Die Prinzen Von Irland
dieses
Frühjahrs ihren Lauf nahmen, hatte sie ihm deutlich gesagt, was sie vom
exkommunizierten Heinrich VIII. hielt. Er hatte sie angefleht, ihre Gedanken
für sich zu behalten; und obwohl sie in letzter Zeit sehr launisch war, wäre
ihm nie in den Sinn gekommen, dass sie etwas Ähnliches wie eben tun könnte. Er
schaute zu Doyle, seinem besten Förderer, als sie ihre Meinung so laut
herausposaunte. Das Gesicht des Ratsherrn verfinsterte sich.
Tidy
lief in den Turm und stürmte die spiralförmige Treppe hinauf. Atemlos stürzte
er in den oberen Raum, von dem aus Cecily Lord Thomas’ Männern zurief, sie
würden herzlich willkommen geheißen, wenn sie das Tor durchbrächen, und zerrte
sie vom Fenster weg. Sie zappelte, und er schlug zu, ein Mal aus Wut und das
zweite Mal viel fester aus Angst – er fürchtete, sie könnte noch etwas rufen –,
so dass sie blutend zu Boden fiel. Ohne sich groß darum zu kümmern, zog er sie zur
Tür und die Treppe hinunter in den unteren Raum, der kein Fenster hatte, das
zur Stadtmauer hinausging. Dann schloss er sie ein und ging wieder hinunter zum
Tor, um sich bei Doyle zu entschuldigen. Doch der Ratsherr war längst verschwunden.
*
* *
In den nächsten Tagen
sprach Cecily kaum ein Wort mit ihrem Mann. Beide verstanden, was geschehen
war; es gab nichts zu sagen. In Gegenwart ihrer Kinder und des Lehrjungen waren
sie höflich miteinander, und wenn sie allein waren, schwiegen sie. Und falls
einer von beiden darauf wartete, dass der andere sich entschuldigte, schien
dieses Warten vergebens. Auch die allgemeine Lage wurde nicht besser.
Etwas
später im August entschied Silken Thomas, eine Abteilung loszuschicken, um die
Gutshöfe in Fingal zu überfallen. Für die Aufgabe wählte
er ein Kontingent von Männern aus den Wicklow–Bergen aus, die von den O’Tooles
angeführt wurden. Als sie die reichen Fingaler Gehöfte niederbrannten und
plünderten, brach eine große Kolonne von Dublinern, von denen viele dort
Ländereien besaßen, aus der Stadt auf und eilte gen Norden, um den Bauern in
Fingal zu helfen.
Cecily
sah sie vom Turm aus heimkehren. Sie strömten über die Brücke. An ihrer Haltung
konnte sie erkennen, dass sie auf der Flucht waren; und als sie die Brücke
überquert hatten, sah sie, dass viele verwundet waren. Eine Stunde später kam
Tidy mit schrecklichen Nachrichten nach Hause.
»Achtzig
Mann sind getötet worden.« Sein Gesicht war fahl, als er sie ernst ansah.
»Achtzig.«
Sie
schaute ihn ruhig an. Sie wusste, dass sie in diesem Moment etwas sagen, ihr
Mitgefühl ausdrücken sollte, so dass die Schranken zwischen ihnen fielen. Sie
wusste es, aber sie konnte nicht.
»Es
tut mir nicht Leid«, sagte sie. Und sie ließ zu, dass das Schweigen sich über
sie senkte und wie ein unsichtbares Meer zwischen ihnen verblieb, bis es in der
Endgültigkeit gefror.
In
den nächsten Tagen war die Stadt im Schock. Ein wachsender Teil der Dubliner Bevölkerung
fragte sich, was als Nächstes geschehen würde. Würden Fitzgeralds Truppen
anfangen, die Leute in Oxmantown zu töten? Würden die O’Byrnes aus den Bergen
kommen und die südlichen Gutshöfe überfallen? Doyle und seine Freunde
plädierten dafür auszuhalten. Doch sogar einige Ratsherren überlegten, ob es
nicht klüger sei, mit Fitzgerald einen Kompromiss zu schließen. »Lasst uns
zumindest verhandeln«, meinten sie. Und kaum hatten sie die Erlaubnis, war
schnell eine Einigung erzielt. Die Dubliner Tore würden geöffnet. Lord Thomas
und seine Truppen dürften die Stadt besetzen, müssten aber im Gegenzug
versprechen, den Bewohnern nichts anzutun. Allesstünde
ihm zur Verfügung mit Ausnahme der befestigten Burg. Die königlichen Beamten
und ein Teil der Ratsherren würden sich in die Burg zurückziehen und es auf das
Ergebnis der Ereignisse ankommen lassen. Es war zwar nicht das, was Lord Thomas
wollte, aber es war eine Verbesserung im Verhältnis zu dem, was er hatte. Also
nahm er die Vereinbarung an.
»Ich
gehe mit Doyle in die Burg. Er nimmt seine gesamte Familie mit.« Es war elf Uhr
morgens, als Tidy mit dieser Nachricht zu Cecily kam. »Ich denke, wir sollten
alle gehen«, sagte er. »Wir müssen uns sofort fertig machen.«
»Ich
bleibe hier«, sagte sie einfach.
»Und
die Kinder?«
»Bei
mir sind sie sicherer. Fitzgerald wird mir und den Kindern nichts tun. Aber du
bist in Gefahr, wenn er die Burg angreifen sollte.«
»Die
Mauern sind zu dick. Und sie ist bereits mit Vorräten bestückt. Wir können
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