Die Principessa
besorgen?
Nein, es gab nur eine Möglichkeit, sich endgültig Gewissheit zu verschaffen.
Donna Olimpia schlug das Kreuzzeichen, um ihre Seele mit einem Vaterunser von möglichen Sündenflecken zu reinigen. Sie wusste, eine Fürbitte, die von einem übel riechenden Herzen zum Himmel aufstieg, verdiente kein Gehör. Sie fügte darum dem Vaterunser noch einen ganzen Rosenkranz hinzu. Und während sie die geheiligten Worte murmelte und die Perlen durch ihre Finger gleiten ließ, spürte sie, wie Ruhe und Zuversicht allmählich wieder in sie einkehrten, Perle für Perle, Gesetz für Gesetz, und ihre qualvolle Ungewissheit wich einer Sicherheit, die allein himmlische Gnade zu spenden vermag.
Die Schwarze Rosa erhörte ihre Bitten – sie würde sie auch auf ihrer Reise beschützen.
16
»Nein, ich schäme mich nicht meiner Tränen«, sagte Lorenzo Bernini, ihre Hand in der seinen. »Wenn ich mir vorstelle, meine Früchte hätten Sie umgebracht! Das ist mehr, als ich ertrage. Mein Leben würde ich lassen, könnte ich Sie damit vor Leid bewahren. Ich glaube, ich werde nie wieder Obst essen.«
Während er in seinem eleganten, bis zum Boden reichenden Mantel aus feinstem Wachstuch neben ihrem Sessel kniete, das Gesicht von Tränen überströmt, sog Clarissa die seidige Herbstluft ein, die durch das offene Fenster zu ihr drang, zusammen mit dem Klang der Schellen, die immer noch von der schaurigen Arbeit der Pestknechte draußen kündeten. Ihr Körper war von den heimtückischen Attacken, denen er zwei Wochen lang ausgesetzt gewesen war, noch geschwächt, und ihr Haar war schlohweiß – doch die Ärzte hatten gesagt, sie würde überleben. Nach Francescos Entdeckung hatten sie ihr so viel laue Milch eingeflößt und so lange ihren Rachen gekitzelt, bis ihr Magen vollständig entleert war, und danach das Gift in ihrem Blut mit verschiedenen Gegengiften bekämpft: Kalkwasser und Eiweiß, Kreide und Zitronensaft. Gott hatte sie beim Namen gerufen, aber er hatte sie noch nicht zu sich befohlen. Ein Gefühl von tiefer Dankbarkeit erfüllte sie. Es war, als sei ihr das Leben ein zweites Mal geschenkt worden.
»Dabei war ich Zeuge, wie Sie ohnmächtig wurden! Warum habe ich nicht begriffen, was ich sah? Nein, Principessa, ich verdiene nicht das Augenlicht, das der Himmel mir gab! Wissen Sie, was ich dachte? Ich dachte, Sie litten an einer Unpässlichkeit, eine kleine, harmlose Verstimmung. Sie ahnen ja nicht, welche Vorwürfe ich mir mache! Warum bin ich nur nicht früher zu Ihnen gekommen?«
»Bitte, stehen Sie auf, Cavaliere!«, sagte sie, um seinen Selbstanklagen ein Ende zu machen. Sie hatte ihn nie zuvor so fassungslosgesehen. »Woran arbeiten Sie?«, wechselte sie das Thema. »Haben Sie neue Pläne?«
»Ach, was soll ich darüber sprechen? Als wäre das von Bedeutung!« Endlich stand er auf und trocknete mit einem Spitzentuch seine Augen. »König Ludwig ruft mich nach Paris, ich soll seinen Louvre umgestalten. Stellen Sie sich vor – der Herrscher von Frankreich bestellt mich, einen römischen Architekten, zum Baumeister seines Palastes!« Er steckte sein Tuch ein und schaute sie an, voller Betroffenheit und Mitgefühl. »Aber sagen Sie, wie haben Sie überhaupt erkannt, dass es das vergiftete Obst war und nicht …« Er zögerte, das Wort auszusprechen. »Ich meine, als Sie diese Flecken hatten, wer sollte da nicht annehmen, dass Sie sich angesteckt hätten?«
»Durch Zufall. Cavaliere Borromini hat gemerkt, dass meine Hunde, nachdem sie einen Pfirsich gefressen hatten …«
»Francesco Borromini?«, rief Bernini verblüfft. »Er war hier? Bei Ihnen? Was für ein mutiger Mann!« Er ließ ihre Hand los und begann beim Sprechen auf und ab zu gehen. »Übrigens, damit Sie sich nicht länger ängstigen müssen – ich habe für alles gesorgt, was für Ihre Sicherheit nötig ist. Noch bevor ich zu Ihnen kam, habe ich den verfluchten Obsthändler aufgesucht, zusammen mit zwei Sbirren. Der Kerl ist geständig und behauptet, ein Mönch habe ihn bestochen und die Früchte vergiftet.« Lorenzo blieb stehen und drehte sich zu ihr um. »Warum trachtet man Ihnen nach dem Leben, Principessa? Und vor allem – wer? Um ehrlich zu sein, ich habe einen Verdacht, aber ich will ihn nicht aussprechen, solange ich mir nicht sicher bin. Vorerst werde ich ein paar neue Hunde für Sie besorgen, große, starke Hunde aus meiner Heimat, die werden Sie beschützen …«
Ein Diener kam herein: »Vergebung, Principessa.«
»Ja, was gibt
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