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Irrtum: Mozart hören macht klug
In Amerika und ehrgeizigen asiatischen Ländern soll es Schwangere geben, die allein deshalb klassische Musik auflegen, weil sie
hoffen, dadurch den Intelligenzquotienten ihres noch ungeborenen Nachwuchses in die Höhe zu treiben. Schuld daran sind Kühe. Sie lieben Mozart. Woher man
das weiß? Sie geben mehr Milch, wenn man sie im Stall mit der „Kleinen Nachtmusik“ beschallt. Jedenfalls wollen Tierpsychologen nach einschlägigen
Experimenten mit Kühen zu diesem Ergebnis gekommen sein.
Analog zum Vieh soll auch der Mensch leistungsfähiger sein, sobald er die richtige Musik hört. Der als „Mozart-Effekt“ diskutierte
Zusammenhang zwischen dem Genuss klassischer Musik und höherer Intelligenz beschäftigte lange jedenfalls auch die ernsthafte Forschung. Anfang der
90er-Jahre wurde das verständliche Interesse einer breiten Öffentlichkeit befeuert durch einen Aufsatz der amerikanischen Psychologin Frances Rauscher und
ihrer Kollegen in der angesehenen Zeitschrift „Nature“. Die Wissenschaftler gaben ihre Untersuchungsergebnisse kund, denen zufolge Personen, die zehn
Minuten lang Musik von Mozart lauschen durften, unmittelbar danach räumlich-visuelle Aufgaben besser lösen konnten als eine Kontrollgruppe. Die Autoren
werteten dies als Beleg für einen deutlichen Zuwachs an allgemeiner Intelligenz.
Mittlerweile gilt der Abgesang auf den Mozart-Effekt als abgeschlossen: Ausgesprochen unwissenschaftlich ausgedrückt muss man
konstatieren, dass Rauscher & Co. den Mund mehr als voll genommen hatten. So beschränkte sich der Erfolg ihrer Experimente allenfalls auf
Teilleistungen (die Probanden mussten z. B.herausfinden, welche Muster entstehen, wenn Papier in bestimmter Weise gefaltet, gedreht und
eingeschnitten wird). Außerdem war die Wirkung zeitlich begrenzt. Die Versuchspersonen, die Mozart gehört hatten, waren etwa 20 bis 30 Minuten der
Kontrollgruppe überlegen, danach zeigten sich keine relevanten Unterschiede.
Geradezu blamabel ist jedoch die Tatsache, dass sich zahlreiche andere Wissenschaftler bemüht haben, die Ergebnisse von Frances
Rauscher und ihren Kollegen zu wiederholen – und dabei gescheitert sind. Das spricht dafür, dass irgendetwas an der Sache faul gewesen sein könnte. Die
Urheber wehren sich nach Kräften gegen ihren schlechten Ruf und versuchen, mit weiteren Beobachtungen ihre einstigen Resultate zu stützen. So wollen sie
etwa herausgefunden haben, dass zumindest Ratten dank Mozart schneller lernen. Sie finden sich in einem Labyrinth angeblich besser zurecht, wenn sie
bereits im Mutterleib sowie beim Aufwachsen eine bestimmte Sonate von Mozart hören. Kritiker allerdings halten dagegen, dass Ratten ohne Gehör geboren
werden und auch als ausgewachsene Tiere für die meisten Töne der Musik Mozarts schlicht und ergreifend zu taub sind.
Der Mozart-Effekt – aus Mangel an Beweisen muss er fallen gelassen werden. Die Idee, dass das Hören von Mozart zu einer Steigerung
der Gehirnentwicklung führt, ist jedenfalls nicht belegt. Unter bestimmten Bedingungen lassen sich jedoch kurzfristige Verbesserungen in Teilleistungen
erzielen. Mehrere Untersuchungen bestätigen eine Erfahrung aus dem Alltag: In gehobener Stimmung sind Menschen fähiger. Personen, die gerne Mozart hören,
schneiden bei einem Test etwas besser ab, wenn sie zuvor Mozart gehört haben. Gleiches gilt für Schubert-Fans. Auch Probanden, die Stephen King schätzen,
machen sich mit mehr Erfolg an eine gestellte Aufgabe, wenn ihnen zuvorjemand aus einer Story des amerikanischen Horror-Spezialisten
vorgelesen hat.
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Alles, was vom so genannten Mozart-Effekt übrig geblieben ist, wissen wir ohnehin: Wer gut drauf ist, lernt
auch besser. Es kann also durchaus Sinn machen, sich bereits vor der Arbeit zu belohnen: mit einer Partie Canasta, dem Lieblingstee oder dem Hören von
Musik, die man mag ...
Irrtum: Mozart spielen macht klug
Die These, dass Musik hören intelligenter macht, ist widerlegt (siehe dazu das vorangegangene Kapitel). Es gibt eigentlich keinen
anerkannten Experten mehr, der etwas anderes behaupten würde. Wir dürfen also davon ausgehen, dass das Hören von Musik weder das Wachsen von Nervenzellen
im Gehirn noch die Bildung neuronaler Verbindungen beschleunigt. Musik zu hören, die uns gefällt, mag uns erfreuen und entspannen, aber unser Gehirn dankt
es uns nicht, in dem es dadurch klüger
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