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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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wenigstens einen Praktikumsplatz bei den Metro-News.«
    »Das kannst du ihm ja sagen: Lieber Herr Walder, entweder Sie beschaffen mir einen Platz bei den Metro-News oder ich sage Ihrer Frau, was Sie da bei mir versucht haben. Ups, dein Herr Walder hat ja gar keine Frau … Vergiss es, Elisabeth, Typen wie den kannste nicht erpressen. Da ziehst du immer den Kürzeren.« Sonja lachte. »Manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Als ich meinen Professor das erste Mal nackt gesehen habe …«
    Es folgte eine der Männergeschichten, für die ich Sonja so liebte. Als wir auflegten, ging es mir besser. Ich fuhr nach Hause, duschte lange, kuschelte mich ins Bett und rief Martin an, um ihm alles zu erzählen. Meine Empörung wuchs mit jeder Minute, aus Herrn Walder wurde erst »dieser Walder«, dann »der Idiot« und schließlich »der Perverse«. »Und, was soll ich jetzt tun? Kannst du auch mal was sagen, Martin?« Als hätte ich ihm dazu Gelegenheit gegeben. Wenn ich wütend war, konnte ich ziemlich ungerecht sein.
    Martin antwortete mit einer väterlichen Oberlehrerstimme: »Ach, Kleine, du übertreibst mal wieder. Ich …«
    »Ich mache was? Du musstest ja nicht mit diesem Typen …«
    |134| »Ich würde die Sache nicht überbewerten. Jeder macht mal Fehler. Dein Chef hatte zu viel getrunken, er ist wahrscheinlich einsam und hat sich dann eben etwas danebenbenommen.«
    »Etwas danebenbenommen. Er hat …«
    »… doch nicht mal versucht, dich richtig zu küssen, Schatzi. Das ist ihm wahrscheinlich alles selbst furchtbar peinlich. Morgen entschuldigt er sich, und dann kommt so etwas bestimmt nicht noch einmal vor. Du solltest ihm eine zweite Chance geben, Elisabeth. Überleg mal, was er alles für dich getan hat – und vor allem, was er noch alles für dich tun kann.«
    Ich hatte Walder in den Wochen, die ich beim
Badischen Kurier
war, fast jeden meiner Texte vorab geschickt, damit er sie redigieren konnte und ich mich bei meinem neuen Chef nicht blamierte. Er ließ mir für die Schulserie nachträglich 1500 Euro überweisen, Geld, das ich gut gebrauchen konnte. Und er hatte mir bei den Bewerbungen für verschiedene Journalistenschulen geholfen. Trotzdem.
    »Das kann nicht dein Ernst sein, Martin. Ich fühle mich wie vergewaltigt, und du sagst, ich soll Walder eine zweite Chance geben.«
    Immerhin war er schon wieder Walder.
    »Natürlich.«
    Martin schien es überhaupt nichts auszumachen, dass seine Freundin von ihrem ehemaligen Chef angegraben worden war.
    »Jetzt kannst du alles von ihm haben, was du willst. Der wird seinen Auftritt doch sicherlich gutmachen wollen. Du musst einfach nur ruhig bleiben und abwarten. Vertraue mir.« Er sang die letzten beiden Worte wie die Schlange Ka im »Dschungel buch «.
    »Meinst du wirklich?«
    »Das meine ich. Außerdem haben wir jetzt erst mal Urlaub. Nur du und ich. Vier Wochen.«
    Das hatte ich fast vergessen.
    »Vielleicht hast du recht.«
    |135| Als ich am nächsten Morgen anfing, meine Koffer zu packen, hatte ich drei Anrufe in Abwesenheit auf dem Display. Die beiden SMS von Walder löschte ich ungelesen. Frühestens die zehnte würde ich mir angucken. Der Herr sollte büßen. Ich oben, er unten.

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    |136| ZWANZIG
    Es wäre am besten gewesen, wenn ich zur gleichen Zeit wie Elisabeth Urlaub gemacht hätte. Aber das ging nicht, weil Grainer seine Ferien schon vor anderthalb Jahren in diese Zeit gelegt hatte und ich mich nicht traute, Batz auch nur einen Tag das Blatt zu überlassen. Wahrscheinlich hätte er in ätzenden Leitartikeln die Abschaffung des Frauenwahlrechts gefordert und den Bürgermeister für vogelfrei erklärt. So berechenbar seine politische Einstellung war, so unberechenbar war das, was er daraus machte.
    Also saß ich im heißesten Spätsommer seit Menschengedenken im ältesten Großraum der deutschen Zeitungsbranche, ärgerte mich über ein paar hundert Leser, die einfach ihr Abonnement unterbrachen, nur weil sie in den Urlaub fuhren, und bat Meik T. C. Behl, sein Praktikum um einen Monat zu verlängern, weil er passabel schrieb und nichts kostete. Ich hatte den Honoraretat seit meinem ersten Tag zwar schon um dreißig Prozent unterschritten, doch das reichte mir nicht. Wenn ich es schaffen würde, im ersten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben, könnte ich vielleicht bald wieder hier weg. Oder bekäme wenigstens ein paar tausend Euro Tantiemen zusätzlich. Was am Ende dazu führen würde, dass die Zeitung doch einen Verlust machte. Aber so ist das

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