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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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aber nichts. Die Königin
redete dagegen umso mehr. Bisher hatte sie, so schien es Goibniu, nie großes
Interesse an der Jagd nach Conall gezeigt; aber nun war sie unerbittlich.
Conall und Deirdre müssten getötet werden. »Ihr Vater soll seine Tochter in
Dubh Linn begraben«, schrie sie. »Und bringt mir den Kopf von Conall.« Sie
blickte in die Runde der Häuptlinge und jungen Helden. »Der Mann, der mir
Conalls Kopf bringt, soll zwanzig Dutzend Kühe erhalten.«
    Aber Goibniu
interessierte weit mehr, was im Kopf des Königs vor sich ging, der mit
bekümmertem Gesichtsausdruck auf seinem mächtigen gepolsterten Thron saß und
noch nicht das Wort ergriffen hatte. Dachte er vielleicht dasselbe wie Goibniu?
Suchte er nach den tieferen Ursachen?
    Wie so oft hatte der
Schmied, wenn er die Männer reden hörte, den Eindruck, als seien ihre Worte
leeres Geschwätz. Denn was war das wirkliche Problem des Königs? Die
Missernten. Und was war die Ursache für die schlechten Ernten? War an ihnen
wirklich der Hochkönig schuld? Konnten sie durch Conalls Tod abgewendet werden?
Goibniu wusste es nicht, und nach seiner Einschätzung wusste es auch sonst
niemand. Aber sie glaubten es zu wissen. Das war das Entscheidende: ihr Glaube.
Conall zu töten bedeutete, die Verspottung des Königs zu rächen. Aber was wäre,
wenn die nächste Ernte danach wieder eine Missernte war? Würden die Druiden
dann immer noch dem Hochkönig die Schuld geben? Ja, das würden sie.
    Der Hochkönig
richtete seinen Blick auf ihn und fragte: »Nun, Goibniu, was hast du zu sagen?«
    Der Schmied hielt
einen Augenblick inne und überlegte sorgfältig, bevor er antwortete. »Mir
scheint, es gibt noch eine andere Möglichkeit. Kann ich Euch allein sprechen?«
    Im Laufe jener Tage
hatte sie sogar ein, zwei Mal geträumt, sie kämen vielleicht ungestraft davon.
    * * *
    Nichts,
dachte sie, könnte grausamer sein als jener erste Morgen, als sie bangend auf
der Insel wartete, ob Finbarrs Streitwagen oder Conalls prachtvolle Gestalt an
der Küste auftauchen würde, um sie abzuholen. Und dann sah sie Conall, der
blutüberströmt wie ein verendendes Tier über den Sand humpelte. Fast hätte sie
ihn zunächst gar nicht erkannt. Als er schließlich vor ihr auf den Kies
stürzte, blieb ihr nur noch die Kraft, ihr Entsetzen beim Anblick seiner Wunden
zu verbergen. Sie versorgte ihn, so gut sie konnte. Er war elend schwach, und
ein, zwei Mal verlor er das Bewusstsein; aber schließlich berichtete er ihr,
was geschehen war und wie er seinen Freund getötet hatte. Sie mochte ihn kaum
fragen, was sie als Nächstes tun sollten.
    Am späten Nachmittag
traf ihr Vater ein. »Sie werden wiederkommen. Finbarrs Wagenlenker wird ihnen
zeigen, wo er sich befindet. Aber das wird noch ein paar Tage dauern, Deirdre.
Wir können also in aller Ruhe überlegen.« Sie berieten, ob sie Conall zum Rath
bei Dubh Linn zurückbringen sollten, aber Fergus entschied am Ende: »Lass ihn
vorläufig da, wo er ist, Deirdre. Hier ist er genauso gut aufgehoben wie anderswo.«
Am Abend verließ er sie wieder. Und obwohl Conall in der Nacht zu fiebern
begann, schien es ihm am nächsten Morgen besser zu gehen, und Deirdre flößte
ihm etwas Suppe und ein paar Schlucke von dem Met ein, den ihr Vater
mitgebracht hatte.
    Gegen Mittag kehrte
Fergus zurück. Nachdem er Conall untersucht und festgestellt hatte, dass er
seine Verwundungen überleben würde, wandte er sich mit ernster Miene an die
beiden: »Hier könnt ihr unmöglich länger bleiben. Wie groß das Risiko auch sein
mag, ihr müsst unbedingt über das Meer fliehen.« Er blickte auf das Wasser
hinaus. »Zumindest könnt ihr den Göttern danken, dass gutes Wetter herrscht. In
zwei Tagen werde ich mit einem Boot wieder hier sein.«
    »Aber Vater«, rief
Deirdre, »wie könnte ich, selbst wenn du eines findest, in meinem Zustand
allein mit einem Boot fertig werden? Conall hat doch nicht einmal die Kraft,
ein Ruder zu heben.«
    »Es wird eine
Besatzung haben«, erwiderte Fergus und brach auf.
    Der nächste Tag war
für Deirdre erfüllt von banger Sorge. Bei jedem Wellenschlag blickte sie zum
Strand, ob etwa schon die Häscher des Hochkönigs auftauchten. Immerhin machte
Conalls Genesung Fortschritte. Er wagte sogar eine Runde um ihre kleine Insel,
und Deirdre war erleichtert, als sie feststellte, dass seine Wunden nicht mehr
aufbrachen. Da sie seine Stimmungsschwankungen kannte, schenkte sie dem
Umstand, dass er sich am späten Nachmittag allein auf den

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