Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)
Feuerholz auf dem Rücken getragen, und nun war sie fort. Er hatte Kinder gern. Es war alles ein Mißverständnis. Er würde ihren Sohn lieben … ihren gemeinsamen Sohn. »Darf ich dich um etwas bitten?« wisperte sie.
»Was ist es?«
Ihre Hand griff nach seinem Arm, hielt ihn fest, daß er erneut stehenblieb. Sie sah in die tiefblauen Augen, blinzelte zu den Brauen aus goldenen Härchen hinauf, ließ ihren Blick zum Mund des Hünen wandern. »Bitte küß mich.«
Der schmale Mund, eben noch ein Blütenstengel, wurde zum Haar. Embrichos Augen flatterten. Er nahm sie von Alena, sah zur Seite. »Ich … es ist …« Deutlich konnte Alena ihn einatmen hören. »Ich muß dir etwas sagen.« Da waren die Augen wieder, fester nun.
»Was?« fragte sie ohne Ton.
»Es gibt da ein Mädchen – eine Frau inzwischen. Immer vergesse ich, daß sie älter wird, erwachsen.« Embricho lachte mit seltsam verzerrtem Gesicht. Es klang wie ein Husten, nachts, halb unterdrückt, weil man die anderen nicht wecken wollte. »Eine Frau also. Sie hat keine rosigen Wangen so wie du, und es ist auch keine Musik in ihrer Stimme. Ihr Blick, das sind nicht zwei kleine Sonnen, deine Augen sind so, ihre nicht, ihre sind klein und grau. Aber ich verehre sie, und ich bewundere ihre … ihre Kraft. All die harte Arbeit, die sie tut, ohne daran zu zerbrechen und ohne das Lächeln zu verlernen. Es ist kein besonders hübsches Lächeln. Manche würden es vielleicht als häßlich bezeichnen. Für mich ist es wunderschön. Sie vertraut mir. Ich habe ihr Vertrauen enttäuscht, weil ich zugelassen habe, daß – nein, das ist nicht gerecht, es warst ja nicht nur du …Wir haben uns geküßt, und dadurch habe ich sie enttäuscht. Ich weiß nicht, ob ich zu ihr zurückkehren darf, aber egal, ob sie mich weiter lieben kann: Ich will ihr nicht wieder die Treue brechen.«
Eine andere Frau? Wo kam sie plötzlich her? Alena wollte verständig nicken, wollte Embricho anlächeln, wollte ihre Hand von seinem Arm nehmen und ihm sagen, daß es ihr leid tat, daß sie es nicht gewollt hatte und diese Frau sicher keine Untreue verdient hatte, niemand verdiente Untreue. Aber sie konnte nicht fassen, daß da eine Frau war. Es gab diese Frau nicht. Sie war ein Traum, nichts weiter, sie war da in Embrichos Kopf und nirgends sonst, es war seine Angst, ganz sicher war es seine Angst. »Hast du Angst vor mir?« Alena mußte die Worte durch den Hals pressen. Er war angeschwollen, so fest angespannt, daß es schmerzte.
»Warum fragst du das?«
»Weil du von dieser Frau erzählst. Sie … sie ist nicht wirklich da.«
»Doch, das ist sie. Es ist die Wahrheit.«
»Du hast keine Angst vor mir, vor dem … Küssen und den Schwierigkeiten, die es uns einbringen könnte?«
»Nein.«
»Du willst mich nicht, richtig? Deshalb erzählst du mir von dieser Frau. Aber du kannst es mir ruhig sagen, ich bin stark genug. Du hast dich entschieden, daß du mich nicht willst, und weil du nicht weißt, wie du mir das beibringen sollst, hast du diese Frau erfunden.« Es zerriß ihre Brust, das Verlangen, Embricho zu umarmen und ihren Kopf an seine starke Brust zu pressen. Er stand vor ihr, so dicht, daß sie jeden seiner Atemzüge sehen konnte am Körper, der sich hob und senkte. So dicht, daß sie ihn greifen und ihn an sich ziehen konnte. So dicht, daß sie ihn roch, daß sie den Duft von Salz und Eisen auf der Zunge schmeckte, seinen Duft, ihn.
»Alena, bitte.« Sein Blick flehte. Die blonden Brauen stellten sich schräg.
»Du hättest es mir wirklich eher sagen können. Was gefällt dir an mir nicht?« Ein bitterer Geschmack strömte in ihren Mund. Sie löste die Hand von seinem Arm. »Was soll die Frau haben, die du erwählst? Mehr Brustumfang?« Alena sah an sich hinunter. »Breitere Hüften? Paßt dir mein Gesicht nicht? Willst du vollere Lippen? Ich weiß, daß meine Lippen nicht die schönsten sind.«
»O doch, es sind die schönsten!« Der Hüne ging vor ihr in die Knie und griff nach Alenas Händen.
Sie zog sie zurück.
»Du bist wunderschön. Es gibt nichts, was mein Mädchen dir voraus hat. Dein Körper ist der Traum eines jeden Mannes, weißt du das nicht? Deine Wangen lassen die Morgenröte blaß werden, und deine Stimme beschämt die Meistersinger unter den Vögeln. Glaub mir das!« Er weinte. Er weinte! Da waren Tränen, die seine Wangen herunterliefen.
»Warum weinst du?« Tat es ihm leid? Hatte er es nur nicht gewagt, sie zu lieben?
»Es ist furchtbar zu sehen, wie du
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