Die Prinzen Von Irland
habe, war ihre
Antwort. Mehr hatte sie nicht verraten wollen. Aber um einen solchen Schritt zu
unternehmen, musste sie Doyles Frau sehr hassen, hatte er sich gedacht. Warum
befehden sich Frauen? Normalerweise wegen eines Mannes. Man könnte meinen, sie
wäre eigentlich ein bisschen zu alt dafür, grübelte er; doch vielleicht war
eine Frau nie zu alt, um eifersüchtig zu sein. Was auch immer ihre Gründe waren,
sein Lohn könnte jedenfalls hoch ausfallen. Und das war es, was Sean O’Byrne
reizte.
Der
Handel, den er mit Margaret Walsh geschlossen hatte, war ganz einfach. Er
sollte Dame Doyle gefangen nehmen und als Geisel festhalten. Zwar hatte Silken
Thomas der Frau des Ratsherrn sicheres Geleit aus der Stadt heraus zugesichert,
doch musste es sich nicht unbedingt über die Vorstädte hinaus erstrecken. Auf
der freien Strecke nach Dalkey wäre sie auf sich gestellt, und Lord Thomas
Fitzgerald würde sich sicherlich nur wenig darum kümmern, was ihr dort zustoßen
würde. Hätte O’Byrne erst einmal das Lösegeld vom Ratsherrn erhalten, würde er
heimlich die Hälfte Margaret zustecken. Äußerst heimlich. Niemand – weder seine
Familie noch Margarets Mann – durfte wissen, dass sie irgendetwasmit der Sache zu tun hatte; und ihre Forderung nach der Hälfte
des Geldes war angemessen. Sie hatte ihn auf die Idee gebracht und ihm gesagt,
wann und wo Dame Doyle reisen würde. O’Byrne hatte dem Handel auf der Stelle zugestimmt.
Eine
einzige Sache hatte er jedoch noch nicht entschieden. Wie viel Geld sollte er
fordern? Ihm war klar, dass es eine beträchtliche Summe sein würde – vielleicht
mehr Geld, als er je in seinem ganzen Leben gesehen hatte. Obwohl er den Wert eines
jeden Rinds innerhalb oder außerhalb des Pale genauestem kannte, hatte er keine
Vorstellung vom Preis einer Ehefrau eines Dubliner Ratsherrn.
»Sobald
Ihr sie gefangen habt, sage ich Euch, wie viel Ihr fordern könnt«, hatte
Walshes Frau gemeint. Sean O’Byrne war bereit anzuerkennen, dass die Frau des
Rechtsanwalts es wohl am besten wissen müsste. »Aber was, wenn wir den geforderten
Preis nicht bekommen?«, hatte er gefragt. »Was, wenn sie nicht bezahlen?«
Margaret
Walsh hatte ihm ein grimmiges Lächeln zugeworfen.
»Dann
tötet Ihr sie.«
* * *
Sie kamen langsam den
Hang hoch, ließen sich Zeit. Es waren zwanzig: zehn zu Pferde, zehn zu Fuß.
Sechs Fußsoldaten waren so genannte kerne, einfache irische Männer vom Lande, die
man eingezogen hatte und die für Geld kämpften. Doch vier gehörten zu den
Furcht erregenden gallowglasses, schottische Söldner, die mit ihren
langstieligen Äxten und zweischneidigen Schwertern auch die am besten
ausgebildeten Waffenmänner niederstachen.
Sie
waren schon an Seamus’ Haus gewesen und hatten es leer vorgefunden. Eva war
gespannt, ob sie es anzünden würden, doch damit hatten sie sich nicht
aufgehalten. Allmählich näherten sie sich ihrem Haus.
Wenn
die Soldaten glaubten, das Haus würde verteidigt, würden sie sich verteilen und
in Deckung gehen. Doch selbst von weitem war deutlich zu sehen, dass das Haus
in aller Eile verlassen worden war. Die Tür stand sperrangelweit offen; ein
Fensterladen schlug im Wind, knarzte und knallte. Daher blieben die Soldaten
zusammen.
Das
Terrain unterhalb des Hauses war auf der einen Seite von einer Baumgruppe und
auf der anderen Seite von einer niedrigen Mauer begrenzt. Es war ein sanft
abfallendes Gelände. Die Reiter waren etwa noch hundert Yards vom Haus entfernt,
als Vater Donal, der sich hinter den Bäumen versteckt hielt, das Zeichen gab.
Plötzlich
donnerten die Hufe. Der Lärm schien von zwei Seiten gleichzeitig zu kommen, so
dass der Stoßtrupp einen Augenblick verwirrt innehielt und hin und her schaute.
Und dann sahen die Männer voll Entsetzen, was es war.
Die
zwei Viehherden preschten von beiden Seiten um das Turmhaus herum. Sie liefen
schon ziemlich schnell, und als sie sich hinter dem Turm vereinten, wurden sie
eine einzige Masse gehörnter Köpfe, hinter denen die Reiter schrien, brüllten
und mit Peitschen knallten, so dass sie in wilde Panik ausbrachen. Ein–, zwei–,
dreihundert Rindviecher stampften donnernd den seichten Abhang hinunter, ein
Wall aus Hörnern, ein immenses Gewicht, jeweils zwölf Tiere nebeneinander,
hielten unaufhaltsam auf die Soldaten zu. Die Männer sahen sich nach einem
Fluchtweg um. Es gab keinen. Die gewaltige Herde füllte den gesamten Raum
zwischen den Bäumen und der Mauer, und sie hätten ohnehin nicht
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