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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
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Himmel und ein kühler, sanfter Regen fällt auf mein nach oben gewandtes Gesicht.
    Ich verschließe das Tor hinter mir.
    ***
    Mein Werk ist noch nicht beendet. Zuerst muss ich in das Schreckenshaus zurückkehren und die Reste der vergifteten Mahlzeit entsorgen, denn ich möchte nicht, dass ein Vogel oder eine Maus daran pickt. Ich muss ständig um Pratts Leichnam herumgehen. Er ist mausetot. Seine Zunge hängt geschwollen und lila aus dem Mund und seine weit aufgerissenen Augen starren blicklos ins Leere.
    Einen Augenblick überkommt mich Übelkeit. Selbst ein niederträchtiger Mensch wie Pratt ist Gottes Geschöpf, oder etwa nicht? Ich habe seinen Tod nicht gewollt. Es war ein Unfall, den er mit seiner Fresssucht selbst herbeigeführt hat. Aber trotzdem klebt sein Blut an meinen Händen.
    Dann muss ich daran denken, wie schlecht er Weed behandelt hat, und ein tiefer Friede zieht in meinem Herzen ein. Vielleicht ist auch dies eine Art Gerechtigkeit.
    Als Nächstes werde ich ein neuer Mensch. Für meine Haare mische ich feines Henna- und Katampulver, das sich in meinem Vorratsraum befindet, und gebe noch etwas Indigo aus meinem Färbergarten hinzu. Dann bereite ich aus Walnussschalen und Öl eine dunkle Creme zu und eine Lippentönung aus Bienenwachs, Löwenzahnwurzel und Rübensaft.
    Während die Kosmetik ihre Wirkung auf meinem Haar und auf meiner Haut tut, fülle ich meine Börse mit Geld. Ich habe jede Menge davon, ehrlich verdient durch meine Heilkunst. Ich packe ein paar Kleidungsstücke und andere Kleinigkeiten zusammen, die ich brauchen werde. Und ich werde auch einige äußerst wirksame Kräuter aus dem verschlossenen Arzneischrank in meines Vaters Arbeitszimmer mitnehmen, für den Fall, dass ich mich gegen böswillige Menschen wehren muss.
    Ich mache mir nicht die Mühe, an seinem Schlüsselring nach dem richtigen Schlüssel zu suchen, sondern zerschlage das Glas der Vitrinentür mit einem Briefbeschwerer. Dann nehme ich mir, was mir beliebt: Belladonna, Eisenhut, Bilsenkraut, Mondsame und noch einige andere. Ich wickele sie sorgfältig in Papier und verschließe sie mit Schnur.
    Ein Rabe kommt geflogen und lässt sich auf dem Fenstersims nieder.
    Gepriesen seiest du, Oleander, Prinz der Gifte
, denke ich,
gepriesen für alles, was du Mr Pratt beschert hast und was du meinem Vater noch immer bescherst, jetzt, in diesem Augenblick, während das Gift sich wie Dornen in seine Eingeweide bohrt, sein Gehirn zum Kochen bringt und sich wie ein Mahlstein auf sein Herz legt.
    Ich bin bereit. Ich betrachte mich im Spiegel. Ich bin ich selbst und doch nicht ich selbst. Vater behauptete immer, ich würde meiner Mutter ähnlich sehen. Jetzt nicht mehr.
    Auf dem Weg hinaus halte ich kurz inne, um mich stumm von meinem Gemüsegarten zu verabschieden, von meinen Küchenkräutern und meinen Heilpflanzen, meinen Tees und meinen Färberpflanzen. Sie haben mir so viele Jahre treu gedient. Ich bedauere es, dass sie nun nicht mehr gehegt und gepflegt werden und schon bald überwuchert sein werden.
    Aber so ist das mit Gärten. Alte Pflanzen verdorren und neue sprießen hervor. Die stärkste Pflanze überlebt auf Kosten der schwächeren. Selbst das ordentlichste Beet verwandelt sich ohne die geübte Hand des Gärtners in kurzer Zeit in einen Dschungel.
    Du lernst schnell, meine Liebe. Ich bin beeindruckt.
    Bring mich zu Weed. Ich bin bereit.
    Weed zieht von Ort zu Ort. Und du musst dasselbe tun. Zuerst einmal musst du fort von hier und deine Spuren verwischen. Es sei denn, du willst, dass dich dein geliebtes Unkraut am Galgen hängen sieht. Aber das ist wohl nicht die Art von Wiedersehen, die du dir erträumst, nicht wahr?
    Ein angstvoller Schauer, gemischt mit Zorn, schüttelt mich. Wer würde mir verübeln, was ich getan habe, wenn meines Vaters Verderbtheit bekannt würde?
    Dein Vater war nicht der einzige Bösewicht auf dieser Welt. Jetzt flieh. Flieh so weit du kannst. Ich werde dir sagen, wenn du in Sicherheit bist.
    Aber du wirst mich zu Weed bringen, irgendwann, nicht wahr?
    Ich halte immer mein Versprechen, Liebes. Das solltest du mittlerweile wissen.

Kapitel 5
    I m Dickicht des Waldes glaubt man, in einer anderen Welt zu sein, aber nach einem dreistündigen Fußmarsch bin ich wieder im Reich der Menschen – dort, wo ich meinen schlimmsten Albtraum erlebt habe, aber auch meine glücklichsten Stunden.
    Während ich die vertrauten Pfade nach Hulne Abbey, Jessamines Heim, gehe, schmecke ich eine merkwürdige Bitterkeit

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