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Die Plastikfresser

Die Plastikfresser

Titel: Die Plastikfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kit Pedler und Gerry Davis
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hinweg, die sich um ihn versammelt hatten.
    »Alle Anwohner werden hiermit angewiesen, sich in ihre Wohnungen zu begeben und dort zu verbleiben. Personen, die hier nicht wohnhaft sind, werden aufgefordert, sich so schnell wie möglich zu einer der auf den Flugblättern angegebenen Einsatzstellen zu begeben, wo sie die Erlaubnis zum Verlassen des Stadtzentrums erhalten. Flugblätter mit Planskizzen, aus denen die Standorte der Einsatzstellen zu ersehen sind, werden hier ausgegeben und sind außerdem bei jedem Polizeibeamten erhältlich. Es ist mit Wartezeiten bei der Abfertigung zu rechnen; um Härtefälle zu vermeiden, ist auch eine Liste von Hotels erhältlich, in denen provisorische Unterkunftsmöglichkeiten bestehen. Dort erfolgt auch eine kostenlose Essensausgabe …«
    Eine alte Frau, in einen schäbigen Wollmantel gehüllt, murrte verdrossen, als sie die schlecht gedruckte Karte betrachtete, die ihr von einem Polizeibeamten in die Hand gedrückt worden war. »Nun frage ich Sie, wie soll ich denn die ganze Strecke laufen, ich habe offene Beine, ich komme keine hundert Meter weit!«
    Der Polizist, ein großer Mann mit einem freundlichen Bauerngesicht, sah auf sie hinunter und grinste: »Macht nichts, Oma, dann nehme ich Sie Huckepack.«
    Die Alte sah ihn prüfend an, dann kicherte sie schnaufend: »Dagegen hätte ich nicht mal was …«
    Zwei wohlgekleidete Geschäftsleute, die den Lautsprecherdurchsagen zugehört hatten, sahen sich an.
    »Darauf trinken wir erst mal einen Brandy oder zwei, finden Sie nicht?« sagte der eine.
    »Im Saville?«
    »Einverstanden!«
    Entschlossen machten sie kehrt und gingen die Straße hinunter.
    Polizisten bewegten sich durch die Menge und verteilten Planskizzen und Notstandsanordnungen. Dann wurde das Pfeifen des Windes, der vom Nordende der Straße herunterwehte, von einem dumpfen Grollen übertönt.
    Eine lange schwarze Kolonne von Armeelastwagen bog um die Ecke am Portland Square in den Portland Place ein. Sie hob sich hart von dem Hintergrund des Schnees ab. Die begleitenden Motorräder brummten neben der Marschkolonne her wie wachsame Insekten. Am Langham Place kamen die Fahrzeuge zum Stehen, Ladeklappen rasselten herunter, Soldaten sprangen ab und entluden Spanische Reiter und Stacheldrahtrollen. Aus einem Mannschaftswagen sprangen Militärpolizisten auf die Straße, die über die Westseite der Straße ausschwärmten und den Verkehr abriegelten. Die Autofahrer wurden angewiesen, zu wenden und wieder zurückzufahren. Es kam zu erregten Wortwechseln, da die entrüsteten Verkehrsteilnehmer den Ernst der Lage nicht anerkennen und sich von Soldaten keine Befehle erteilen lassen wollten. Die Mannschaften bemühten sich in fieberhafter Eile, auf kreuzförmigen Stützbalken Barrieren zu errichten. Schließlich waren alle Ausfallstraßen abgesperrt.
     
    * * *
     
    Im Süden des Stadtzentrums bildete der Fluß eine natürliche Barriere; hier mußte nur die Waterloo-Brücke gesperrt werden. Lediglich an der Festival Hall, die wie ein Ei im Nest am Südufer liegt, waren zwei Schützenpanzer quer über die Straße aufgestellt worden. Zwischen ihnen stand ein Polizei-Jeep, zwei Verkehrspolizisten errichteten Warnanlagen, Straßensperren und stellten Schilder auf, die die Durchfahrt verboten. Im Norden kam es zum Streit mit erbosten Fußgängern, die die Hungerford-Brücke – eine Fußgängerbrücke – überqueren wollten und auf der langen steinernen Treppe, die von der Villiers Street heranführt, zurückgewiesen wurden.
    Nach und nach wurde der ausgedehnte Komplex von Straßen, Plätzen und Geschäften durch Soldaten und Polizisten und ihren Sperren und Gerätschaften abgeriegelt, wurde zum Getto. Auch an der Euston Road und der Southampton Row wurden die Zufahrtswege gesperrt. Autofahrer, die noch versuchten, aus dem Sperrbezirk herauszukommen, blieben in Stauungen hängen und verursachten ein Verkehrschaos. Und während die Verkehrsteilnehmer in den Abgasen und dem Lärm warteten, hupten und immer nervöser wurden, kam es zu den ersten tätlichen Auseinandersetzungen. Doch dann resignierten die Autofahrer, begannen allmählich den Ernst der Lage zu begreifen. Die Autos verschwanden, wurden abgestellt, Stille breitete sich im Stadtzentrum aus. Anstelle des gewohnten Verkehrslärms trat allmählich das Geräusch von Schritten; Fußgänger versammelten sich in verschreckten Gruppen und studierten die Planskizzen und die Flugblätter, die von der Polizei ausgegeben wurden, und suchten

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