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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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mit dem König. Sie machte ihrem Vater keinen Vorwurf. Er hätte
nichts dagegen unternehmen können. Sie nahm es ihm nicht einmal übel, dass er
zufrieden strahlte. Das war ganz natürlich. Und wie hätte sie ihm erklären
können, dass sie, während sie mit ihm vor dem König gestanden hatte, nichts als
physischen Abscheu empfunden hatte? Es lag nicht daran, dass der Hochkönig ihr
Vater hätte sein können: Ältere Männer konnten durchaus anziehend sein, aber
dieses dunkelhäutige Gesicht mit den blutunterlaufenen Augen, dieser
aufgedunsene Körper, die Hände, die ihr wie hässliche haarige Pfoten vorkamen,
alles an ihm erfüllte sie mit Ekel. Würde sie ihm wirklich in der kommenden
Nacht ihren Körper darbieten müssen? War dies die einzige Form von Liebe, die
ihr bis zu ihrem Tod jahraus, jahrein beschieden sein würde? Es hatte großer
Selbstbeherrschung bedurft, um vor dieser Gesellschaft nicht in aller Offenheit
zu erschaudern. Selbst der Mann aus Ulster, hatte sie sich bitter gedacht, wäre
nicht so übel gewesen. Er hatte sie nicht abgestoßen. Vermutlich hätte sie ihn
sogar zu lieben gelernt.
    Und Conall? Was würde
er ihr am Morgen sagen wollen? Hatte er sich nach all seinem Warten am Ende
doch noch entschlossen, sie zu fragen, ob sie seine Frau werden wollte? Der
Gedanke war so schmerzhaft, dass sie ihn kaum ertragen konnte. Aber zwecklos.
Zu spät.
    Jetzt war ihr, als
könne sie in der schwarzen Finsternis vor sich schemenhaft die Konturen des
Wagens erkennen. Vorsichtig tastete sie sich näher. Jetzt hatte sie ihn
erreicht. Ja, sie war sicher, er war der Richtige. Sie lauschte nach dem
Schnarchen ihrer Brüder und begann auf der Rückseite des Wagens die Lederbahn
zu lüften.
    Und erstarrte zu Eis,
als eine Hand ihren Arm umklammerte.
    »Na, auf einem
kleinen Spaziergang unterwegs?« Die Stimme war ein leises Zischen. Deirdre
stöhnte leise auf und versuchte sich loszureißen, doch der Griff an ihrem Arm
war zu fest. »Ich habe schon auf dich gewartet.« Diesmal klang die Stimme eher
wie ein Knurren. Sie war sich immer noch nicht sicher, wer sie so fest gepackt hielt. Erst bei den
nächsten Worten wurde es ihr klar. »Du glaubst wohl, du kannst mich bedrohen?«
    Es war die Königin.
    »Nein, überhaupt
nicht«, stammelte sie. In all ihrem Elend und ihrer Angst hatte sie die Königin
vollkommen vergessen. »Das war nicht meine Entscheidung«, sagte sie heiser.
    »Kleine Närrin.« Sie
spürte den Atem der Königin dicht an ihrer Wange. Er stank nach Bier, er stank
verbraucht. »Du glaubst wohl, du kommst mir lebend davon? Sprich gefälligst
leiser. Verstanden?«
    »Ich…« Deirdre wollte
etwas sagen, aber ihr versagte die Sprache.
    »Gift, Tod durch
Ertrinken, ein Unfall…«, fuhr das entsetzliche Zischen fort. »Leicht zu
arrangieren. Wenn du den König heiratest, junge Dame, dann kann ich dir
versprechen, dass du keinen Monat lang mehr leben wirst. Hast du mich verstanden?«
Der Griff an ihrem Arm war nun so fest, dass Deirdre nur noch die Kraft blieb,
nicht laut aufzuschreien.
    »Was kann ich tun?«
Ihr Flüstern klang fast wie ein Wimmern.
    »Das will ich dir
sagen.« Die Lippen der Königin pressten sich dicht an ihr Ohr. »Flieh, junge
Deirdre. Flieh um dein Leben. Flieh aus Uisnech fort. Flieh aus Dubh Linn fort.
Flieh an einen Ort, wo dich niemand finden kann. Lauf noch heute Nacht los und
hör nicht mehr auf zu laufen. Denn wenn der König dich findet, dann bringt er dich
zurück; und wenn er das tut, dann liegt dein Leben in meiner Hand. Und nun lauf
los.«
    Plötzlich löste sich
der Griff. Sie vernahm ein Rascheln, dann war die Königin verschwunden.
    Deirdre schnappte
nach Luft. Sie zitterte am ganzen Leib. Sie wollte losrennen, irgendwohin, egal
wohin, an einen Ort, wo sie in Sicherheit wäre. Es war nicht ratsam, sich zu
ihren Brüdern oder zu ihrem schlafenden Vater zu begeben. Hastig, stolpernd,
lief sie los, wusste kaum, in welche Richtung sie rannte, bis sie in der Dunkelheit
auf einen Weg stieß, der bergauf führte. Ein Duft nach tiefem Gras umströmte
sie. Und dann brach über ihr ein Schwarm Sterne aus den Wolken, und sie
erkannte, dass sie den Hügel von Uisnech hinaufstieg.
    *
* *
    Conall
saß mit dem Rücken an den großen fünfseitigen Stein auf dem Gipfel von Uisnech
gelehnt und starrte in die Finsternis. Seine Stimmung war so schwarz wie die
Nacht.
    Zuerst diese
Bekanntmachung über den Viehdiebstahl. Was ihn so zornig machte, war die
Absicht, die sich dahinter verbarg.

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