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Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Priestertochter: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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leise und hielt sich den Kopf. Lange noch waren sie gestern nach Einbruch der Dunkelheit weitergewandert, auf Anraten Uvelans, der sie vom großen Handelsweg wegbringen wollte. »Hier geht es nach Reric«, hatte er an der Wegkreuzung gesagt, »und im Süden nach Magdeburg. In der obodritischen Hauptburg kaufen Gesandte der arabischen Kalifen Honig und Felle, und in Magdeburg werden unter der Aufsicht der Grafen Waffen und Rüstungen gehandelt, die nirgendwo sonst über die Grenze zum Slawenland gebracht werden dürfen. Zudem verbindet die Straße Halle mit der Meeresküste – sie bringt also Salz zu den Fischern, die ihre Heringe haltbar machen wollen. Ein solcher Weg dürstet nach Raub und Blut. Wir sollten ihn weit hinter uns lassen.«
    Obwohl Alena ein starkes Verlangen spürte, den blinzelndenEmbricho anzusehen, zwang sie sich, ihn nicht zu beachten. Sie drehte die Feder in den Händen. »Woher wißt Ihr das?«
    »Nur die Eule und der Waldkauz haben solche Streifen auf dem Gefieder. Und bei der Feder eines Waldkauzes würden die schwarzen Streifen weiter unten am Kiel einsetzen. Also bleibt die Eule.«
    »Ihr weicht mir aus.« Alena lächelte. Sie konnte aus dem Augenwinkel sehen, daß Embricho sie anstarrte, halb liegend, nur auf die Ellenbogen gestützt. »Wo findet man solche Steine?«
    Nun lächelte auch der Alte. Er schien das Spiel verstanden zu haben. »Die sind schwerer zu finden als eine Eulenfeder. Aber Wasser wäscht Steine glatt; ich würde zur Quelle gehen und dann ihrem Lauf folgen.«
    »Ihr würdet. Habt Ihr es getan? Verdanke ich Euch diesen Morgengruß?«
    »Gefällt er Euch denn?«
    »Sehr. Seht, ich bewahre auch den Blumenkranz auf, hier, an meiner Seite. Und ich trage die Eulenfeder im Haar.« Sie steckte sie zurück unter das Schläfenband.
    »Richtig. Dann wäre es wohl klug zu sagen, daß ich Euch diese Dinge gebracht habe.«
    »Embricho«, rief Brun, »läßt du das mit dir machen? Der Greis raubt dir die Beute! Das sind doch deine Geschenke gewesen.«
    Jetzt mußte er es sagen. Alena sah zu Embricho hinüber, biß sich auf die Unterlippe und lächelte zur gleichen Zeit.
    Aber der Hüne lag nur da, sah entsetzt im Wechsel zu ihr und zu Uvelan. Dann stand er auf, murmelte: »Ich gehe mal austreten.« Rasch war er im Wald verschwunden.
    Sie fühlte sich an einem unsichtbaren Strick hinter ihm her gerissen. Mit Mühe zwang sie sich stehenzubleiben.
    »Habt Ihr nicht gehört?« Audulf, der auf dem Boden vor seinem Fell kniete, um Laub und kleine Zweige herunterzulesen, hielt inne. »Er hat gesagt, es wäre klug zu sagen,daß er die Feder und die Steine gebracht hat. Aber er hat nicht gesagt,
daß
er es war. Niemand von uns war es. Ich glaube …« Der zarte Mann sah von einem zum anderen. »… es waren Abgesandte des verborgenen Volkes.«
    Der Mönch stöhnte auf.
    »Doch, wirklich!« Mit der Behendigkeit einer Heuschrecke sprang Audulf in die Höhe. »Sieht ihnen das nicht ähnlich? Ein Blumenkranz. Eine Feder. Steine. Das sind genau die Dinge, die sie uns schenken würden. Sie haben Euch gern, Alena!« Er riß die Augen weit auf und raunte: »Und vielleicht haben sie genau unter unserem Schlafplatz einen ihrer unterirdischen, glitzernden Paläste. Wer weiß das schon? Die Geschenke jedenfalls sind endlich der Beweis, daß es sie gibt. Ich meine,
ich
weiß es schon lange, aber Ihr habt immer gezweifelt.«
    »Schluß damit.« Tietgaud zog sich das Lederband über den Kopf und hielt Audulf das silberne Kreuz vors Gesicht. »Siehst du dieses Kreuz? Daran sollst du dich halten. Nicht an unsichtbare Völker und die Geisterwelt der Heiden. Hirngespinste, gefährliche Hirngespinste sind das! Das Kreuz ist es, das dir Rettung bringt, und nichts anderes. Hast du mich verstanden?«
    Bleiche Flecken zeigten sich rings um die dünne, spitze Nase in Audulfs Gesicht. »Der Blumenkranz und die Feder und –«
    Ein Blick Tietgauds brachte ihn zum Schweigen.
    »Das interessiert mich, Mönch. Auf welche Weise bringt Euer heiliges Zeichen Rettung?« fragte Uvelan. »Ist es ein Schutzzauber? Aber es ist nicht aus Lindenholz gefertigt. Also wohnt ein starker Geist in seinem Inneren?«
    »Das Kreuz, das ich um meinen Hals trage, ist nichts als eine Erinnerung. Es hilft dabei, ein Ereignis nicht zu vergessen, das sich vor achthundertvierzig Jahren zugetragen hat.«
    »Eine lange Zeit.«
    »Nicht lang für Gott.«
    Der Alte nickte. »Was ist damals geschehen?«
    »Wir haben Gottes Sohn, der uns hier auf der Erde

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