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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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die breite Fensterwand. Im Garten draußen, im Schnee, scharrte Jonni. Schwarz, wie eine Zeichnung gegen die weiße Landschaft.
    »Er wurde mir als besonders zutraulich und kinderfreundlich geschildert«, hörte ich Doktor Kassels Stimme, »darum habe ich ihn gewählt. Auch weil er der Kleinste war. Wenn man ihn ein tauscht...«
    »Nicht«, unterbrach ich hastig, »er muß hierbleiben. Der Garten, wie früher, ganz ohne Gitter.«
    »Und das Weihnachtsgeschenk? Weißt du davon? Kannst du schweigen? Ist es für dich?«
    »Nein, für Fridolin, einen Jungen aus meiner Klasse. Sein Großvater will ihn damit überraschen. Fridolin wollte Jonni schon einmal hierhergeben. Es wurde abgelehnt.«
    Ich sah in die Halle hinab. Doktor Kassel stand hinter mir.

    »Ich weiß«, kam die ruhige Stimme, »aber ich habe andere Erfahrungen. Die Klinik steht erst seit kurzem unter meiner Leitung.«
    Er schwieg.
    Zwei kleine Mädchen waren an das Fenster zum Garten gehumpelt. Sie klopften und pochten an die Scheiben. Jonni ließ sich nicht stören.
    Ich mußte lächeln.
    »Sie dürfen gleich zu ihm. Willst du noch vorher...?«
    »Nein, es ist gut so.« Jetzt drehte ich mich um und sagte: »Im Zoo gibt es genug Ponys. Und wenn Jonni mich sieht...
    nein, ich will nicht. Ich bin Ihnen so dankbar«, setzte ich hastig hinzu. Mir war so komisch im Magen. Ich mußte unbedingt gehen.
    »Mir?« fragte Doktor Kassel erstaunt.
    Ich ging die Treppe hinab.
    »Daß Sie mich hierhergefahren haben. Daß wir das blöde Drama nicht mehr aufführen brauchen, um Jonni zurückzukaufen. Theaterspielen ist schrecklich anstrengend.«
    »So? Da kann ich nicht mitreden, ich bin nie Schauspieler gewesen.« Er lachte, schüttelte den Kopf und nahm meine Hand. »Wohin soll ich dich bringen, Fräulein Petersilie?«
    »Nirgendwohin, ich wohne hier ganz in der Nähe. Nein, ich verrate nichts vorher! Nochmals vielen Dank.« Ich rannte davon.
    Natürlich, ich würde schweigen. Noch acht Tage bis Weihnachten. Fridolin sollte sich ruhig wundern, warum ich nicht mit ihm nach Duvenstedt fahren wollte. Ich mußte ihn ablenken, ihm etwas vorschwindeln. Es würde mir schon eine Ausrede einfallen.
    Nur meinen Ponys erzählte ich alles.
    »Es ist ja nicht wichtig, ob wir Jonni besuchen können«, sagte ich zu ihnen, abends, als ich im Schlafanzug auf dem Bett hockte. »Die Hauptsache ist der Garten. Ein großer Garten.«
    Hörten sie mich? Das kleine Schwarze mit der dichten Mähne? Nickte es? Seine Augen glänzten.
    »Und zutraulich ist er und kinderfreundlich, das stimmt«, ich warf mich zurück und zog die Bettdecke hoch.
    »Und der Kleinste«, murmelte ich.
    Meine Nase, was war mit meiner Nase los? Warum mußte ich so schnüffeln? Wo war bloß mein Taschentuch? Ewig ist es verschwunden. Ellen hat recht. Tempotaschentücher sind praktischer. Ich nahm den Bettzipfel. Meine Augen tränten. Ich wollte und wollte nicht weinen.
    Aber das schwarze Postkartenpferdchen sagte auf einmal:
    »Natürlich darfst du weinen, Petersilie, das sind doch Freudentränen, oder?«
    Und ich weinte, und dann schlief ich ruhig ein.
     
    Es wurde mein schönstes Weihnachtsfest. Ich bekam sogar drei Fotos von Jonni. Fridolin hatte ihn noch im Apothekergarten geknipst unter den Bäumen. Meine Ponywand sah wunderbar aus.
    Die größte Überraschung aber war ein Päckchen von Ellen. Darin lag ein Heft und ein langer Brief:
     
Lies, dann weißt Du alles, Petersilie. Es sind nur Notizen, ich kann ja keine Geschichte schreiben wie Du. Und Tagebuch und Briefe schreiben, das war mir zuviel. Aber ich hatte es mir nun einmal vorgenommen und wollte nichts verraten. Dein vier Seiten langer Brief hat mich sehr beschämt. Du bist nicht mehr böse? Du weißt doch, wie schreibfaul ich bin. Ich habe oft an Dich gedacht und von Dir gesprochen. Auch mit Alice. Sie läßt Dich sehr grüßen. In dem Tagebuch wirst Du lesen, wie nett sie ist. Aber wir beide, Du und ich, bleiben Freundinnen. Was hattest Du denn gedacht? Und Du? Was hast Du die ganze Zeit gemacht? Was ist mit dem Pony geworden? Hast Du auch ein Tagebuch geschrieben? Schick es mir gleich. Du weißt, wie neugierig ich bin.
     
    »Man braucht nicht nur Aufsätze zu schreiben«, meinte Fridolin, als ich ihm alles zeigte, »erzähl von dem Pony, die ganze Geschichte, von Anfang an. Ich helfe dir, wenn du nicht weiter weißt.«
     
    Auf der Insel im Sommer
Ellen,
hier hast Du die Ponygeschichte, für Dich und Alice. Ich habe es nicht früher geschafft. Die Schule,

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