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Die Poison Diaries

Die Poison Diaries

Titel: Die Poison Diaries Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maryrose Wood
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und bar jeglichen Gefühls.
    Sie sind unverändert und doch wieder nicht. Denn es sind jetzt die Augen einer Mörderin. Und ich darf sagen, meine Liebe, dass deine Augen noch nie so schön waren.
    In Anwesenheit meiner Mitreisenden darf ich es mir nicht anmerken lassen, wenn der dämonische Prinz mir seine dunklen Gedanken einflüstert. Den wahren Preis für meinen Handel mit dem Giftprinz kenne ich noch nicht. Habe ich meinen klaren Verstand im Tausch für seine Hilfe hergegeben? Meine Seele für seinen Schutz?
    Wenn es so ist, lässt es sich nicht mehr ändern. Für Reue ist es zu spät. Was ich getan habe, ist nicht mehr ungeschehen zu machen. Der Mörder meiner Mutter ist tot. Was spielt es für eine Rolle, dass er mein Vater war? Und Oleander wird sein Versprechen halten und mich zur rechten Zeit zu Weed führen. Daran glaube ich fest. Und das ist die einzige Erlösung, nach der mich verlangt.
    Die Kutsche fährt langsam und die Straße ist holprig. Ich schließe meine Augen und tue so, als ob ich schlafen würde, weil ich nicht will, dass kindische Tränen mein ängstliches Herz verraten. Ich will mich niemandem offenbaren. Ich will weder Freundschaft noch Mitgefühl. Ich bin die Schöpferin meines eigenen Schicksals, so dunkel es auch sein mag, und ich will es gar nicht anders haben.
    Wunderschöne Augen … mörderische Augen …
    Meine Augen … Ich erinnere mich an die Nacht, in der ich Weed dazu angestiftet habe, meine Augen mit dem gefährlichen Saft der Belladonna-Beeren zu beträufeln. Ich war blind vor Leidenschaft. Ihm ging es nicht anders. Wir beide kokettierten mit dem Wahnsinn und gaben uns dem Rausch hin. In Wahrheit kann ich mich an das Meiste kaum noch erinnern. Die Belladonna und der mit Rauschmitteln versetzte Tee, den mein Vater für uns zubereitet hatte, lassen mich die Ereignisse wie durch einen Nebel betrachten.
    Anfangs, in den ersten Wochen nach meiner Krankheit, wollte ich mich mit aller Macht daran erinnern, wollte jede Berührung, jedes Verlangen noch einmal erleben, jeden Liebesschwur und jedes geflüsterte Wort noch einmal hören, und ich bemühte mich so sehr, bis meine Erinnerung und meine Phantasie so gründlich vermischt waren, dass ich nicht mehr wusste, was tatsächlich passiert war und was ich mir nur einbildete.
    Jetzt ist es der Balsam des Vergessens, nach dem ich mich sehne. Ich erkenne allmählich, wie glücklich sich die Pflanzen schätzen können, dass sie sterben und jedes Jahr aufs Neue zurückkehren, mit neuer Hoffnung und ungetrübter Unschuld. Wie süß wäre es, wenn ich meinen Schmerz in der Erde vergraben und noch einmal neu anfangen könnte, wie eine Narzisse im Frühling.
    In meinem Beutel steckt ein Päckchen mit Belladonna-Beeren, zusammen mit etlichen anderen machtvollen und tödlichen Kräutern. Der Gedanke, mich selbst in einem dunklen Rausch des Vergessens zu verlieren, ist verführerisch. Aber ich muss sparsam mit meinen Kräutern umgehen. Wer weiß, wann ich sie brauche.
    ***
    Der Wagen rumpelt über die Straße nach Süden. Wir sind früh aufgebrochen. Es war noch dunkel, als wir unser Gepäck und unsere Habseligkeiten im Licht der Fackeln auf dem Marktplatz von Alnwick aufluden. Allmählich verwandelte sich die kühle, rosige Dämmerung in einen klaren Morgen und der Morgen in einen strahlenden, sonnigen Mittag.
    Es ist ungewöhnlich heiß und das Licht ist merkwürdig klar. Es ist der Tag nach einem Sturm. Nebel steigt von der nassen Erde auf. Gottes Erde am siebten Tag der Schöpfung mag so ausgesehen haben.
    Die anderen Fahrgäste legen wegen der Hitze ihre Umhänge und Mäntel ab. Die klugen von ihnen haben etwas zu essen und einen Vorrat an Wasser eingepackt. Ich habe nichts dergleichen; mich verlangt auch nicht nach Speise. Ich ziehe mir meinen Hut tief in die Stirn und hoffe, dass der Schweiß, der sich unter dem Hutband sammelt, nicht die getönte Creme auf meiner Stirn verschmiert.
    »Ein dreibeiniges Maultier ist schneller als dieses Klappergestell von einem Wagen. Vermutlich werden wir unseren Gasthof erst gegen neun Uhr erreichen – wenn überhaupt. Was würde ich nicht dafür geben, auf dem Rücken eines schneidigen irischen Pferds zu sitzen! Was ist mit Ihnen, Miss? Steigen Sie in Newcastle aus oder geht’s weiter nach Süden?«
    Ich wage nicht, den Hut abzunehmen, aber ich hebe den Kopf, damit ich den Sprecher anschauen kann. »Reden Sie mit mir, Sir?«
    »Aber gewiss. Obwohl Sie natürlich nicht verpflichtet sind, mir zu

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