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Die Porzellanmalerin

Titel: Die Porzellanmalerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Friederike hervor und wappnete sich innerlich schon auf die nächste Frage - ob das nicht viel zu gefährlich für einen jungen Mann aus gutem Hause sei.
    »Allora venga con noi!« , mischte sich die Contessa in ihre Unterhaltung ein und schob eine Hand unter Friederikes Arm.
    Zielstrebig steuerte sie auf den Ecktisch zu und ließ sich mit einer aufreizenden Hüftdrehung seitlich auf die Holzbank sinken. Kokett drapierte sie ihre Contouche über dem schmalen Reifrock und legte beide Unterarme vor sich auf dem Tisch ab, sodass ihre Sitznachbarn einen noch besseren Einblick in ihren Ausschnitt bekamen.
    Friederike nahm so Platz, dass sie bequem den ganzen Raum überschauen konnte. Jetzt erst fiel ihr auf, dass sich außer der Contessa, der mürrischen Wirtin und ihr keine einzige Frau in der Schenke befand. Die anwesenden Männer schienen überwiegend auf der Durchreise zu sein: Handwerker, Kaufleute und einige wenige Adelige, die ihrer distinguierten Kleidung und ihrer Perücken wegen sofort ins Auge fielen. Keiner konnte jedoch mit Bianconi wetteifern, der nicht einmal besonders stattlich war, aber in seiner ganzen sehnigen Männlichkeit und dem gut geschnittenen Justaucorps über der knapp sitzenden Culotte einfach umwerfend aussah.
    Er hatte sich noch nicht wieder hingesetzt, sondern mit dem Wirt ein Gespräch begonnen, das sich offenbar um seine noch ausstehende Bestellung drehte. Friederike konnte nur einzelne Wortfetzen auffangen - »Kaldaunen«, »Blinsen«, »Gose«. Erneut wunderte sie sich, dass der Italiener so bewandert in ihrer
Sprache war. Immer wieder schweiften ihre Blicke zu Bianconi, während die Contessa in einem Gemisch aus Italienisch und Deutsch munter auf sie einplapperte.
    » E a Dresda ci siamo sentiti benissimo. So eine schöne Stadt - come la mia bella Venezia! Wie schade, dass Giovanni unbedingt schon abreisen wollte. Aber Weimar soll ja auch un posto meraviglioso sein, vero , Federico? Ich darf doch ›Federico‹ sagen, nicht wahr? ›Friedrich‹ ist sooo schwierig für eine Italienerin wie mich …«
    Ein süßlich-herber Parfumgeruch stieg aus dem Dekolleté der Contessa direkt in Friederikes Nase. Die Italienerin hatte die Hand auf ihren Arm gelegt. Unter dem Tisch stießen ihre Knie gegeneinander.
    »Natürlich, Contessa, natürlich«, beeilte sie sich zu erwidern. Unter dem Dauergeplapper der Venezianerin fühlte sie eine satte Migräne herannahen, zumal die Stimmen am Nachbartisch immer lauter und erregter wurden.
    Der Mann, der unmittelbar neben ihr auf der Bank saß, ein grobschlächtiger Hüne, hatte schon mit der Faust auf den Tisch gehauen und in einem Dialekt, der in ihren Ohren hessisch klang, aufgebracht auf seine beiden Gefährten eingeredet: Einen Hanauer Brotdieb habe man ihn genannt! Dabei hätten er und sein Sattlerkollege Wallner doch nichts anderes getan, als dem Herrn Oberstleutnant aus Baden-Baden für sein Regiment Leder und Sattlerwaren zu liefern. Nur eben leider in einem Frankfurter Gasthaus und nicht im heimischen Hanau. Das habe die Frankfurter Konkurrenz so aufgebracht, dass ihm der Gürtlermeister Vetter sogar mit dem Pallasch gekommen sei!
    »Mein Leben hätte ich gelassen, wenn der Brentano mir nicht geholfen hätte. Ausgerechnet einem Italiener hab ich’s zu verdanken, dass ich heute hier bei euch hocken tu!«
    »Noch immer besser als einem Jud!«, widersprach ihm sein Gegenüber, ein hagerer Greis mit vergilbter Perücke. »Die machen uns Frankfurtern das Leben ja noch saurer als ihr aus Hanau oder Offenbach! Der Fettmilch, Gott hab ihn selig, der wusste
schon, was er getan hat, als er die Juddegass hat plündern lassen. Hat nicht viel genützt, wenn man bedenkt, dass diese Juddekrämer heute noch immer so viel Geld scheffeln tun, wie sie lustig sind. Und die Welschen - auch so ein Pack! Alle wollen sie uns ans Leder und uns die sauer verdienten Kröten streitig machen …«
    Friederike hatte wohl bemerkt, dass die Contessa zusammengezuckt war, als der Name Brentano fiel, und auch Bianconi hatte einen merkwürdigen Blick zu ihren Tischnachbarn geworfen. Er schien sein Gespräch mit dem Wirt endlich beendet zu haben und trat zurück an ihren Tisch. Mit einer lässigen Handbewegung zog er den Stuhl ein Stück zurück und setzte sich Friederike gegenüber.
    » E allora , was bekommen wir zu essen? Ich habe Hunger - fürchterlichen Hunger«, fügte die Contessa mit einem anzüglichen Seitenblick auf Friederike hinzu.
    Diese wand sich unbehaglich auf der

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