Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
Vom Netzwerk:
Wahrheit, rasch: Wurde Luxton – Thomas Luxton – ebenfalls vergiftet?«
    »Vergiftet, vergiftet, vergiftet!«, trällert die staubtrockene Pflanze voller Schadenfreude. »Er wurde vergiftet, und wie!«
    Sie hatte allen Grund dazu. Aber Jessamine – eine Mörderin?
    Die Blätter rollen sich zusammen und fallen eins nach dem anderen von dem Strauch. »Noch eine letzte Frage, Master Weed, denn die Zeit wird knapp. Der Winter kommt, viel früher als man glaubt …«
    »Sag mir, wo Jessamine Luxton ist.«
    »Die süße Jessamine.« Der Liguster seufzt. »Wir alle vergöttern sie, aber sie gehört Oleander, und niemand sonst darf um sie freien. Er ist so stolz auf das, was sie vollbracht hat! So ein tapferes und fähiges Mädchen! Ein Naturtalent, könnte man sagen.«
    »Wo ist sie?« Ich kann meine Wut kaum noch bezähmen. »Antworte mir, bevor ich dich mitsamt der Wurzel ausreiße und ins Feuer werfe!«
    »Keine weiteren Fragen mehr, Master Weed. Bald schon ist es kalt, so kalt …«
    Rasend vor Zorn greife ich mit beiden Händen durch die Eisenstäbe des Tors und will diesen anmaßenden Strauch in Stücke reißen, als ich etwas höre. Es ist ein dumpfes Stöhnen, menschlich und doch unmenschlich. Der Wind würde so stöhnen, wenn er Schmerzen empfinden könnte.
    »Was für ein Höllenpfuhl von einem Garten das ist«, murmele ich. »Wenn ich jemals wieder hierher zurückkehre, dann nur, um ihn dem Erdboden gleichzumachen.«
    Wieder dieses Stöhnen. Ist es doch der Wind? Aber die Blätter an den Bäumen rühren sich nicht.
    Die Worte des verdorrten Ligusterstrauchs kommen mir wieder in den Sinn. Der Zorn wallt erneut in mir auf. Ich breche die trockenen Stängel kurz über der Erde ab und renne zurück zu Luxtons Todeshaus. Ein letztes Mal.
    Mit Hilfe der trockenen Ligusterstängel entzünde ich ein Feuer im Kamin und setze alles in Brand, was brennen mag. Dann stelle ich mich in einiger Entfernung hin und schaue zu, wie die Flammen sich ausbreiten, bis sie aus den oberen Fenstern lecken und der Geruch nach verkohltem Fleisch in der Luft liegt.
    Man könnte meinen, ich würde Tobias Pratt einen letzten Freundschaftsdienst tun, indem ich den Leichnam meines früheren Vormunds den reinigenden Flammen überantworte und somit den Maden den Spaß verderbe.
    In Wahrheit tue ich den Maden einen Gefallen. Ich möchte nicht, dass sich unschuldige Würmer an von Bosheit durchdrungenem Fleisch laben. Und wenn Jessamine ihre Hände im Spiel hatte, ist es sowieso besser, wenn niemand den Kadaver findet.
    Ich schaue den Flammen zu, die tanzend den Nachthimmel erleuchten. Meine Tage als Ausgestoßener sind vorbei. Ich muss Jessamine finden und sie dem Bösen entreißen, das von ihr Besitz ergriffen hat. Wenn Oleander auf irgendeine Weise Macht über sie erlangt hat, dann steht ihr ein schreckliches Schicksal bevor. Schon jetzt kleben Blut, Gift und Tod an ihren Händen.
    Ich habe nie sonderlich darauf geachtet, wenn Bruder Bartholomew, mein Beschützer aus Kindertagen, mit vor Trunkenheit schwerer Stimme aus der Heiligen Schrift vorlas, aber ich habe genug gehört um zu wissen, dass ein Pfad, auf dem Oleander vorausgeht, nur in die Hölle führen kann.

Kapitel 6
    I ch bin Rowan. Wieder und wieder präge ich mir den Namen ein, spreche ihn im Stillen vor mich hin, im Rhythmus des stetigen Hufgetrappels der Kutschpferde auf der schlammigen Straße.
Rowan. Rowan. Rowan.
    Nicht länger Jessamine. Der Name muss verschwiegen werden, bis ich wieder in Weeds Armen liege und die Welt zu ihrer alten Ordnung zurückgekehrt ist.
    Ich habe den Namen Rowan – Vogelbeere – selbst erwählt, weil ich Blut vergossen habe, Blut so rot wie die Beeren des Strauchs, nach dem ich mich benannt habe. Meine Reisegefährten haben sowohl den Namen als auch mich angenommen, ohne Verdacht zu schöpfen. Die Männer betrachten mich mit neugierigen und abschätzenden Blicken, als ob ich eine Kuh wäre, die man genau begutachten muss, ehe man sie kauft.
    Meine Verkleidung ist besser gelungen, als ich zu hoffen wagte. Henna und Indigo haben mein blondes Haar in eine kastanienbraune Mähne verwandelt, die in der Sonne rötlich schimmert. Die Creme, die ich zubereitet habe, tönt meine bleiche Haut, und meine blutroten Lippen verdanken ihre Pracht dem gefärbten Bienenwachs. Ich sehe älter aus. Erfahrener. Wie eine Frau, mit der zu rechnen ist.
    Nur meine Augen sind unverändert. Sie sind so wie immer, bleich, eisblau in meinem neuerdings gebräunten Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher