Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
eigenem Namen zu arbeiten?«, fragte Bianconi sanft.
    »Habe ich doch!«, erwiderte Friederike aufgebracht. »Aber dieser feige Helbig hat mich nicht einstellen wollen, weil ich …«
    Sie verstummte plötzlich.
    »Weil Sie …?«
    Der Blick des Italieners hatte etwas Drängendes angenommen, sein Mund war schmal. Friederike sah, wie der Falbe den Kopf hochwarf, weil der Zug in seinem Maul plötzlich härter geworden war.
    »Weil ich … weil … Ach, er hat mir eben einfach nicht geglaubt. Georg ist der Ältere von uns beiden und schon länger im Geschäft, deshalb«, entgegnete sie trotzig und drehte das Gesicht zur Seite.
    Wie dumm sie war! Fast hätte sie sich verraten. Und das nur, weil sie auf diesen Mann hereinzufallen drohte. Die ganze Nacht hatte sie an nichts anderes gedacht als an ihre Hand in seinem Griff. Die dunklen Augen, die auf den Grund ihres Körpers schauten. Die sinnlichen Lippen, die fast immer spöttisch verzogen waren, aber manchmal wie zum Küssen einluden. Was war bloß los mit ihr? Noch ein Tag in Anwesenheit dieses Mannes, und ich werfe mich ihm tatsächlich zu Füßen, dachte sie.
    Tamerlano musste ihre Erregung gespürt haben, denn er war in einen leichten Trab gefallen.
    »Komm, mein Alter, diesen Italienern werden wir es jetzt mal zeigen!«, flüsterte sie ihm ins Ohr und tätschelte seinen Hals.

    Wie auf Kommando preschte der Wallach los. Doch es dauerte nicht lange, und Friederike hörte unmittelbar hinter sich Hufe auf dem weichen Feldweg aufschlagen.
    »Was ist los, Federico? Wovor laufen Sie weg?«
    Bianconi hatte mit der Hand in ihre Zügel gegriffen und Tamerlano zum Stehen gezwungen. Sein Oberschenkel presste sich gegen ihren, so dicht standen die beiden Pferde nebeneinander. Ein Zittern lief über Tamerlanos Körper.
    »Ich heiße nicht Federico! Und außerdem laufe ich nicht weg!« Friederike hatte sich bemüht, einen besonders schnippischen Ton in ihre Stimme zu legen, doch eigentlich war ihr viel mehr nach Heulen zumute.
    »Ich … ich dachte nur, wir sollten uns ein wenig beeilen - schließlich wollen wir doch heute noch bis Köstritz!«
    Für einen winzigen Moment schaute Bianconi sie verdutzt an, dann brach er in schallendes Gelächter aus.
    »Ja, das ist wohl wahr«, ächzte er nach einer Weile und fing wieder an zu lachen, bis auch sie schließlich einstimmte. »Na, dann wollen wir mal, oder? Aber wenn die Contessa ›Federico‹ sagen darf, möchte ich das auch tun dürfen. Va bene? «
    » Va bene «, erwiderte Friederike leise.
     
    D ie Contessa hatte so lange gequengelt, bis Friederike sich nach zwei weiteren Wegstunden, die sie in angenehmem Schweigen neben Bianconi her geritten war, schließlich zu ihr in die enge Karosse gezwängt hatte. Ihre Zofe Marie, eine ältliche magere Französin mit einem miesepetrigen Gesichtsausdruck, hatte sie nach vorne auf den Kutschbock geschickt, was die Laune des Kutschers mit einem Schlag sichtbar verschlechtert hatte.
    Ernesto kam aus der Gegend von Neapel und machte dem Ruf seiner Landsleute alle Ehre: Ständig hatte er ein Lied auf den Lippen und schien auch sonst ein äußerst munterer Zeitgenosse zu sein. Er sprach weder Deutsch noch Französisch, und
Friederike hatte das Gefühl, dass sogar sein Italienisch ebenfalls eher rudimentär war, aber irgendwie hatte Bianconi seine gutturalen Laute - wahrscheinlich der Dialekt aus Ernestos Dorf, mutmaßte sie - zu deuten gewusst und ihm begreiflich gemacht, welche Route er zu nehmen hatte.
    Ernesto verstand offenbar tatsächlich sein Handwerk: Die Rösser hatten über weite Strecken ein zügiges Tempo an den Tag gelegt. Friederike und Bianconi waren immer wieder ein paar Meilen im Galopp vorangeritten und hatten sich rechts und links der Landstraße umgesehen. Einmal hatten sie einen verlassenen Gutshof entdeckt, ein anderes Mal waren sie mit einem Bauern ins Gespräch gekommen, der zusammen mit seinen Söhnen bei der Rübenernte war, jedoch die Gelegenheit zu einem kleinen Schwatz und einer kurzen Pause von der schweren Arbeit gern zu nutzen schien.
    Um die Mittagszeit war die Sonne durchgebrochen, sodass fast ein Hauch von Frühling in der Luft lag. Friederike bedauerte, dass sie bei der Contessa in der muffigen Kutsche hocken musste, durch deren winzige Fenster man gerade einmal die seitlich vorbeifliegenden Bäume sah, statt hoch zu Ross die malerische Landschaft auf sich wirken zu lassen. Hin und wieder rief Bianconi, der auf seinem Falben die Vorhut bildete, ihnen fröhlich

Weitere Kostenlose Bücher