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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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früher mit »Johann Walder« zu melden, sagte ich einfach nur noch »Ja?«. Auch in der Redaktion.
    »Ja?«
    »Da sind Sie ja. Endlich erreiche ich Sie.«
    Elisabeth.
    »Elisabeth, ich muss Ihnen so viel erklären. Es tut mir so leid, was damals im Auto …«
    Sie unterbrach mich.
    »Herr Walder, kann ich noch mal für ein paar Wochen in die Redaktion kommen?«
    Sie klang ernster als sonst.
    »Aber Elisabeth, ich denke, Sie haben Urlaub und … Ich muss Sie jetzt wirklich erst einmal um Verzeihung bitten. Sie sollen nicht denken, dass ich einer dieser Chefs bin, der …«
    »Ich stehe gerade auf dem Flughafen von Mallorca. Mein Flug geht in einer Dreiviertelstunde. Ich könnte morgen bei Ihnen sein.«
    »Das können Sie natürlich, Elisabeth, das würde mich sogar sehr freuen. Aber ich möchte Ihnen trotzdem erst einmal versichern, dass …«
    Erst jetzt hörte ich, dass sie weinte.
    »Elisabeth, was …«
    »Ich habe mich von meinem Freund getrennt, Herr Walder. Es ist Schluss. Ich habe seinen Laptop in den Pool geschmissen. Es ist aus, endgültig. Ich will ihn nie wiedersehen.«
    Sie schluckte so stark, dass der letzte Satz wie ein einziges Wort klang. Ich hatte so viele Fragen: Was war passiert? Hatte ihr Freund von meinem peinlichen Auftritt im roten Blitz erfahren? War er vielleicht ausgerastet? War es am Ende meine Schuld, |140| dass Elisabeth die Liebe ihres Lebens verloren hatte? Und von welchem Pool redete sie überhaupt?
    »Das tut mir leid, Elisabeth, sehr leid. Ich hoffe, das hat alles nichts mit mi…«
    »Herr Walder, das Boarding beginnt.« Sie fasste sich allmählich wieder. »Ich bin morgen um zehn in der Redaktion.«
    »Elisabeth, vielleicht sollten Sie sich in den nächsten Tagen ein bisschen ausruhen und mit Ihren Eltern …«
    »Bis morgen. Ich freue mich. Tschüs.«
    Bevor ich noch etwas erwidern konnte, hatte sie aufgelegt.
    Das Gespräch hatte zwei Minuten und einundvierzig Sekunden gedauert. Es war viel passiert. Ich hatte nicht gemerkt, dass Rita Bolzen vor meinem Tisch stand. Sie hielt einen Stapel Fotos vom jährlichen Leerfischen des Wützener Karpfenteichs in der Hand. Die ersten drei waren unscharf. Aber ich sagte nichts. Doch, ich sagte etwas: »Schöne Fotos, Frau Bolzen. Trotzdem sollten wir demnächst mal in Ruhe darüber reden, ob wir nicht doch eine neue Kamera anschaffen können. Muss ja nicht gleich die für 8800 Euro sein.« Bolzen guckte, als sei ihr Karpfenmotiv gerade zum World Press Photo gewählt worden. Batz senkte den Daumen nach unten.

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    |141| EINUNDZWANZIG
    Wir waren zweieinhalb Wochen von Hafen zu Hafen gesegelt. Martins Vater hatte uns seine Jacht, eine sechzehn Meter lange X 48, in Lissabon übergeben und war von dort zu einem Geschäftstermin in die USA geflogen. Als seine Maschine abhob, hatten wir die Hafentore schon passiert. Martin stand unter dem Bi-Mini am Steuer, ich räumte die Vorräte in der Kombüse ein. Wir wollten das Schiff so wenig wie möglich verlassen, hatten beide Sehnsucht nach Einsamkeit und Ruhe.
    Spätestens mit dem ersten Schritt an Deck hatte ich Wützen, die
Wützener Zeitung
und meinen Ärger auf Herrn Walder vergessen. Die letzte SMS von ihm hatte ich auf dem Flughafen bekommen. Es war die neunte oder zehnte, und natürlich hatte ich die meisten gelesen, aber auf keine geantwortet. Er hatte sich entschuldigt, als ginge es darum, sämtliches Unrecht an den Unterdrückten dieser Welt wiedergutzumachen. Seine SMS hätten zumindest für Abbitte bei den australischen Aborigines und den Indianern in den USA gereicht. Selbst wenn ich gewollt hätte, konnte ich ihm nicht mehr richtig böse sein. Zumal er geschrieben hatte, dass er mir nach meinem Urlaub einen neuen Praktikumsplatz besorgen würde.
    Der Textchef des
Badischen Kuriers
hatte mir in unserem Abschlussgespräch – das er interessanterweise nicht mit den drei anderen Praktikanten führte, die zeitgleich gingen – zwar auch alle möglichen Hilfen in Aussicht gestellt. Doch ich vertraute ihm noch viel weniger als Walder, nachdem mir erzählt worden war, dass er zweimal hintereinander eine Jungredakteurin geheiratet hatte. Von der ersten war er nach zwei Jahren geschieden worden, bei der zweiten hatte gerade das Trennungsjahr begonnen. »Aller guten Dinge sind drei«, hatte ein Kollege aus dem |142|
Wochenend-Magazin
gesagt und mir dabei zugeblinzelt. Ich löschte die Handynummer, die der Textchef mir gegeben hatte, gleich wieder. Genauso wie die SMS, die ich nach einer

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