Die Principessa
seine Familiaren selbst unentbehrliche Lebensmittel wie Korn, Salz und Brennholz belegten, um ihre Bauwut zu finanzieren, verlangten die Barberini von ihrem Lieblingskünstler ständig neue Zeugnisse ihrer Macht und Herrlichkeit in Erz und Stein.
Während Bernini der Arbeit kaum Herr zu werden wusste, wuchs sein Ruhm zusammen mit seinem Reichtum. Neben Bildsäulen und Porträtbüsten, die er für den Heiligen Vater und dessen Angehörige meißelte, neben der Arbeit an Urbans Grabmal, die sich nun schon über ein Jahrzehnt erstreckte, trieb Bernini auf mehreren Baustellen gleichzeitig Urbans Vision vom neuen Rom voran, dem Vorgarten des Paradieses. Kaum war der Hochaltar von Sankt Peter vollendet, begann er die Wandflächen der mächtigen Pfeiler, welche die Kuppel des Domes trugen, zu Kapellen auszugestalten, für die Aufbewahrung der vier heiligsten Reliquien, die sich im Besitz der Kirche befanden: des Kreuzes Christi, des Schleiers der Veronika, der Lanze des Longinus sowie des Hauptes des Apostels Andreas. Zugleich schuf er den Hochaltar von Sant’ Agostino, die Kapelle Raimondi in San Pietro in Montorio und als Gegenstück dazu die Kapelle der Allaleona in San Domenico di Magnanapoli. Dabei durften weder die Arbeiten am Palazzo Barberini ruhen noch die am Palazzo Propaganda Fide, wo er die baufällige Fassade restaurierte und eine Kapelle zu Ehren der Heiligen Drei Könige anlegte, die ein weiterer Bruder des Papstes im Kardinalsrang, Antonio Barberini, auf Urbans Drängen großzügigst gestiftet hatte.
Das Bauwerk aber, das alle anderen Unternehmen sowohl an Größe wie an Bedeutung um ein Vielfaches überragte, war die Errichtung der Glockentürme von Sankt Peter, für deren Finanzierung der Pontifex eine eigene Kopfsteuer erhoben und außerdem die Zinsen der Staatspapiere gesenkt hatte. Sie sollten ein Problem lösen, das noch aus der Verschmelzung von Michelangelos Zentralbau mit Madernos Langhaus herrührte: dieWirkung der Kuppel. Aus der Ferne dominierte diese zwar das Bild des Doms, näherte man sich aber über die Piazza dem Portal, hatte man den Eindruck, als würde sie hinter der Fassade mit der übergroßen Vorhalle förmlich versinken, ein Missverhältnis, das die bedeutendste Kirche der Welt wie einen Torso erscheinen ließ. Um diesen Übelstand zu beheben, sollten die Türme aus der Nähe betrachtet die Kuppel betonen und rahmen, ohne sie in der Fernsicht ihrer Wirkung zu berauben.
Noch unter der Regierung Papst Pauls V. hatte Carlo Maderno die ersten Entwürfe gezeichnet und die Unterbauten bis auf die Höhe der Attika selber abschließen können, doch Urban hatte wenig Vertrauen zu dem Dombaumeister seiner Vorgänger und ließ die Fortsetzung der Arbeiten wieder und wieder verschieben, bis Maderno darüber starb. 1637 endlich hatte die Baukongregation den Beschluss verkündet, auf Madernos Unterbauten die Türme aufzuführen, aber nach Plänen seines Nachfolgers Bernini. Diese sahen statt Madernos schlichter Glockenstuben einen ungleich imposanteren Aufbau vor, der mit seinen drei Geschossen von der Erde bis zur Spitze dreihundert Fuß messen und statt der ursprünglich veranschlagten Summe von dreißigtausend Scudi mehr als das Doppelte verschlingen sollte. Urban wies darum die Kongregation im Jahre 1640 an, alle verfügbaren Mittel der
fabbrica
auf den Bau der Türme zu verwenden; er wollte ihre Vollendung unbedingt noch erleben. Wegen der Einwände, die Neider gegen die Pläne seines Dombaumeisters erhoben, hatte er Bernini gedrängt, ein Holzmodell des bekrönenden Stockwerks anzufertigen, um die Wirkung des Entwurfs
in situ
zu überprüfen.
»
Ecco! Ecco!
Was für ein Wunder!«
Ausrufe der Begeisterung hallten über den Petersplatz, als der hölzerne Turmhelm rumpelnd und ächzend seinen Sitz auf der Mauerkrone fand. Man stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte die Hälse, um einen Blick auf den Turm zu erhaschen, auf dem Maurer und Tischler nun den Aufsatz mit schweren Hämmerschlägen befestigten, während der Cavaliere Bernini mitseinem Schimmel über die Piazza galoppierte, um sein Werk sowohl aus der Nähe wie aus der Ferne in Augenschein zu nehmen.
Ein wenig abseits von der Masse, ganz in Schwarz gekleidet wie ein Spanier, beobachtete ein Mann mit gespannter Aufmerksamkeit das Schauspiel. Borromini war sein Name, doch war der Mann kein anderer als Francesco Castelli, der sich nach dem Mailänder Heiligen Borromeo benannt hatte, um als selbstständiger Architekt nicht mehr
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