Die Portugiesische Reise (German Edition)
Reisende hat zu Mittag gegessen und kann sich dem Treiben hingeben. Er besichtigt die Pfarrkirche, deren Besonderheit darin besteht, dass sie über zwei Portale verfügt, die nur wenige Handbreit voneinander entfernt stehen, wobei der Glockenturm romanischer Herkunft ist und der an der Fassade aus der Renaissance stammt, und in Gedanken lobt er den Erbauer des zweiten, der darauf achtete, dass der erste erhalten blieb. Der Reisende ist in Lobeslaune, vielleicht aufgrund des guten Mittagessens im 5 Chaves, er lobt auch die Steinmetzarbeiten im Kirchenschiff und die wunderbare Statue der heiligen Maria Maior, ein uraltes Stück, das er in der Apsis entdeckt. Und er lobt die Sonne, die ihn draußen erwartet und ihn bis zur Igreja da Misericórdia begleitet, die ganz aus gedrehten Säulen zu bestehen scheint, wie das Kopfende eines Puppenbettes. Das Kirchenschiff ist von oben bis unten mit Azulejos ausgekleidet, ein Fest für die Augen. Der Reisende lässt sich Zeit für diese Ansichten, erforscht die Figuren und ist guter Dinge, als er den Ort verlässt.
Der Reisende geht nicht in jede Burg, die er sieht. Manchmal begnügt er sich damit, sie von außen zu betrachten, aber wenn eine geschlossen ist, ärgert es ihn. Er denkt dann jedes Mal, die geschlossenen seien die besseren, bis ihm seine Vernunft sagt, dass sie ihm nur besser erscheinen, weil sie geschlossen sind. Derlei Schwächen sind entschuldbar. Aber der Bergfried, der sich über der Stadt erhebt, macht mit seiner glatten Fassade obendrein von sich aus schon so einen unzugänglichen Eindruck, dass es ihn umso mehr frustriert. Geduld. Der Reisende wendet sich wieder den Balkonen der Rua Direita zu, deren Holz in dunklen, warmen Farben gestrichen ist und auch die weiße Fläche der gekalkten Wände umrahmt. Ein Lebensstil vergangener Tage, aber über den Dächern wachsen üppig die Fernsehantennen, ein modernes Spinnennetz, das über die Welt gefallen ist, gut und schlecht, Wahrheit und Lüge.
Jetzt heißt es sich entscheiden. Von Chaves kommt man überallhin, ein Satz, der wie ein Gemeinplatz wirkt (von jedem Ort kommt man an jeden anderen), aber in diesem Falle liegen im Westen die Serra do Barroso und die Serra do Larouco, und südlich Padrela und Falperra, aber das sind nur die Gebirge, und der Reisende hat genügend andere Gründe, um ratlos dazustehen. Ausschlaggebend war schließlich einer, für den wahrscheinlich nur er selbst geradestehen kann: die Liebe zu einem Namen, dem Namen einer Ortschaft auf dem Weg nach Murça, er lautet Carrazedo de Montenegro. Mag das ein Grund sein oder nicht, soll jeder denken, was er will. Aber diese Entscheidung wurde nicht ohne eine heftige innere Debatte getroffen, weshalb sich der Reisende auch verfuhr und auf der Straße landete, die über Vila Pouca de Aguiar nach Vila Real führt. Manchmal hat man Glück, und manchmal macht man Fehler und hat Glück. Das Tal, das hinter Peto de Lagarelhos beginnt, ist eines von denen, die der Reisende nicht vergessen wird, und wenn er ein paar Kilometer weiter die Richtung ändert und umkehrt, dann muss man das als gutes Gespür bezeichnen. Wäre er weitergefahren, wäre er naturgemäß auf das Ende dieser wunderschönen Landschaft gestoßen, denn alles hat ein Ende. Aber in diesem Falle nicht. In der Erinnerung des Reisenden blieb es erhalten, das tiefe Tal, durchzogen von feinem Nebel, der die Farben der Pflanzen noch lebendiger erscheinen lässt, ganz anders, als man es von Nebel erwarten würde. Gerade weil er nicht alles sah, sah er das Beste.
Und Carrazedo de Montenegro, hat es sich gelohnt? Es gibt dort zwei Statuen aus Granit aus dem 16. Jahrhundert, kostbare Beispiele für die expressive Kraft eines wenig gefügigen Materials, das der Reisende jedoch sehr schätzt. Über einer Seitentür ist ein primitiver, grob gearbeiteter São Gonçalo de Amarante zu sehen, der einen großen Hirtenstab, eine Art Drachentöter, trägt und auf einer Brücke mit drei Bögen steht. Sicher hat Carrazedo de Montenegro auch sonst noch einiges zu bieten, Menschen, Steine, Landschaften. Aber in Carrazedo de Montenegro ist der Reisende erstmals der Versuchung des Teufels ausgesetzt, und von seinem Sieg wird er auch noch in zukünftigen Situationen dieser Art zehren. Als Reisender weiß man nie, was einen auf dem Weg erwartet, aber Folgendes sei zur Warnung gesagt.
Die Straße führt direkt an der unbeschreiblich hohen Kirche vorbei, einem gigantischen Bauwerk, wenn auch nicht ganz vergleichbar
Weitere Kostenlose Bücher