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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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Eine Weile betrachtete Nevopor den Linonen schweigend. Wie gern wollte er diesen Mund knacken und die Worte herausziehen, die Donik vor ihm zu verbergen suchte! »Du wirst verstehen, daß ich niemanden an meiner Seite dulden kann, der mit Fremden Geheimnisse ausbrütet, die er mir nicht zu sagen vermag. Genausowenig kann ich dich fortschicken zu deinen verräterischen Freunden. Du kennst die Tempelburg wie das Innere deiner Hütte. Das macht dich zu einem gefährlichen Feind. Also dann, stirb und grüße mir die weiße Frau. Die Unterwelt bleibt dir verschlossen. Du wirst als jämmerlicher Schatten enden. Wenn das deine Wahl ist, kann ich dir nicht mehr helfen.«
     
    Nicht nur gab es hier Mondlicht, auch die Luft war entschieden besser. Uvelan schob sich noch ein Stück näher andie Tür. Er lag auf dem Bauch, die Hände vorn, die Beine weit ausgestreckt. Durch einen Spalt von zwei Fingern Höhe zwischen Tür und Schwelle strömte kühle Abendluft. Uvelan sog sie tief ein. Er schob den eisernen Gegenstand ins Licht, drehte ihn in den Fingern. Ungefähr handgroß war er und wie ein Körper geformt: nach unten ein weiter Bogen, der mit geradem Eisenstab abschloß, oben an der Spitze des Bogens der Kopf befestigt, viereckig, quer.
    Das war alles. Nichts anderes in der Kammer außer hölzernen Stielen, die schräg in der Wand steckten, und diesem Eisending, das er in einem Winkel gefunden hatte.
    »Was habt Ihr da?« flüsterte Tietgaud.
    »Einen Steigbügel. Dort oben durch den Kopf wird das Lederband geführt.« Uvelan tippte auf den Eisenstab am unteren Ende. »Und auf dieser Stange ruht der Fuß.«
    »Na wunderbar. Ein Steigbügel ist genau das, was wir jetzt brauchen.«
    Ohne Eile stand er auf. »Sie haben uns in der Sattelkammer eingesperrt. Auf den Stielen ruhen sonst die Sättel. Wenn Ihr Schritte hört, verabschiedet Euch vom Leben.«
    »Wie meint Ihr das? Muß nicht der Fürst –«
    »Javor hat längst entschieden.«
    »Sattelkammer. Der Fürst hat entschieden. Wie weise Ihr seid! Sicher wißt Ihr auch, welchen Todes wir sterben werden? Und ob wir uns im Himmel oder in der Hölle wiedersehen?«
    »Man wird uns im Moor versenken.«
    Stille. Schluckgeräusche. Zitterndes Einatmen.
    »Ihr meint«, raunte Brun, »jemand kommt noch in dieser Nacht …?«
    »Ja. Sie führen uns auf den Dämmen ins Moor hinaus und stoßen uns dann in die schmatzende Grube.«
    »Woher wißt Ihr das?«
    »Ich habe mich umgesehen in der Burg.«
    Tietgaud zischte: »Uns allen waren die Augen verbunden! Tischt uns keine Lagerfeuergeschichten auf.«
    »Es ist jetzt nicht die Zeit, zu streiten, Mönch. Jedermann ist in der Lage, seine Kopfhaut zu bewegen und damit eine Augenfessel zu lockern.«
    »Die Kopfhaut zu bewegen … Und was habt Ihr gesehen, das Euch so sicher sein läßt, wie man uns zu töten gedenkt?«
    »Pfähle.«
    »Alena hat –«
    »Nicht solche Pfähle. Die Obodriten haben Stecken bereitgelegt mit einer Astgabel am vorderen Ende. Bestens dazu geeignet, den Hals eines Ertrinkenden unter die sumpfige Oberfläche zu drücken.«
    »Warum sollten sie so etwas tun wollen?« preßte Audulf hervor.
    »Man hält uns für Kundschafter. Und aus irgendeinem Grund sind Kundschafter im Augenblick für Javor gefährlich. Er scheint zu fürchten, daß wir etwas gesehen haben, was nicht bekannt werden darf.«
    Embrichos Stimme raunte von der Kammerdecke her: »Es gibt nur eine Möglichkeit.« Kaum einen Schatten konnte Uvelan erkennen, nicht mehr als ein undurchdringliches Schwarz vor dem Grauschwarz des Raumes, aber es sah aus, als müsse Embricho den Kopf gesenkt halten unter der niedrigen Decke. »Brun«, sagte der Hüne, »wenn wir gemeinsam gegen die Tür anlaufen, meinst du, wir können den Riegel brechen?«
    »Ich weiß nicht. Habe ihn nicht gesehen.«
    Uvelan runzelte die Stirn. »Was wollt Ihr damit erreichen?«
    »Wir brechen aus und nehmen den ersten Angreifern die Waffen weg.«
    »Ihr wollt einem Bewaffneten mit bloßen Händen die Klinge aus der Hand reißen?«
    »Es ist besser, als hier zu warten, bis sie uns in schwarzer Fäulnis ertränken.«
    Einen Moment schwieg Uvelan. »Nein. Geht alle auf die Hände herunter und sucht, ob ihr einen losen Nagel findet.«
    »Ob wir … was?«
    »Tut, was er sagt«, befahl Tietgaud.
    Leises Scharren war zu hören. Auch Uvelan begab sich auf alle viere und fuhr mit den Fingern über die Bohlen. Nicht weit von ihm dröhnte es dumpf, dann ächzten zwei Stimmen. »Paß auf, Mann!« »Mein

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