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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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hinter mir. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich den Greif, dessen Kopf mit hervorzuckender Zunge langsam von links nach rechts schwang, während der Schwanz entgegengesetzt pendelte. Das Wesen begann uns zu umkreisen und blieb stehen, als es sich zwischen Dworkin und dem Muster befand.
    »Er weiß Bescheid«, sagte Dworkin. »Er spürt es, wenn ich mich zu verändern beginne. Dann läßt er mich nicht mehr in die Nähe des Musters. Braver Kerl. Wir gehen wieder hinein. Es ist alles in Ordnung. Komm, Corwin.«
    Wir näherten uns der Höhlenöffnung, und der Greif folgte uns – ein Klirren bei jedem Schritt.
    »Das Juwel«, sagte ich, »das Juwel des Geschicks ... du meinst, wir brauchen es für die Wiederherstellung des Musters?«
    »Ja«, sagte er. »Es muß den ganzen Weg durch das Muster getragen werden und muß an den Stellen, wo sie unterbrochen sind, die ursprünglichen Linien nachzeichnen. Das läßt sich nur durch jemanden bewerkstelligen, der auf das Juwel eingestimmt ist.«
    »Ich bin auf das Juwel eingestimmt«, sagte ich.
    »Wie?« wollte er wissen und blieb stehen.
    Hinter uns stieß der Greif ein Krächzen aus, und wir gingen weiter.
    »Ich bin deinen schriftlichen Anweisungen gefolgt – und Erics mündlichen Hinweisen«, erwiderte ich. »Ich nahm das Juwel mit in die Mitte des Musters und projizierte mich hindurch.«
    »Ich verstehe«, sagte er. »Wie bist du an das Juwel gekommen?«
    »Eric hat es mir auf seinem Sterbebett überlassen.«
    Wir betraten die Höhle. »Du hast es noch?«
    »Ich war gezwungen, es an einem Ort in den Schatten zu verstecken.«
    »Ich würde vorschlagen, daß du es schleunigst holst und hierherbringst oder in den Palast schaffst. Es sollte in der Nähe des Zentrums aller Dinge aufbewahrt werden.«
    »Warum das?«
    »Es neigt dazu, einen verzerrenden Einfluß auf Schatten auszuüben, wenn es sich zu lange dort befindet.«
    »Verzerrend? In welcher Hinsicht?«
    »Das kann man vorher nie sagen. Hängt völlig von der Umgebung ab.«
    Wir kamen um eine Ecke und setzten unseren Weg durch die Dunkelheit fort.
    »Was hat das zu besagen«, fuhr ich fort, »wenn man das Juwel trägt und sich ringsum alles zu verlangsamen beginnt? Fiona sagte mir, dies sei gefährlich, aber sie wußte nicht genau, wieso.«
    »Die Erscheinung bedeutet, daß du die Grenzen deiner Existenz erreicht hast, daß deine Energien in Kürze erschöpft sein werden, daß du stirbst, wenn du nicht schleunigst etwas unternimmst.«
    »Und das wäre?«
    »Gewinne Energie aus dem Muster selbst – aus dem Ur-Muster im Innern des Juwels.«
    »Wie macht man das?«
    »Du mußt dich ihm ergeben, dich entspannen, deine Identität auslöschen, die Fesseln lösen, die dich von allem anderen trennen.«
    »Hört sich an, als wäre so etwas leichter gesagt als getan.«
    »Aber man kann es schaffen – und es ist der einzige Ausweg.«
    Ich schüttelte den Kopf. Wir gingen weiter und erreichten endlich die große Tür. Dworkin löschte den Stab und lehnte ihn an die Wand. Wir traten ein, und er verschloß den Durchgang hinter uns. Der Greif hatte sich unmittelbar davor aufgebaut.
    »Du mußt jetzt gehen«, sagte Dworkin.
    »Aber ich habe noch viele Fragen, ich möchte dir noch so viel erzählen!«
    »Meine Gedanken verlieren ihre Bedeutung, deine Worte wären nur verschwendet. Morgen abend oder der Tag danach oder der nächste. Beeil dich jetzt! Geh!«
    »Warum die plötzliche Hast?«
    »Vielleicht tue ich dir etwas an, wenn mich der Wechsel überkommt. Ich stemme mich im Augenblick mit voller Willenskraft dagegen. Geh!«
    »Ich weiß nicht, wie. Ich weiß, wie ich hierherkomme, aber ...«
    »Im Tisch nebenan liegen alle möglichen besonderen Trümpfe. Nimm das Licht mit! Versetz dich irgendwohin! Verschwinde rasch von hier!«
    Ich wollte schon einwenden, daß ich mich nicht vor Gewalttätigkeiten seinerseits fürchtete, als seine Züge wie Wachs zu zerfließen begannen und er plötzlich viel größer und schmalgliedriger wirkte. Ich packte die Lampe und floh aus dem Zimmer, von einem Gefühl der Kälte verfolgt.
    ... Zum Tisch. Ich zerrte die Schublade auf und nahm einige Trümpfe heraus, die in wirrem Durcheinander darin lagen. Nun hörte ich Schritte. Etwas betrat das Zimmer hinter mir, aus dem Raum kommend, den ich eben verlassen hatte. Die Schritte hörten sich nicht an, als würden sie von einem Menschen verursacht. Ich sah mich nicht um. Statt dessen hob ich die Karten vor meine Augen und betrachtete das Bild des obersten

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