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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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es?«
    Noch bevor der Mann antworteten konnte, folgte ihm eine schwarz verschleierte Frau in den Raum.
    »Bist du also noch am Leben …«
    Als Clarissa die Stimme hörte, stockte ihr der Atem. Bernini starrte die Fremde an wie eine Erscheinung.
    »Sie geben es also zu?«, fragte er entgeistert.
    »Halten Sie den Mund!«, zischte die Fremde durch ihren Schleier. »Nichts gebe ich zu.«
    »Und da wagen Sie hierher zu kommen? Verlassen Sie sofort das Haus, oder ich werde Sie persönlich …«
    »Nein!«, unterbrach ihn Clarissa und hob die Hand. »Ich möchte, dass sie bleibt. Bitte lassen Sie uns allein, Cavaliere!«
    »Unmöglich!«, protestierte Bernini. »Nicht mit dieser Frau! Sie wissen doch, wozu sie im Stande ist!«
    »Bitte«, wiederholte Clarissa, »es ist mein Wunsch!«
    Warum sagte sie das? Obwohl sie nur einer Eingebung folgte, legte sie solchen Nachdruck in ihre Worte, blickte Bernini mit solcher Entschlossenheit an, als wisse sie genau, was sie tat, als handle sie nach einem festen Vorsatz oder Plan. Zögernd wandte er sich ab, um ihrer Aufforderung Folge zu leisten.
    »Ich warte vor der Tür«, sagte er, und an die Verschleierte gewandt, fügte er hinzu: »Aber ich warne Sie, wagen Sie nicht, irgendetwas zu tun! Das Zimmer hat nur einen Ausgang.«
    Er zog ein Essigtuch aus dem Ärmel und hielt es sich vor den Mund, wie um sich gegen gefährliche Ausdünstungen zu schützen, und verließ hüstelnd den Raum.
    Dann waren die beiden Frauen allein.
    »Verflucht sei der Tag, an dem du mein Haus betreten hast!«
    Donna Olimpia schlug den Schleier zurück. Ihre dunklen Augen funkelten vor Wut. Clarissa erwiderte ihren Blick, sah in ihr helles, fein geschnittenes Gesicht, das von grauen Ringellocken eingerahmt wurde. Wie sehr hatte sie diese Frau bewundert, als sie einander zum ersten Mal begegnet waren! Ihre Reife, ihr Selbstbewusstsein, den stolzen, majestätischen Wuchs, der ihr allen Menschen gegenüber eine scheinbar natürliche Überlegenheit verlieh … Olimpias Erscheinung hatte von dieser Wirkung bis heute nichts eingebüßt.
    »Du hast es also wirklich getan«, sagte Clarissa. »Ich wollte es nicht glauben.«
    »Es war ein Fehler, dich ins Kloster zu stecken«, erwiderte Olimpia. »Ich hätte dich gleich töten sollen.«
    Plötzlich hatte Clarissa fürchterliche Angst. Warum hatte sie Bernini fortgeschickt? War sie von Sinnen? Sie spürte, wie die Angst ihr einem nassen, kalten, glitschigen Tier gleich in den Nacken kroch, während ihre Zähne aufeinander schlugen. Sie wollte nach Bernini rufen, nach einem Diener, doch ihre Lippen blieben stumm.
    »Worauf wartest du?«, fragte Olimpia. »Warum rufst du nicht Alexanders Schergen? Willst du mich demütigen, du Hure? Deinen Triumph noch ein paar Minuten auskosten?«
    Clarissa musste ihre ganze Kraft aufwenden, um sich aus dem Sessel zu erheben. Mit unsicheren Schritten ging sie auf ihre Cousine zu. Sie wusste nicht, was sie tat, sie wusste nur, dass sie es tun musste – hier und jetzt.
    »Wie hast du erfahren, dass ich dein Geheimnis kenne?«
    »Spielt das eine Rolle?«, fragte Olimpia zurück. »Gott hat Pamphili zu seinem Stellvertreter berufen, und meine Aufgabe war es, ihm bei der Erfüllung dieses Auftrags zu helfen. Ich habe getan, was die Vorsehung von mir verlangte.«
    »Du hast deinen Mann getötet.«
    »Glaube ja nicht, du hast mich besiegt. Auch wenn du mich einsperren lässt – Gott wird mir beistehen, wie er mir immer beigestanden hat. Und dich wird er für deine Sünden strafen. Du wirst büßen, weil du dem Willen des Herrn zuwider gehandelt hast. Du hast versucht, die Vorsehung zu durchkreuzen.«
    Sie standen jetzt einander gegenüber. Clarissa zwang sich, Olimpia in die Augen zu sehen. Diese Frau, aus deren Gesicht ihr mit jedem Blick, mit jedem Wort aller Hass entgegenschlug, zu dem ein Mensch fähig war, hatte ihr einst versprochen, ihr eine Freundin zu sein … Jetzt war sie ihre Feindin – bis auf den Tod.
    »Ich prophezeie es dir«, zischte Olimpia, »in der Hölle wirst duschmoren. Wo immer du dich versteckst, die Strafe des Allmächtigen wird dich treffen.«
    Unwillkürlich machte Clarissa einen Schritt zurück. Doch was war das? Plötzlich sah sie, dass Olimpias Kinn zitterte, während sie sprach, dass ihr vom Hass verzerrtes Gesicht bebte, genauso wie ihres, als würden die Zähne aufeinander schlagen. Sie schien kaum zu atmen, und ihr kalkweißes Gesicht war von roten Flecken übersät, während sie sich mit der Hand auf eine

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