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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Körpers, als würde der heilige Filippo selbst in Gestalt seiner Kirche die Gläubigen umfangen.
    Spada war mit dieser Arbeit so zufrieden, dass er Borromini wenig später auch den Umbau des Palazzos übertrug, den sein Bruder für die Familie erworben hatte, und niemand freute sich mehr als der Monsignore darüber, dass Borromini 1641 mit der Fertigstellung von San Carlo über Nacht berühmt wurde. Hatten Spötter anfangs das Bauwerk mit seinen kapriziösen Bögen und Wölbungen, das in nie gesehener Weise den rechten Winkel vermied, als Ausgeburt eines kranken Gehirns verlacht, bemühten sich jetzt Architekten aus aller Welt um einen Grundriss der Kirche, deren Bau wenig mehr als zehntausend Scudi gekostet hatte. Das war die Hälfte der ursprünglich veranschlagtenSumme, ein Wunder, das Borromini den Ruf als »Michelangelo der Armen« eintrug.
    Spada beschleunigte seine Schritte. Gott sei Dank, dass der Ruhm seinem Architekten nicht zu Kopf gestiegen war und Borromini in seinem Eifer nicht nachließ! Da das Oratorium wie auch das Refektorium von San Filippo bald vollendet waren, wurde es höchste Zeit, die Errichtung der Bibliothek anzugehen. Borromini hatte ihm für heute die fertigen Pläne versprochen, und Monsignore Spada freute sich schon jetzt, da er die Piazza di Monte Giordano überquerte und die eingerüstete Fassade des Oratoriums erblickte, auf den Tag, an dem sie das fertige Gebäude einweihen würden. Ja, wenn der heilige Filippo im Himmel dort droben nur halb so viel Freude beim Anblick des Klosters empfand wie sein unwürdiger Diener hienieden, dann war dieses Werk wohlgetan.
    Doch was war das? Woher rührte dieses Geschrei? Etwa aus dem Gotteshaus?
    Spada raffte seine Soutane und eilte die Stufen zur Kirche hinauf. Als er das Portal aufstieß, bot sich ihm ein so fürchterlicher Anblick, dass er darüber vergaß, seine Hand in das Weihwasserbecken zu tauchen.
    »Was geht hier vor?«, rief er und stürzte zum Altarraum.
    Nur wenige Schritte vom Aufgang zur Kanzel entfernt hielten zwei Männer einen halbnackten Arbeiter fest, der sich, vor Schmerzen schreiend wie ein Tier, zwischen ihnen wand, während ihn Borromini, der Baumeister der Kirche, wutentbrannt und völlig außer sich eigenhändig auspeitschte.
    »Sind Sie von Sinnen, Signor? Sie bringen den Mann ja um!«
    Spada brüllte wie ein Löwe, doch Borromini hörte ihn nicht. Unerbittlich ließ er die Peitsche auf den Arbeiter niederfahren, dessen Oberkörper von blutigen Striemen übersät war. Gerade hob er den Arm, um erneut zuzuschlagen, da sprang Spada vor und packte Borrominis Handgelenk mit solcher Kraft, dass dieser in der Bewegung innehielt.
    »Was hat der Mann getan, dass Sie ihn so misshandeln?«
    Borromini blickte ihn mit seinen dunklen Augen an, als erwache er aus einem Traum. Ohnmächtig sank der Arbeiter zu Boden.
    »Der Mann hat sich geweigert, meine Befehle auszuführen.«
    »Das berechtigt Sie nicht, ihn zu Tode zu prügeln, zumal in einem Gotteshaus!«
    »Und wenn wir im Petersdom wären – das ist meine Baustelle! Ich kann nicht dulden, dass man damit droht, die Arbeit niederzulegen.«
    »Die Arbeit niederlegen?«, fragte Spada erschrocken. »Was zum Himmel ist der Grund?«
    »Die Maurer behaupten, meine Pläne für die Kardinalsloge wären undurchführbar. Diese Stümper! Sie haben keine Erfindungskraft und glauben, ich wolle sie schikanieren. Aber die Baluster müssen oben stärker als unten sein, damit die Kardinäle durchsehen können. Stattdessen haben sie einfach eine Mauer hochgezogen, wie für ein Gefängnis. Und der da« – Borromini zeigte voller Verachtung auf den Mann zu seinen Füßen – »ist der Anführer, ein Faulpelz und Nichtskönner, der die Maurer schon seit Wochen gegen mich aufhetzt und alles tut, um meine Autorität zu untergraben …«
    Vor Erregung begann er zu husten, so heftig, dass er seine Rede nicht zu Ende führen konnte.
    »Bringt den Mann fort und versorgt seine Wunden!«, befahl Spada den zwei Arbeitern, die den Ohnmächtigen an den Armen hielten. »Und wir«, wandte er sich dann an Borromini, »wollen uns endlich an die Arbeit machen. Haben Sie die Entwürfe für die Bibliothek mitgebracht?«
    Stirnrunzelnd blickte er seinem Baumeister nach, wie dieser die Pläne holte. Sollten die Kritiker doch Recht behalten, die ihn vor diesem Menschen gewarnt hatten? Doch kaum waren die Pläne auf dem Zeichentisch entrollt, war Borromini wie verwandelt. Hatte er eben noch wie ein Besessener getobt,

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