wieder in ihrem Bett zurück, ihre Schulter schmerzte unerträglich. Plötzlich begann sie in einem Anfall von Selbstmitleid hemmungslos zu weinen. Sie fühlte sich allein und verlassen in dem riesigen Bett und der großen, leeren Wohnung.
    Zorn überwog plötzlich das Selbstmitleid. Sie beugte sich vor und schaltete das Licht ein, zog den Briefumschlag hervor und öffnete ihn.
    Es war ein langer Brief in einer kleinen, weiblichen, beinahe verkrampft wirkenden Handschrift. Mitten im Lesen sprang sie aus dem Bett, lief ins Nebenzimmer und goß sich einen Drink ein und nahm das Glas mit ans Bett, bevor sie weiter las.
    Es war mehr als ein Liebesbrief. Stellenweise herrschte sogar ein fast häuslich vertrauter Ton. Kein Zweifel, zwischen den beiden mußte eine sehr weitgehende geistige Intimität herrschen. Der Brief steckte voller kleiner Scherze und Anspielungen auf verschiedene Aspekte der Wissenschaft, auf Persönlichkeiten des wissenschaftlichen Lebens. Sharon, das war der Name, der unter dem Brief stand, befand sich offenbar auf einer ausgedehnten Reise durch Europa, die vom kanadischen Forschungsrat finanziert wurde, und zog viel Gewinn aus dieser Reise.
    Sie war außerdem, das war nicht abzustreiten – und hier empfand Anne doch einen Stich der Eifersucht, über den sie fast ihre verletzte Schulter vergaß – überaus geistreich und gebildet.
    Als sie die letzten Zeilen gelesen hatte, klingelte das Telefon, und Anne sprang auf. Sie faltete erschrocken den Brief zusammen und legte ihn wieder unter ihr Kissen, bevor sie den Hörer aufnahm.
    Es war Kramer.
    »Hör zu, Liebstes, es tut mir wahnsinnig leid, daß ich heute abend nicht zu Hause bin.«
    Am anderen Ende des Drahts war eisiges Schweigen.
    »Bist du noch da?«
    Annes Stimme klang dünn und gepreßt. »Ja.«
    »Hast du im Warenhaus was entdeckt?«
    Kramer wartete gar nicht erst auf eine Antwort. »Nein, Liebstes, du mußt ja müde sein. Ich nehme an, ich habe dich aufgeweckt. Ich bin in Eile. Drei Uhr in der Nacht ist nicht die richtige Zeit für wissenschaftliche Berichte.« Sein Tonfall war geheuchelt scherzhaft, das war nicht der Mann, den sie kannte. »Ich fürchte, ich hänge hier fest. Wir sind gerade mit unserer Konferenz fertig geworden. Aber ich schaffe es doch wohl heute abend nicht mehr, nach Hause zu kommen. Ich sehe dich morgen. Ist alles in Ordnung, Liebstes?«
    Schließlich wagte sie die Frage: »Wo bist du?«
    »Hab’ ich dir das nicht gesagt?« sagte er. »Ich bin in Cambridge. Aber jetzt werde ich dich nicht mehr wachhalten. Gute Nacht,

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