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Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)

Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)

Titel: Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Verzweiflung. In aller Offenheit – ich verstand überhaupt nichts von alledem. Ich hatte nur das immer stärker werdende Gefühl – ausgelöst durch das Muster? Instinktiv? –, daß ich auch dieses Gewirr überwinden mußte, um jenen neuen Grad der Macht zu erringen, auf den es mir ankam.
    Und darin irrte ich nicht. Meine offenkundige Geschwindigkeit veränderte sich nicht, als ich in die Erscheinung hineingewirbelt wurde. Ich wurde herumgezerrt und auf lichtblitzenden Wegen dahingeschleudert, ich flog durch substanzlose Wolken aus Glimmer und Schein. Es gab keine Zonen des Widerstands wie im echten Muster; mein Bewegungsmoment schien auszureichen, um mich hindurchzutragen. Eine blitzschnelle Tour durch die Milchstraße? Ein Ertrinkender, der durch Korallenschluchten gewirbelt wird? Ein schläfriger Spatz, der am Abend des vierten Juli über einen Jahrmarkt flattert? Dies waren meine Gedanken, als ich mir meine Passage in dieser veränderten Weise noch einmal vor Augen führte.
    ... Und hinaus, durch, über und vorbei, in einem rötlichen Licht, das mich beleuchtete, wie ich mich selbst beobachtete, während ich neben dem Muster stehend das Juwel betrachtete. Das Muster darin, in mir, alles in mir, ich darin, die Röte nachlassend, schwächer werdend, erlöschend. Dann nur noch ich, das Schmuckstück, das Muster, allein, die Verbindung zwischen Subjekt und Objekt wiederhergestellt – nur eine Oktave höher, was meines Erachtens der beste Weg ist, die Veränderung zu beschreiben. Eine gewisse Empathie gab es nun tatsächlich. Es war, als hätte ich einen neuen Sinn hinzugewonnen, eine zusätzliche Ausdrucksmöglichkeit. Es war eine seltsame Empfindung, irgendwie befriedigend.
    Begierig, diese Fähigkeit auf die Probe zu stellen, sammelte ich meine Willenskräfte und befahl dem Muster, mich an einen anderen Ort zu transportieren.
    Und schon stand ich in dem runden Zimmer auf dem höchsten Turm in Amber. Ich durchquerte das Zimmer und trat auf einen schmalen Balkon hinaus. Der Gegensatz machte sich stark bemerkbar, so dicht nach der übersinnlichen Reise, die hinter mir lag. Einige Sekunden lang stand ich einfach nur da und schaute hinaus.
    Das Meer wies eine Vielfalt von Schraffuren auf, der Himmel war zum Teil bewölkt, es näherte sich der Abend. Die Wolken selbst waren ein Muster aus weicher Helligkeit und krassen Schatten. Der Wind wehte zur See hin, so daß ich auf den Salzgeruch vorübergehend verzichten mußte. Dunkle Vögel bildeten Punkte am Himmel, die in großer Entfernung über dem Wasser hin und her schwankten oder verharrten. Unter mir erstreckten sich die Palasthöfe und die Terrassen der Stadt bis zum Rand des Kolvir. Die Menschen auf den Straßen waren winzig, ihre Bewegungen überflüssig. Ich fühlte mich ausgesprochen allein.
    Dann berührte ich das Schmuckstück und ließ ein Unwetter aufziehen.

4
    Als ich zurückkehrte, warteten Random und Flora bereits in meiner Unterkunft. Randoms Blick richtete sich zuerst auf das Juwel, dann auf mein Gesicht. Ich nickte.
    Dann wandte ich mich mit einer leichten Verbeugung an Flora. »Schwester«, sagte ich. »Es ist lange her, sehr lange.« Sie sah mich ein wenig verängstigt an, was mir nur recht war. Dann lächelte sie aber und ergriff meine Hand.
    »Bruder«, sagte sie. »Wie ich sehe, hast du dein Wort gehalten.«
    Hellgolden war ihr Haar. Sie trug es kurzgeschnitten, und in Löckchen gedreht. Ich wußte immer noch nicht, ob ich die Frisur mochte oder nicht. Sie hatte herrliches Haar, blaue Augen und ausreichend Eitelkeit, um alles aus der ihr genehmen Perspektive zu sehen. Zuweilen schien sie ausgesprochen dumm zu handeln, doch dann gab es wieder Augenblicke, da ich über ihre Entschlüsse staunte.
    »Entschuldige, daß ich dich so anstarre«, sagte ich. »Doch als wir das letztemal zusammen waren, konnte ich dich nicht sehen.«
    »Ich bin sehr glücklich, daß du wieder sehen kannst. Blindheit muß schrecklich sein«, erwiderte sie. »Es war ziemlich ... Jedenfalls konnte ich es nicht verhindern.«
    »Ich weiß«, sagte ich und dachte an ihr Lachen von der anderen Seite der Dunkelheit bei einem der Jahrestage des großen Ereignisses. »Ich weiß.«
    Ich trat ans Fenster und öffnete es in dem sicheren Wissen, daß der Regen nicht zu uns hereindringen würde. Ich liebe den Geruch von Unwettern.
    »Random, hast du etwas Interessantes erfahren über den mutmaßlichen Briefeschreiber?« erkundigte ich mich.
    »Eigentlich nicht«, sagte er. »Ich habe

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