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Die Portugiesische Reise (German Edition)

Die Portugiesische Reise (German Edition)

Titel: Die Portugiesische Reise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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schon nicht mehr da, und es sind andere, die unter dem Bogen Schutz suchen, übrigens ein Werk Frei João do Coutos aus dem 18. Jahrhundert.
    Der Reisende geht hinaus in den Regen. Er sieht sich die Casa do Navio an und kehrt zurück in die Oberstadt, man kann nicht in Coimbra gewesen sein, ohne die Casa de Sub-Ripas gesehen zu haben, die leider total morsch ist, schade sowohl für das Haus als auch für uns, und den Torre de Anto, in dem António Nobre gelebt hat, der der letzte Schlossherr mit einer wahrhaften Berufung gewesen sein muss. Ob heute jemand dort wohnt, weiß der Reisende nicht. Er hätte sich erkundigen können, aber er hat nicht daran gedacht. Er ist außerdem das einzige menschliche Wesen, das den Wassermengen trotzt, die vom Himmel fallen. Weiter unten in der Grünanlage Jardim da Manga, die aussieht wie ein Sumpf, steht eine kleine Kapelle, die der bei der Igreja de Tocha ähnelt.
    Inzwischen ist es spät geworden, der Reisende überlegt, ob er zum Kloster Santa Clara gehen soll, und obwohl über dem Fluss Mondego der Regen niederprasselt, macht er sich auf den Weg. Dort unten liegt der Choupal. Er fühlt sich zwar inzwischen wie eine Amphibie, hat aber noch Schwierigkeiten mit den Kiemen und beschließt, es auf sich beruhen zu lassen.
    Santa Clara ist aus der Entfernung gut zu sehen, aber dann biegt man ab, und ein paar Häuserblocks weiter ist das Kloster plötzlich verschwunden. Da endlich ist es wieder, ein verfallener Bau, besser gesagt eine Ruine, das Herz zieht sich ihm zusammen angesichts dieses verwahrlosten Ortes im dichten, nicht enden wollenden Regen. Da ist eine Eisentreppe, man wird wohl hinaufsteigen dürfen, wenigstens um sich vor dem Regen zu schützen, und drinnen schließt er den Schirm, grüßt den Wärter, der fast taub ist, den Gruß mit einer Lippenbewegung erwidert und erst spricht, wenn man ihn laut genug anbrüllt. Nachdem das geklärt ist, sieht er sich die großen Bögen an, die Gewölbe und durch die Risse im Mauerwerk auch den Himmel. Santa Clara-a-Velha war ein Frauenkloster, und tatsächlich herrscht in dieser melancholischen Kirche eine besonders weibliche Atmosphäre, vielleicht denkt der Reisende das aber auch nur, weil er es schon vorher wusste.
    Der Wärter will reden. Den ganzen Tag lang hat er keinen Besuch, den hier muss ihm der Himmel geschickt haben. Der Reisende schweigt. Und heuchelt Aufmerksamkeit, als er zum tausendsten Mal die Geschichte von den unterirdischen Gängen zu hören bekommt, die früher die Klöster miteinander verbanden, und zu dem von Santa Clara-a-Velha führt nämlich einer, der am Jardim da Manga beginnt, und auf halbem Wege gibt es unter der Erde einen Raum mit einem Tisch aus Stein und Bänken drum herum, dessen Wände mit Azulejos verkleidet sind, das hat ihm nämlich ein Steinmetz erzählt, der hier irgendetwas gearbeitet hat, und der hat es selber gesehen. Besagter Steinmetz ist schon vor langer Zeit bei einem Unfall ums Leben gekommen, sodass der Reisende keine näheren Information einholen kann. Außerdem regnet es immer noch in Strömen.
    Er versucht, zu Fuß nach Santa Clara-a-Nova zu kommen. Doch bei dieser Sintflut hätte er die Flossen eines Lachses gebraucht. Der Reisende ist aber nur ein Mensch. Er überquert die Brücke, und als er sich auf der anderen Seite des Flusses umsieht, stellt er sich vor, wie er in jenem unterirdischen Raum säße und sich die Azulejos ansähe, die er doch, in Maßen, so liebt, und in diesem Moment kommt ihm ein schrecklicher Verdacht: dass nämlich in genau jenem Saal sich nachts, wenn das Museum geschlossen ist, die Apostel von Hodart versammeln, um mit ihrer Verschwörung fortzufahren. Und wer weiß, vielleicht befand sich der Eingang zu dem unterirdischen Raum in der Kapelle von Jean de Rouen.

Eine Burg für Hamlet
    Zum Glück hat der Reisende sich nicht erkältet. Aber am nächsten Tag erwacht er erst am späten Vormittag, so müde war er, wohl vom ewigen Hinauf und Hinunter. Er läuft ein wenig durch die engen, belebten Straßen im unteren Teil der Stadt, pilgert noch einmal zu den steilen Gassen der Oberstadt, wirft einen Blick auf den Mondego und verabschiedet sich mit gemischten Gefühlen von Coimbra. Genauer genommen verlässt man Coimbra, jedenfalls wenn man wie der Reisende die Estrada da Beira nimmt, erst bei der Gabelung am Ufer des Mondego, wo es entweder nach Penacova oder nach Lousã geht. Bis dahin sind die Namen noch typisch für Coimbra: Calhabé, Carvalhosa. Vom

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