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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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verzichtet auf die analytische Betrachtung, und statt einer Synthese begnügt er sich mit dem allgemeinen sinnenbetäubenden Eindruck. Der Reisende möchte sich ins Gestühl setzen und wieder erleben, wie sich glattes Holz anfühlt, von dem trotz der Modellierungsarbeit des Schnitzers noch etwas übrig geblieben ist.
    In den Kreuzgängen und Räumen, die zu ihnen führen, befindet sich das Museu do Azulejo. Dem Reisenden wird erklärt, dass die Exponate ein minimaler Teil dessen sind, was im Lager liegt und auf Platz und Geld zum Ausstellen wartet. Trotzdem ist dieses Museum ein wertvoller Ort, und der Reisende bedauert, dass jene, die heute im Design den Ton angeben, nicht hierherkommen oder, falls sie kommen, nicht davon profitieren. Hinsichtlich Azulejos gibt es einiges zu tun, nicht im Sinne von Rehabilitation, die brauchen sie nicht, aber im Sinne von Verständnis. Das Portugiesische daran zu verstehen, sei hinzugefügt. Denn nachdem man die Azulejos während eines guten Teils dieses Jahrhunderts verschmäht hat, sind sie wieder machtvoll als Außenverkleidung von Gebäuden zurückgekehrt. Unseligerweise, sei abermals hinzugefügt. Wer diese Azulejos entwirft, weiß nicht, was Azulejos sind. Und allem Anschein nach auch jene nicht, die sich mit Lehrtätigkeit und Abhandlungen darüber schmücken.
    Der Reisende kehrt auf demselben Weg zurück und trifft wieder auf einen Brunnen, Chafariz de El-Rei genannt, welcher König das gewesen sein mag, weiß man nicht, denn unter Dom Afonso II. wurde er umgebaut, und unter Dom João V. erhielt er die neun Düsen, die heute trocken sind. Am wahrscheinlichsten ist wohl, dass er seinen Namen der Widmungsmanie von Dom João V. verdankt. Von der früheren Stadt ist in dieser Gegend nicht mehr viel übrig: Dort steht die Casa dos Bicos, eine arme Cousine des Palazzo dei Diamanti in Ferrara, und ein Stück weiter das wunderschöne manuelinische Portal der Kirche da Conceição Velha, das das Erdbeben nicht zum Einsturz gebracht hat.
    Während der Reisende durch die Arkaden am Terreiro do Paço geht, denkt er, wie einfach es wäre, Leben in diese Bogengänge zu bringen, indem man dort an bestimmten Tagen in der Woche oder im Monat zum Beispiel eine kleine Briefmarkenoder Münzenbörse organisierte oder Ausstellungen mit Bildern und Zeichnungen oder Blumenhändler ihre Stände aufstellen ließe, wenn man nur ein wenig nachdenkt, kann man noch auf andere und bessere Ideen kommen. Vielleicht könnte man mit der Zeit diese Wüste, die ja nicht einmal Sanddünen zu bieten hat, bevölkern. Jene, die Lissabon wiederaufgebaut haben, haben uns diesen Platz hinterlassen. Entweder wussten sie bereits, dass wir ihn als Parkplatz für Autos brauchen würden, oder sie vertrauten naiv auf unsere Phantasie. Die, wovon jedermann sich überzeugen kann, gleich null ist. Vielleicht, weil eben das Auto den Platz eingenommen hat, der der Phantasie gebührt hätte.
    Der Reisende hatte gehört, dass sich auf halber Höhe dieser Straße ein sogenanntes Museum zeitgenössischer Kunst befinde. Als gutgläubiger Mensch hatte er geglaubt, was er gehört hatte, da er jedoch auch immer sehr für die objektive Wahrheit eintritt, gesteht er, dass er seinen Augen nicht traut. Nicht, dass es dem Museum an Niveau fehle, manches ist sogar sehr gut, doch das versprochene Zeitgenössische gilt in den meisten Fällen für frühere Zeitgenossen, nicht die des Reisenden, der so alt noch nicht ist. Die Bilder von Columbano sind ausgezeichnet, und wenn hier andere Namen nicht genannt werden, dann nicht aus Geringschätzung, sondern um nebenbei darauf hinzuweisen, dass dieses Museum entweder sich darauf besinnt, was es will, oder die Verantwortung übernimmt für zunehmende Verwirrung im Bereich portugiesischer Ästhetik. Der Reisende denkt dabei nicht an Kritiker oder Künstler im Allgemeinen, die wissen natürlich genau, wer und was sie sind, sondern an das Publikum, das sich selbst überlassen eintritt und ratlos wieder herauskommt.
    Um sich auszuruhen und vom Museum zu erholen, geht der Reisende ins Bairro Alto. Wer nichts Besseres zu tun hat, schürt Rivalitäten zwischen diesem Viertel und der Alfama. Die reine Zeitverschwendung. Selbst auf die Gefahr hin, zu übertreiben, würde der Reisende sagen, dass es vollkommen verschiedene Stadtteile sind. Es geht nicht darum, ob dieser oder jener besser ist, das würde nur zu der Frage führen, was bei solchen Vergleichen besser bedeutet; vielmehr sind Alfama und Bairro Alto

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