Die Prinzen Von Irland
machten
Streiche genau wie andere Jungen in ihrem Alter; und als Eva einmal Fintan
gefragt hatte, wer sein bester Freund sei, hatte er sie erstaunt angesehen und
geantwortet: »Maurice natürlich.«
Maurices
Beziehung zu ihr war wie die eines Sohnes zu seiner Mutter, nur dass er
Zurückhaltung übte und immer ein bisschen Abstand von ihr hielt – was sie nach
ein, zwei Jahren fast bekümmerte, bis ihr klar wurde, dass
er sich so verhielt, um keinesfalls ihre Beziehung mit Fintan zu
beeinträchtigen; und sie bewunderte seine Feinheit.
Obgleich
niemand genau sagen konnte, wann oder warum, aber mit Maurice Fitzgeralds
Kommen änderte sich die Atmosphäre im Hause der O’Byrnes von Rathconan
unmerklich. Selbst Sean schien allmählich rücksichtsvoller mit ihr umzugehen.
Und was könnte ein besserer Beweis dafür sein, als dass er im Sommer 1533, als
ihr Geburtstag bevorstand, alle Nachbarn zu einem Fest einlud? Ein Fiedler
spielte auf, es wurde getanzt, und ein fahrender Barde rezitierte auf die alte
Weise Geschichten von Cuchulainn, Finn Mac Cumaill und anderen Sagenhelden;
Sean und Fintan saßen neben Eva; und Maurice spielte Harfe für die ganze
Gesellschaft. Und dann schenkte ihr Sean ein Paar bestickter Handschuhe von
Henry Tidy und eine Länge Silberbrokat, was sie nicht weniger freute, als sie
erriet, dass Maurice diese Dinge bei einem seiner Ausflüge mit MacGowan nach
Dublin für sie ausgesucht hatte.
So
feierten und sangen und tanzten sie am Vorabend zu Fronleichnam bis tief in die
Nacht.
* * *
Im Dubliner Kalender
gab es verschiedene Tage mit großen Festumzügen. Der größte Festzug allerdings
fand im Juli, vier Freitage nach der Sommersonnenwende, an Fronleichnam statt.
Für die städtischen Vereinigungen, die religiösen Bruderschaften und die Gilden
war es eine ausgezeichnete Gelegenheit, sich selbst zu feiern. Denn der
Bürgermeister, die Ratsherren und die Ehrenbürger, die die Stadt regierten,
waren fast alle Mitglieder in der einen oder anderen Körperschaft. Da waren die
großen religiösen Bruderschaften wie die »Holy Trinity«, zu der Doyle gehörte,
die ihre Kapelle in der Christ Church–Kathedrale hatte, sich um Wohltätigkeit
kümmerte und gute Werke tat; und es gab die zahlreichen
Gilden die der Kaufleute, Schneider, Goldschmiede, Schlachter, Weber,
Handschuhmacher und viele mehr –, die bescheidene Kapellen in den weniger
bedeutenden Kirchen der Stadt hatten.
Seit
Generationen verlief der Fronleichnamsumzug nach dem gleichen Muster. Jede
Gilde hatte ihren geschmückten Festwagen, der mit einer gemalten Szene wie eine
kleine Bühne war. Sie waren acht Fuß breit, so dass sie gerade durch das Dame’s
Gate passten, wurden von sechs oder acht prächtig herausgeputzten Pferden
gezogen. Jeder Wagen stellte eine berühmte Szene aus der Bibel oder einer
bekannten Legende nach. Die Reihenfolge des Zugs war im »Chain Book« der Stadtverordnungen
niedergeschrieben, das im Tholsel aufbewahrt wurde. Zuerst kamen die
Handschuhmacher, die Adam und Eva darstellten; dann die Schuhmacher; dann die Seeleute,
die Noah und seine Arche spielten; dann die Weber, gefolgt von den Schmieden –
fast zwanzig Festwagen insgesamt, darunter ein prächtiges Tableau von König
Artus und den Rittern der Tafelrunde, die von den Revisoren der Stadt verkörpert
wurden. Schließlich kam der große Drache des Sankt Georg, das Emblem der
Dubliner Körperschaft, der sich als ein Zweimann–Pantominenpferd seinen Weg
bahnte und dabei unentwegt in die Menge nickte.
Tidy
war aufgeregt. In diesem Jahr war er von seinen Handschuhmacherkollegen
ausgewählt worden, die Rolle des Adam zu spielen. Während des Umzugs würde er
in einer weißen Hose und einem weißen Hemd auf dem Festwagen stehen und ein
großes Feigenblatt von etwas anstößigem Zuschnitt tragen; doch anschließend
hätte er einen Text zu sprechen, und wochenlang hatte ihm Cecily zugehört, wie
er feierlich solche Sätze probte wie: »Oh törichtes Weib, was hast du getan?«
Die
Sonne strahlte bereits, als Tidy freudig und entschlossen das Haus verließ.
Eine Stunde später gab Cecily die Kinder in die Obhut
einer Nachbarin und ging in die Stadt, um ihm zuzusehen.
* * *
Margaret hatte den
Eindruck, dass an diesem Tag das gesamte Umland nach Dublin hineinströmte. Die
Menge war so dicht, dass sie ihr Pferd an einer Taverne in der Nähe der Sankt–Patrick–Kathedrale,
für einen empörenden Preis, unterstellen müsste. Dort mischte sie sich ins
Gedränge und
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