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Die Praktikantin

Die Praktikantin

Titel: Die Praktikantin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sind Sie ja endlich. Sie werden sehnsüchtig erwartet.« An seinem Gürtel baumelten zwei Pistolen. »Hier entlang, es ist die Tür ganz am Ende.«
    Dahinter stand ein Dutzend Männer in weißen Kitteln um eine Frau herum, die aussah wie Miss Marple. Nein, es war Miss Marple. Sie musste über hundert Jahre alt sein, ihre Haut zog sich wie ein Akkordeon auseinander, als sie zu mir hochsah. Sie war nicht größer als einen Meter fünfzig.
    »Ah, Sie sind das«, sagte Miss Marple.
    Die weißen Herren nickten.
    »Elisabeth Renner, richtig? Ich hoffe, dass Sie unser kleines Rätsel lösen können. Also …«
    Sie drehte sich um und griff auf den Tisch hinter sich.
    »Die Fotos …«, jetzt sah mich Miss Marple wieder an. Ihre Augen waren nicht größer als die Münzschlitze in Parkscheinautomaten. »Diese Fotos haben wir im doppelten Boden des Tragekorbs gefunden, gegen den Sie gelaufen sind. Sie zeigen eine Frau bei der Geburt eines Kindes. Ich glaube …«
    Der Kommissar räusperte sich, die Kittel hielten den Atem an.
    »Der Kommissar und ich glauben, dass die Bilder die Mutter zeigen und dass nur Sie wissen, wer es ist.« Miss Marple riss ihre Augen auf, so weit sie konnte. »Konzentrieren Sie sich, Elisabeth.«
    Sie gab mir sechs Polaroidbilder. Ich nahm sie, sah sie mir ein Mal an, zwei Mal, drei Mal. Miss Marple holte etwas aus ihrer |162| Handtasche. »Sie kennt sie, sie kennt sie«, flüsterte sie dem Kommissar zu, der plötzlich eine Spritze in der Hand hatte. »Noch nicht …«
    Ich schrie, so laut ich konnte, aber es kam kein Ton. Ich schrie und schrie und schrie, als plötzlich die Tür aufging und Martin hereinkam, ein Baby auf dem rechten und Esmeralda auf dem linken Arm. Dahinter sah ich Johann Walder mit einer Magnumflasche Sambuca winken.
    »Los, machen Sie schon, Elisabeth, sagen Sie uns endlich den Namen.« Miss Marple zog an meinem Bademantel. Warum hatte ich den denn noch an?
    »Nein, tu es nicht«, sagte Martin, »ich kann dir alles erklären.«
    »Auf Eis und ohne Kaffeebohnen«, sagte Walder. Ich sah ihn an, dann Martin, dann Miss Marple und dann wieder die Frau auf den Bildern, deren große Brüste ich schon einmal gesehen hatte, auf dem gleichen Papier.
    »Beatrice, das ist doch Beatrice«, schrie ich, und Miss Marple nickte dem Kommissar zu. »Martin ist der Vater, Martin hat Henri vor der Redaktion ausgesetzt, Martin und Beatrice, Martin und Beatrice, sie müssen Sie verhaften, Miss Marple, Miss Marple …«
    »Mausi, was ist denn los? Du bist ja ganz verschwitzt.«
    Miss Marple rüttelte an meiner Schulter. Ihre Haut war wie durch ein Wunder wieder straff. Sie hatte braune, kluge Augen.
    »Und warum sagst du Miss Marmel zu mir?«
    Das Rütteln hörte auf. Miss Marple sah aus wie Oma.
    »Oma?«
    »Ja, dein Vater bin ich zumindest nicht. Hast du schlecht geträumt, Mausi? Oder ist es gestern ein bisschen zu lang geworden mit deinem Chef?« Sie zwinkerte mir zu.
    »Oma, wie spät ist es denn?«
    »Es ist halb sieben.«
    »Warum weckst du mich dann schon? Ich muss noch schlafen.«
    |163| »Das Einzige, was du musst, ist aufstehen, Mausi, und zwar sofort.«
    Ich reagierte einfach nicht.
    »Mausi, es geht um das Baby in deiner Zeitung.«
    Ich machte das linke Auge auf und sah, dass meine Großmutter die Wünzige in der Hand hielt.
    »Oma, ich weiß auch nicht mehr als das, was da steht, und ich muss jetzt wirklich …«
    »Steh auf!« Sie zog mir mit der Kraft einer Dreißigjährigen die Decke weg.
    »Du hast ja deine Klamotten noch an.«
    Ich musste so ins Bett gegangen sein. Ich wusste nicht mehr genau, wie ich gestern Abend nach Hause gekommen war. Ich wusste nur, dass ich zu viel Sambuca getrunken und mich mit Herrn Walder lange über Kaffeebohnen und Tee unterhalten hatte. Es war fast süß, wie er sich um ein normales Verhältnis zwischen uns bemüht hatte und bloß nichts Falsches sagen wollte. Es ging auch noch um Räucherstäbchen, die schönen Spaziergänge, die man um Wützen machen konnte, ein Buch über den Buddhismus, das ihm Frau van Daggelsen empfohlen hatte und das wirklich gut sei. Ganz gleich, was Walder sagte, es klang wie eine einzige große Entschuldigung, wie: »Können wir nicht noch einmal ganz von vorn anfangen?« Während ich mich hemmungslos dem Sambuca hingab, stieg er auf Wasser um. Er wusste nicht, dass ich ihm längst vergeben hatte. Fast tat es mir leid, dass ich um die Szene im roten Blitz so einen Wirbel gemacht hatte. Was war ein harmloser Kuss auf den Hals schon

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