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Die Ponyapotheke

Die Ponyapotheke

Titel: Die Ponyapotheke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa-Marie Blum
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ist schöner als Kaffeebesuch, hier geblieben«, rief Herr Pilander. Wir mußten uns wieder setzen. Es wurde noch ein gemütlicher Nachmittag. Der berühmte Sänger benahm sich wie ein normaler Vater. Er fragte, lachte und erzählte. Und zum Glück fing er nicht mehr zu singen an.
    Nur daß das Haus und der Garten verschwinden sollten, begriff er nicht.
    Alle Briefe und Berichte des alten Apothekers überzeugten ihn nicht. »Unsinn«, jetzt sang er schon wieder, »bei dieser Akuustik, Aaakuuustik üüüberalll!«
    Er hatte wirklich eine sehr schöne Stimme. Aber im Opernhaus, entfernt auf der Bühne, war sie bestimmt leichter zu ertragen. So wehte es einen fast um.
    Fredegunde erglühte vor Verehrung. Und als die Arie von der Akustik beendet war, hauchte sie verlegen: »Kann ich ein Autogramm bekommen?«
    »Eine angehende, begabte Schauspielerin«, bemerkte Hugo trocken.
    »Oh, eine Kollegin, selbstverständlich«, freute sich Herr Pilander und schrieb seinen Namen schwungvoll auf einen leeren Briefbogen. Nicht nur einmal. Er schrieb für uns alle, auch für mich. Ich bedankte mich sehr. >Aber was sollte ich mit dem Zettel anfangen? Ich sammle gar keine Autogramme«, dachte ich.
    Aber Mutti. Sie wurde ganz aufgeregt, als ich ihr später den Zettel zeigte.
    »Pilander? Kind! Hans Pilander? Erzählt mal. Kommt, setzt euch hin, wir essen gleich Abendbrot.« Sie schob Trudchen und mich zum Tisch in der Eßecke.
    »Ich kann nicht mehr essen«, wehrte ich mich.
    »Aber ich«, forderte Trudchen, »Schwarzbrot mit Marmelade mag ich am liebsten.«
    »Bekommst du«, versicherte Mutti. »Pilander, nein, so was.«
    Sie stand wieder auf, holte die Marmelade und sagte zu Vati, der gerade hereinkam: »Georg, Georg, Hans Pilander war in der Apotheke und hat gesungen. Nein, daß ich das nicht gehört habe«, wiederholte sie immer wieder.
    »Mutti, wenn du hingehst und ihn bittest, singt er für dich.«
    Vati lachte.
    »Ich?« Mutti wurde rot. »Aber Petra, Kind, das verstehst du nicht. War es nicht wundervoll?«
    »Laut«, verbesserte ich und und strich mir doch eine Scheibe Brot. Wenn man Trudchen zusah, wurde man hungrig.
    »Vooogggellhääändler!« quäkste Trudchen mit vollem Mund.
    »Papageno? Ach Georg.« Schon stand Mutti auf und lief ins Wohnzimmer hinüber. Ich begriff nicht, was Vati antwortete. Nach einer Weile rauschte Musik durch die Wohnung. Mozart, die Arie des Papageno. Gewiß, eine wundervolle Stimme und ein schönes Lied. Aber andauernd!
    »Herr Pilander sagt auch, es ist Unsinn, das alte Haus abzureißen. Schon wegen der Akustik«, wandte ich mich an meinen Vater.
    »Ein Hochhaus hat auch Akustik«, erwiderte Vati. Aber ich fühlte, er war mit seinen Gedanken ganz woanders. Genau wie ich.
    Und später, als Trudchen sich auf der Matratze müde ge-kuschelt hatte und zusammengerollt wie ein kleiner Igel neben mir schlief, mußte ich weinen.
    »Du bist dumm, Petersilie«, murmelte ich vor mich hin, »was hast du dir vorgestellt? Ein Pony für dich allein? Im Zoo hat es Jonni viel besser. Fünf Ponys toben mit ihm herum.«
    Ein schwacher Lichtschein fiel vom Fenster her auf die Ponywand. Ich wischte mir die Tränen mit dem Kissenzipfel ab und setzte mich auf.
    Aber sie schliefen alle, meine kleinen Pferdchen, auch das schwarze. Sie antworteten nicht. -
    Am Freitagmorgen, während wir eine Deutscharbeit schrieben, wurde Jonni abgeholt und in den Zoo gebracht. Am Nachmittag war der Garten leer, leer, trotz der vielen Büsche und Bäume.
    »Besuchen wir Jonni bald?« wollte Trudchen wissen.
    »Am Sonntag, komm, es ist viel zu kalt draußen.« Ich zog sie fort. Der Wind riß und zerrte an meinem Kopftuch. Und jetzt dröhnte und hämmerte es schon viel näher. Dieser elende Bagger! In der Ponyapotheke war es heute auch ungemütlich. Es gingen so viele Leute herum. Das Treppengeländer wurde fotografiert und begutachtet. Frau Marogis in ihrer Küche brummelte unentwegt vor sich hin. Nur Fridolins Vater war fröhlich. Es hörte sich jedenfalls so an. Er sang aus vollem Halse. Diesmal die Tonleiter. Immer hinauf und herunter.
    »Mein Vater übt auf dem Dachboden«, erklärte Fridolin, während wir in sein Zimmer gingen, »er sagt, da oben sei die beste Akustik, die er sich denken kann.«
    »Und so etwas wird vernichtet«, meinte Fredegunde düster. »Wo übt dein Vater, wenn er hier nicht mehr singen kann? Nein, diese Stimme!«
    »Auf dem Dach«, lachte Fridolin. Ich fand das nicht zum Lachen.
    »An Jonni denkst du wohl gar

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