Die Prinzen Von Irland
bisschen träge geworden. Doch seit Beginn der Revolte
sah er zehn Jahre jünger aus. Fast jungenhaft. Sie vermutete, das Bedürfnis
nach Aktion, nach Kampf, nach Aufregung und sogar nach Gefahr sei im Wesen
ihres Mannes ebenso tief verwurzelt wie in ihrem der Wunsch nach Kindern. Es
war das Jagdfieber. Die meisten Männer waren so ihrer Meinung nach – zumindest
die besten.
Sean
O’Byrne war nicht der Einzige. Die Aufregung hatte sich überall in den
Gemeinden der Wicklow–Berge verbreitet die Ahnung, dass sich etwas ändern
würde. Die O’Byrnes und andere Clans gaben sich nicht der Illusion hin, sie
dürften nun in den Pale einfallen und die Walshes und den restlichen niederen
Adel von ihren ursprünglichen Ländereien verjagen. Doch wäre der englische
König erst einmal von der Bildfläche verschwunden, würde unweigerlich eine neue
Freiheit entstehen. Die Fitzgeralds und die Walshes, die bisher Anglo–Iren waren, würden fortan Iren sein, und auch Irland wäre irisch.
Sean
hatte sich mit Verve der Sache von Silken Thomas verschrieben. Er hatte
verschiedene Patrouillengänge im südlichen Pale unternommen, um sich zu
vergewissern, dass das Land einmütig hinter den Fitzgeralds stand. Da er einen
Fitzgerald als Pflegesohn hatte, genoss Sean hohes Vertrauen. Jetzt wollte er
seine Söhne und den jungen Maurice mitnehmen. Eva wurde nervös, als alle drei
aufbruchbereit waren.
Fintans
Haar war noch immer genauso blond wie in seinen Kinderjahren, und sein breites
Gesicht verzog sich noch immer leicht zu einem unschuldigen Lächeln. Und auch
Maurice war noch immer derselbe Junge, hübsch und nachdenklich, und seine
schönen Augen wirkten manchmal abwesend und melancholisch. »Ein poetischer
Geist«, wie Vater Donal immer sagte. Es hatte Momente gegeben, in denen sie
sich fast schuldig gefühlt hatte, fast ängstlich war, dass sie ihn genauso sehr
liebte wie ihren eigenen Sohn.
Die
Patrouille Anfang August schien bloße Routine zu sein. Sean O’Byrne war ein
recht großes Gebiet zugeteilt worden. Eva wusste nicht genau, warum sie ein
Unbehagen verspürte. Es gab keinerlei Grund, mit Problemen zu rechnen. Alle
Männer würden mitgehen. Seamus, ihr ältester Sohn, inzwischen Familienvater mit
eigenen Kindern, war gekommen, Maurice und Fintan standen zum Abmarsch bereit. Doch
kurz bevor sie aufbrachen, rief Eva ihrem Gatten zu: »Nimmst du mir alle meine
Männer weg?« Und mit leicht ängstlichem Blick: »Muss ich hier wirklich ganz
allein z u rückbleiben?«
Er
sah sie an und schien ihre Gefühle zu erraten. »Wer soll bei dir bleiben?«
»Fintan«,
sagte sie nach kurzem Zögern und bedauerte es sofort. Sie sah, wie er das
Gesicht verzog.
»Aber
Vater…« setzte er an.
»Keine
Widerrede«, sagte Sean. »Du bleibst bei deiner Mutter.«
Als
die anderen losritten, legte sie ihren Arm um ihn.
»Danke,
dass du bei mir bleibst«, sagte sie.
* * *
Margaret stand
bereits mit ihrem Mann draußen vor der Tür, als die Patrouille kam. Es waren
ein Dutzend Reiter. Das Anwesen der Walshs war das dritte, das O’Byrne und
seine Männer besuchten.
Das
also war Sean O’Byrne, der ein solcher Teufelskerl mit den Frauen sein sollte.
Sie musterte ihn. In seinem Haar gab es erste Spuren von Grau, aber er sah
schlank und gesund aus. Sie erkannte seine Eitelkeit, die ihr nicht missfiel,
obgleich sie ihn nicht anziehend fand, als er William und sie mit kühler Höflichkeit
begrüßte.
Auf
Walshs Angebot, sie mögen doch alle für eine Erfrischung hereinkommen,
antwortete Sean, dass nur er und zwei seiner Männer ihn drinnen kurz aufhalten
würden, und so war Walsh gezwungen, mit ihnen zum großen Eichentisch im
Wohnraum zu gehen. Dort zog Sean O’Byrne mit dienstlicher Miene ein kleines,
lateinisches Evangelienbuch heraus, und als er es auf den Tisch legte, bat er
William, er möge freundlicherweise seine Hand darauf legen.
»Wollt
Ihr einen Eid?«, fragte Walsh nach.
»Ja,
genau«, antwortete O’Byrne unumwunden.
»Und
was für ein Eid soll das sein?«
»Ein
Treueeid auf Lord Thomas.«
»Ein
Treueeid?« Walshs Gesicht verfinsterte sich. »Ich glaube kaum«, sagte er mit
bewegter Stimme und erhob sich zur vollen Größe, »dass Lord Thomas mir einen
Eid abtrotzen will, wo ich doch gegenüber seinem Vater, dem Grafen, in all
diesen Jahren so uneingeschränkt loyal gewesen bin.«
Er
warf O’Byrne einen tadelnden Blick zu. »Ihr verletzt mich«, sagte er mit
gelassener Würde.
»Es
besteht kein Zwang.«
»Ihr
kommt
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